HCHS-Gesundheitsstudie: Corona-Folgen auf der Spur


Seit 2016 läuft im UKE die Hamburg City Health Study (HCHS) . Rund 15.500 Hamburger:innen wurden bereits im Rahmen der größten lokalen Gesundheitsstudie der Welt untersucht, um Risikofaktoren für bestimmte Volkskrankheiten wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen besser zu verstehen und vorzubeugen. In den letzten eineinhalb Jahren wurde die einzigartige Plattform auch dazu genutzt, neue wissenschaftliche Erkenntnisse über mögliche Spätfolgen des Corona-Virus zu gewinnen.

Wissen wollen, wie der eigene Körper tickt, wie gesund er wirklich ist und was man tun kann, damit es lange so bleibt – auch während der Pandemie kommen täglich eingeladene Hamburger:innen unter strengen Hygiene-Vorsichtsmaßnahmen ins HCHS-Studienzentrum und lassen sich sprichwörtlich auf Herz und Nieren prüfen. „Viele Teilnehmende freuen sich über die Möglichkeit, sich bei uns durchchecken zu lassen und damit gewissermaßen auch der Gesellschaft einen Dienst zu erweisen“, sagt Studienassistentin Annika Neubert, die seit 2018 im Epidemiologischen Studienzentrum des UKE arbeitet und dort Proband:innen untersucht.

Als die HCHS zu Beginn der Corona-Pandemie für kurze Zeit pausieren muss, erarbeitet das Studienteam in Zusammenarbeit mit der UKE-Krankenhaushygiene ein detailliertes Konzept, um die Langzeitstudie unter optimalen Sicherheitsbedingungen schnellstmöglich fortführen zu können. „Jedes Untersuchungsmodul kam auf den Prüfstand, einige Checks, wie etwa der Nasenabstrich zur Genanalyse, wurden zur Risikominimierung gecancelt oder die zahnmedizinische Untersuchung gekürzt“, erklärt die leitende Epidemiologin Elina Petersen. Zu weiteren Hygieneregeln gehört das Tragen eines Mund- und Nasenschutzes, reduzierte Teilnehmendenzahlen, regelmäßiges Lüften der Räume sowie gründliche Desinfektionen nach jedem Check-Up.

Corona-Folgen erkennen

Bis zu elf Proband:innen durchlaufen täglich die Gesundheitstests, zu denen Ultraschalluntersuchungen von Herz, Gehirn und Niere, ein Lungenfunktionstest, Gedächtnisprüfungen sowie Blutanalysen und Befragungen gehören. Untersuchungen, die ab Mitte 2020 auch eingesetzt wurden, um mögliche Spätfolgen einer Corona-Infektion zu erforschen. „Im Rahmen der HCHS-Studie sahen wir insgesamt 450 Proband:innen im Alter zwischen 45 und 74 Jahren rund neun Monate nach einer COVID-19-Erkrankung mit mildem Verlauf“, sagt Elina Petersen. Ihre Untersuchungsergebnisse wurden mit denen von Studienteilnehmenden ähnlichen Alters, Geschlechts und Bildungsstatus verglichen, die keine Corona-Infektion durchgemacht hatten.

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass auch milde Coronaverläufe mittelfristig Spuren an Herz, Lunge und Nieren hinterlassen können. „Im Vergleich zur Normalbevölkerung stellten wir eine leichte Reduzierung der Pumpkraft der Herzens und des Lungenvolumens sowie eine eingeschränkte Filterleistung der Nieren fest“, erläutert Prof. Dr. Stefan Blankenberg, HCHS-Studienleiter und Ärztlicher Leiter des Universitären Herz- und Gefäßzentrums. Was den Forscher:innen weiter auffiel, waren zwei- bis dreimal häufigere Anzeichen auf zurückliegende Beinvenenthrombosen im Vergleich mit der Kontrollgruppe. „Unentdeckt und unbehandelt können solche Blutgerinnsel aus den Beinen bis in die Lunge wandern und dort im schlimmsten Falle eine Lungenembolie auslösen“, sagt Prof. Dr. Raphael Twerenbold,wissenschaftlicher Studienzentrumsleiter und Kardiologe im Herz- und Gefäßzentrum. „Eine frühe ärztliche Abklärung von neu aufgetretenen, einseitigen Beinschwellungen oder Beinschmerzen ist daher ratsam.“

Mut machen

Von Corona genesene Proband:innen klagen häufig noch Monate nach ihrer Infektion über Beschwerden, berichtet Annika Neubert. Für ihre Sorgen und Fragen habe das Team stets ein offenes Ohr. „Neben den medizinischen Untersuchungen, die wir hier durchführen, versuchen wir, Ängste zu nehmen und den Menschen Mut zu machen, weiter an ihre vollständige Genesung zu glauben“, so die Studienassistentin. Doch es gibt auch Tage, an denen sie sich durch die Pandemie-Situation selbst sehr belastet fühlt und dem Thema am liebsten aus dem Weg gehen würde. „Natürlich haben auch wir manchmal mit den vielen Vorgaben und Einschränkungen zu kämpfen“, erzählt sie. Gleichzeitig wisse sie um das Glück, hier jeden Tag ihre Kolleginnen und Kollegen sehen zu dürfen. „Im Studienzentrum gemeinsam arbeiten und auch mal lachen zu können, tut der Seele richtig gut!“

Text: Nicole Sénégas-Wulf; Fotos: Axel Kirchhof

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