Frühstart ins Leben
In Deutschland kommt jedes zwölfte Kind zu früh auf die Welt. Das Erleben der Frühgeburt, die besondere Betreuung des Babys – beides eine große Herausforderung für Eltern. Sie zu unterstützen, ist Ziel des HEAR-Projekts.
Text: Ingrid Kupczik, Fotos: Eva Hecht
HEAR wie „zuhören“ oder „verstehen“: Im Rahmen des Projekts sollen erstmals die Bedürfnisse von Eltern, deren Kind vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche geboren wurde, systematisch erfasst werden. Daraus sollen konkrete Handlungsempfehlungen für die Versorgung abgeleitet und ein digitaler „Entlassbegleiter“ für Eltern entwickelt werden. „Die Entwicklungschancen frühgeborener Kinder haben sich in den letzten Jahren erheblich verbessert. Zu Gesundheit und Befinden der Eltern wissen wir aber wenig “,konstatiert Studienleiterin Dr. Birgit-Christiane Zyriax, Professorin für Hebammenwissenschaft mit Schwerpunkt Versorgungsforschung und Prävention im UKE. „Frühgeborene haben viel häufiger gesundheitliche Probleme als reife Kinder; der erhöhte Betreuungsaufwand, Ängste und Sorgen belasten Eltern oft jahrelang. Sie sind in besonderem Maße auf Unterstützung angewiesen.“ Für die Versorgenden stelle sich die Frage, wie den Eltern bestmögliche Hilfestellung geboten werden könne.
Das dreijährige HEAR-Projekt wird vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gefördert und läuft bis April 2027. Unter Federführung des UKE ist ein bundesweites Netzwerk beteiligt, zu dem neben internen Partnern wie der Sektion Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin auch Elterninitiativen wie „Mother Hood“ und staatliche Einrichtungen wie das „Nationale Zentrum Frühe Hilfen“ gehören. Die Techniker Krankenkasse steuert Routinedaten aus der gesetzlichen Krankenversicherung bei und unterstützt bei einer Fragebogen-Studie mit mehr als 1600 beteiligten Eltern im Rahmen des Projekts.
Eine weitere Säule ist eine Interview-Studie mit 58 Müttern und Vätern sowie 18 Expert:innen: Hebammen, Pflegefachpersonen, Ärzt:innen. „Die Schilderungen der Eltern zeigen, wie groß die Sorgen um ihr Kind sind“, berichtet Projektkoordinatorin und Doktorandin Leonie Jaß. So beschreibt der Vater einer extrem frühgeborenen Tochter die Zeit nach der Geburt als „schwierig und belastend, weil ja auch immer die Angst über einem schwebt: Schafft sie das?“ Viele Betroffene befürchten, dass ihr Kind in der Entwicklung beeinträchtigt ist und später Nachteile im Vergleich zu gleichaltrigen Kindern hat. Die Eltern neigen auch dazu, ihre eigene Gesundheit und Bedürfnisse hintanzustellen.„Das reicht über den Zeitpunkt der Geburt weit hinaus“, so Prof. Zyriax. Das HEAR-Projekt schließt daher auch Eltern ein, bei denen die Frühgeburt schon etwas länger zurückliegt.
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Alles rund ums Projekt unter uke.de/hear