Arbeitsgruppe Kindler

Mitarbeiter

Claudia Schob

  • Zentrales Ziel unserer Forschung ist ein besseres Verständnis molekularer und zellulärer Mechanismen, die zur Bildung und Funktion von Synapsen des zentralen Nervensystems von Säugern beitragen. Hierbei interessieren wir uns u.a. für die Prozesse, die es Neuronen ermöglichen, die Signalleitungseigenschaften einzelner Synapsen aktivitätsabhängig zu regulieren. Eine derartige synaptische Plastizität ist für zentrale Aufgaben des Gehirns wie Lernvorgänge und Gedächtnisfunktionen von wesentlicher Bedeutung. Störungen dieser dynamischen Abläufe können die Leistungsfähigkeit des Gehirns beeinträchtigen und so z.B. Ataxien, intellektuelle Defizite und neuropsychiatrische Erkrankungen verursachen.

    Synaptische Plastizität basiert u.a. auf der Fähigkeit von Neuronen, einzelne neuronale mRNA Moleküle selektiv in Dendriten zu transportieren und in Abhängigkeit von der Aktivität benachbarter Synapsen in Proteine zu übersetzen. In der Vergangenheit haben wir untersucht, wie dendritische Transkripte ausgewählt und in die Zellausläufer befördert werden. Gegenwärtig versuchen wir, die Mechanismen einer aktivitätsabhängigen Translationsregulation an Synapsen zu entschlüsseln.

    An der an Synapsen erfolgenden Informationsübermittlung zwischen Neuronen ist eine große Anzahl prä- und postsynaptischer Proteine beteiligt. Auf der postsynaptischen Seite exzitatorischer Synapsen ist ein komplexes Netzwerk von Proteinen, die sogenannte postsynaptische Dichte, für den Empfang, die korrekte Verarbeitung und die intrazelluläre Weiterleitung von Informationen verantwortlich. Durch die Verwendung einer Vielzahl unterschiedlicher Versuchsmethoden versuchen wir, die Funktion einzelner Komponenten dieses Signalkomplexes zu verstehen.

    Ziel unseres systematischen Forschungsansatzes ist es, einen Beitrag zum allgemeinen naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinn zu leisten. Zudem sollen die Ergebnisse dazu beitragen zu erkennen, inwiefern molekulare Fehlfunktionen an Synapsen zu komplexen neuronalen Erkrankungen führen können. Langfristig sollen diese Erkenntnisse als Basis für die Entwicklung entsprechender Therapiekonzepte dienen.

    • Blichenberg A, Schwanke B, Rehbein M, Garner CC, Richter D, Kindler S (1999) Identification of a cis-acting dendritic targeting element in MAP2 mRNAs. J Neurosci 19:8818-8829.
    • Chua JJ, Schob C, Rehbein M, Gkogkas CG, Richter D, Kindler S (2012) Synthesis of two SAPAP3 isoforms from a single mRNA is mediated via alternative translational initiation. Sci Rep 2:484.
    • Kindler S, Dieterich DC, Schütt J, Sahin J, Karpova A, Mikhaylova M, Schob C, Gundelfinger ED, Kreienkamp HJ, Kreutz MR (2009) Dendritic mRNA targeting of Jacob and N-methyl-D-aspartate-induced nuclear translocation after calpain-mediated proteolysis. J Biol Chem 284:25431-25440.
    • Miroci H, Schob C, Kindler S, Ölschläger-Schütt J, Fehr S, Jungenitz T, Schwarzacher SW, Bagni C, Mohr E (2012) Makorin ring zinc finger protein 1 (MKRN1), a novel poly(A)-binding protein-interacting protein, stimulates translation in nerve cells. J Biol Chem 287:1322-1334.
    • Schütt J, Falley K, Richter D, Kreienkamp HJ, Kindler S (2009) Fragile X mental retardation protein regulates the levels of scaffold proteins and glutamate receptors in postsynaptic densities. J Biol Chem 284:25479-25487.
    • Zivraj KH, Rehbein M, Ölschläger-Schütt J, Schob C, Falley K, Buck F, Schweizer M, Schepis A, Kremmer E, Richter D, Kreienkamp HJ, Kindler S (2013) The RNA-binding protein MARTA2 regulates dendritic targeting of MAP2 mRNAs in rat neurons. J Neurochem 124:670-684.

  • Eine kleine Gruppe von mRNAs wird in Neuronen selektiv aus dem Soma in Dendriten transportiert. Ihre lokale Translation an bestimmten Synapsen ist für bestimmte Formen der synaptischen Plastizität von essentieller Bedeutung. In den vergangenen Jahren haben wir in verschiedenen neuronalen Transkripten funktionell Sequenzmotive beschrieben, die als Signale dieses subzellulären Transports fungieren. Zudem konnten wir Proteine identifizieren, die spezifisch an diese Signalregionen binden und einen Transport der hierdurch entstehenden Ribonukleoproteinkomplexe an Filamenten des Zytoskeletts vermitteln.

    Im Fokus unserer weiterführenden Untersuchungen steht die Regulation der Translation dendritischer Transkripte. Erste Ergebnisse zeigen, dass hierbei sowohl Strukturelemente der entsprechenden mRNAs als auch trans-agierende RNA-bindende Proteine von Bedeutung sind. So führt ein Ausfall des Translationsrepressors FMRP im Mausgehirn zu einer veränderten Zusammensetzung des postsynaptischen Signalkomplexes (Zusammenarbeit mit der AG Kreienkamp). Diese Veränderung könnte die molekulare Grundlage für Lernbeeinträchtigungen und Verhaltensauffälligkeiten bei Patienten des Fragilen X Syndroms darstellen. Im Unterschied zu FMRP scheint Makorin-1 eine translationsfördernde Wirkung auf assoziierte mRNAs auszuüben. Da das Protein in vivo an aktiven Synapsen des Gehirns akkumuliert, kann es dort vermutlich gezielt die Synthese bestimmter postsynaptischer Proteine fördern.

    Im Rahmen der oben beschriebenen Untersuchungen kommen zahlreiche molekularbiologische, biochemische und zellbiologische Analysen zum Einsatz. Um die Funktion einzelner Proteine in vivo testen zu können, untersuchen wir zudem entsprechende knockout Mäuse.

    Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft ( KI 488/5-1 ), gemeinsam mit Frau Dr. Evita Mohr (Institut für Neuroanatomie), von 2014 bis 2017.

  • Für die Informationsübermittlung an exzitatorischen Synapsen ist die postsynaptische Dichte von zentraler Bedeutung. Dieses komplexe Proteinnetzwerk besteht im wesentlichen aus drei Gruppen von Komponenten: Transmembranproteinen wie Neurotransmitterrezeptoren, einer Vielzahl von Signalproteinen und den sogenannten Gerüstproteinen. Letztere liegen im Zentrum des Signalkomplexes und sind für dessen dynamische Struktur und Funktion verantwortlich. Die genaue Funktion einzelner Gerüstkomponenten ist bislang eher unklar. Verschiedene neue Untersuchungen deuten allerdings darauf hin, dass genetische Veränderungen in den Genen verschiedener Gerüstproteine mit unterschiedlichen neuropsychiatrischen Erkrankungen assoziiert sind.

    Ziel unserer Forschung ist, die zelluläre Funktionsweise und die biologische Bedeutung einzelner Gerüstproteine für Lernvorgänge und Verhaltensweisen von Säugern zu identifizieren. In diesem Zusammenhang führen wir biochemische und zelluläre Analysen durch, um z.B. molekulare Interaktionsmuster und subzelluläre Rekrutierungsmechanismen zu beschreiben. Zudem nutzen wir knockout Mäuse, um die in vivo Funktion spezifischer Gerüstproteine im intakten Organismus zu untersuchen. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Arbeitsgruppen kommen hierbei u.a. morphologische, metabolische und elektrophysiologische Untersuchungen zum Einsatz. Zudem nutzen wir zahlreiche Tests, um z.B. motorische Leistungen, kognitiv-mnestische Kompetenzen und soziale Verhaltensweisen der Tiere zu analysieren.

    Förderung durch die Landesforschungsförderung Hamburg von 2015 bis 2017.