Arbeitsgruppe Harms
- Wissenschaftliche Arbeitsgruppenleiterin
Mitarbeiterinnen
Dr. rer. nat. Frederike L. Harms
Sina Ramcke
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Forschungsschwerpunkte
Unsere Forschung widmet sich der Identifizierung genetischer Varianten, die seltene monogene Erkrankungen verursachen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf neurologischen Entwicklungsstörungen liegt. Wir fokussieren uns auf Gene, die bisher noch nicht mit humanen Erkrankungen in Verbindung gebracht wurden, um neue Krankheitsmechanismen aufzudecken. Hierfür nutzen wir modernste Hochdurchsatz-Sequenzierungstechnologien wie Exom- und Genomsequenzierung, um potenziell krankheitsverursachende genetische Veränderungen zu identifizieren. Neben der Auswertung der genomweiten Sequenzdaten charakterisieren wir ebenfalls die Auswirkung der identifizierten Sequenzvarianten auf die von den Genen exprimierten RNAs und Proteinen sowie assoziierten Signalwegen. Für ausgewählte neue Krankheitsgene führen wir deshalb umfassende funktionelle Studien durch, die molekularbiologische, biochemische und zellbiologische Methoden kombinieren. Durch die funktionellen Analysen wollen wir nicht nur zur Aufklärung der zugrundeliegenden Mechanismen der Krankheitsentstehung beitragen, sondern auch das Verständnis grundlegender biologischer Prozesse vertiefen.
Ein Schwerpunkt unserer Forschung liegt auf RNA-bindenden Proteinen, die entscheidend an der Regulation der Genexpression beteiligt sind. Eine Fehlregulation des RNA-Metabolismus stellt dabei häufig einen Mechanismus in der Entstehung neurologischer Entwicklungsstörungen dar.
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Ausgewählte Publikationen
- Harms FL, Kortüm F, Alawi M, Staudt M, Kutsche K. (2025) A de novo frameshift variant in the candidate RBM15 in a proband with congenital mirror movements.
HGG Adv. 6:100528. doi: 10.1016/j.xhgg.2025.100528. Online ahead of print
. - Bauer CK, Kortüm K, Möllring A, Grinstein L, Denecke J, Alawi M, Bähring R, Harms FL. (2025) Loss-of-function variant in KCNH3 is associated with global developmental delay, autistic behavior, insomnia, and nocturnal seizures.
Seizure. 129:14-21
. - Harms FL, Müller C, Kortüm F, Hempel M, Alawi M, Zaki MS, Elhossini RM, Abdel-Hamid MS, AlAbdi L, Alkuraya FS, Kurdi W, Celse T, Spodenkiewicz M, Laurens T, Dieterich K, Jagadeesh S, Salvankar S, Girisha KM, Kutsche K. (2025) Novel biallelic COL25A1 variants broaden the clinical spectrum from congenital cranial dysinnervation disorders to fetal lethal phenotypes.
Eur J Hum Genet. doi: 10.1038/s41431-025-01839-4. Online ahead of print
. - Bonde LD, Abdelrazek IM, Seif L, Alawi M, Matrawy K, Nabil K, Abdalla E, Kutsche K, Harms FL. (2025) Homozygous synonymous FAM111A variant underlies an autosomal recessive form of Kenny-Caffey syndrome.
J Hum Genet. 70: 87–97
. - Harms FL, Dingemans AJM, Hempel M, Pfundt R, Bierhals T, Casar C, Müller C, Niermeijer JF, Fischer J, Jahn A, Hübner C, Majore S, Agolini E, Novelli A, van der Smagt J, Ernst R, van Binsbergen E, Mancini GMS, van Slegtenhorst M, Barakat TS, Wakeling EL, Kamath A, Downie L, Pais L, White SM, de Vries BBA, Kutsche K. (2023) De novo PHF5A variants are associated with craniofacial abnormalities, developmental delay, and hypospadias.
Genet Med. 25(10):100927
. - Abdalla, E, Alawi, M, Meinecke, P, Kutsche, K, Harms, FL. (2022) Cardiofacio-neurodevelopmental syndrome: report of a novel patient and expansion of the phenotype.
Am J Med Genet A. 188(8):2448-2453
. - Harms, FL, Parthasarathy, P, Zorndt, D, Alawi, M, Fuchs, S, Halliday, BJ, McKeown, C, Sampaio, H, Radhakrishnan, N, Radhakrishnan, SK, Gorce, M, Navet, B, Ziegler, A, Sachdev, R, Robertson, SP, Nampoothiri, S, Kutsche, K. (2020) Biallelic loss-of-function variants in TBC1D2B cause a neurodevelopmental disorder with seizures and gingival overgrowth.
Hum Mutat. 41(9):1645-1661
. - Harms, FL, Kloth, K, Bley, A, Denecke, J, Santer, R, Lessel, D, Hempel, M, Kutsche, K. (2018) Activating mutations in PAK1, encoding p21-activated kinase 1, cause a neurodevelopmental disorder.
Am J Hum Genet. 103(4):579-591
. - Piard, J*, Umanah, GK*, Harms, FL*, Abalde-Atristain, L, Amram, D, Chang, M, Chen, R, Alawi, M, Salpietro, V, Rees, MI, Chung, SK, Houlden, H, Verloes, A, Dawson, TM, Dawson, VL, Van Maldergem, L, Kutsche, K. (2018) A homozygous ATAD1 mutation impairs postsynaptic AMPA receptor trafficking and causes a lethal encephalopathy.
Brain. 141(3):651-661
. - Harms, FL*, Girisha, KM*, Hardigan, AA*, Kortüm, F, Shukla, A, Alawi, M, Dalal, A, Brady, L, Tarnopolsky, M, Bird, LM, Ceulemans, S, Bebin, M, Bowling, KM, Hiatt, SM, Lose, EJ, Primiano, M, Chung, WK, Juusola, J, Akdemir, ZC, Bainbridge, M, Charng, WL, Drummond-Borg, M, Eldomery, MK, El-Hattab, AW, Saleh, MAM, Bézieau, S, Cogné, B, Isidor, B, Küry, S, Lupski, JR, Myers, RM, Cooper, GM, Kutsche, K. (2017) Mutations in EBF3 disturb transcriptional profiles and cause intellectual disability, ataxia and facial dysmorphism.
Am J Hum Genet. 100(1):117-127
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* gleichberechtige Erstautor:innenschaft - Harms FL, Kortüm F, Alawi M, Staudt M, Kutsche K. (2025) A de novo frameshift variant in the candidate RBM15 in a proband with congenital mirror movements.
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Projekt: Identifizierung und funktionelle Analyse neuer Krankheitsgene für früh manifeste neurologische Entwicklungsstörungen
Die Next-generation sequencing (NGS)-Technologien haben die Entdeckung neuer Krankheitsgene für Mendel‘sche Erkrankungen beschleunigt. Bis zu 60% der Patient:innen erhalten durch die Routinediagnostik keine genetische Diagnose, was nahe legt, dass noch neue Krankheitsgene aufgedeckt werden. Bei Varianten in sogenannten Kandidatengenen ist es notwendig, krankheitsursächliche Sequenzvarianten von Varianten ohne funktionelle Relevanz zu unterscheiden und Einsicht in die Pathophysiologie zu erlangen.
Der Forschungsschwerpunkt dieses Projektes liegt auf der Identifizierung und Validierung pathogener Varianten in Kandidatengenen für früh manifeste neurologische Entwicklungsstörungen (NDDs = neurodevelopmental disorders). Ziel dieses Projekts ist die Bestätigung der Pathogenität von Varianten in zwei Kandidatengenen, CTU1 und MSI1, durch funktionelle Studien und die Identifizierung der genetischen Ursache bei Patient:innen ohne molekulare Diagnose durch genomweite NGS-Methoden.
Wir identifizierten CTU1, das für die zytosolische Thiouridylase-Untereinheit 1 kodiert, als neues Kandidatengen für eine autosomal-rezessive erbliche NDD mit Riechkolbenaplasie. Um den Effekt der CTU1-Missensevarianten zu charakterisieren, werden wir die Thiolierung der Glutamin-, Glutamat- und Lysin-tRNAs, die durch CTU1 katalysiert wird, in den Fibroblasten der Patient:innen untersuchen und betroffene Signalwege proteomweit analysieren. Die ATP- und Eisen-Schwefel-Cluster-Bindung sowie Protein-Protein-Interaktionen der CTU1-Mutantenproteine werden wir ebenfalls untersuchen.
Wir rekrutierten zehn Patient:innen mit Mikrozephalie und/oder kognitiven Einschränkungen mit heterozygoten (überwiegend de novo vorliegenden) Funktionsverlustvarianten in MSI1. MSI1 kodiert für das RNA-bindende Protein Musashi-1, das für die Selbsterneuerung und Proliferation von (neuralen) Stammzellen (NSCs) wichtig ist. Da MSI1 spezifisch während der Hirnentwicklung exprimiert ist, werden wir zunächst humane induzierte pluripotente Stammzellen (hiPSCs) aus zwei Patient:innenfibroblastenlinien generieren und in diesen die MSI1-Varianten durch CRISPR/Cas9-basierte Genomeditierung korrigieren. Die hieraus differenzierten hiNSCs werden wir nutzen, um durch transkriptom- und proteomweite Analysen deregulierte Signalwege in mutierten im Vergleich zu Wildtyp-hiNSCs aufzudecken.
Um neue NDD-assoziierte Gene zu finden, werden vorliegende Trio-Exomdaten von Patient:innen ohne genetische Diagnose reanalysiert und bei weiterhin ungeklärten Fällen eine Trio-Genomsequenzierung durchgeführt.
Die in diesem Projekt generierten funktionellen und genetischen Daten werden einen entscheidenden Beitrag zum Verständnis der Genetik und der zugrundeliegenden Pathophysiologie von früh manifesten NDDs leisten.
Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft ( HA 10109/2-1 ) von 2024 bis 2027.