Strukturelle Herzerkrankungen

Die Behandlung erfolgt nach ausführlicher Diagnostik die individualisierte Besprechung eines jeden Falls in unserer interdisziplinären Konferenz. Auf dieser Basis wird entschieden, ob eine chirurgische, interventionelle oder nur medikamentöse Therapie das beste Verfahren darstellt. Sowohl für die chirurgische als auch interventionelle Therapie verfügen wir über eine breite und langjährige Erfahrung für alle etablierten Standardverfahren. Zusätzlich bieten wir in speziellen Fällen auch neue, innovative oder spezielle individualisierte Therapieverfahren an.

  • Die Verengung der Aortenklappe wird als Klappenstenose bezeichnet. Viele Menschen haben eine gering ausgeprägte Verengung der Aortenklappe, die in der Regel keine Beschwerden verursacht und auch nicht behandelt werden muss. Wenn die Verengung der Herzklappe allerdings ausgeprägt ist, führt dies zu einer Belastung des Herzens. Letztlich kann es, bedingt durch die Schädigung des Herzmuskels, zu einer ausgeprägten Herzschwäche kommen. Auch sterben Patienten mit einer hochgradigen Aortenklappenstenose früher als Patienten ohne diese Erkrankung oder Patienten, deren Aortenklappenstenose behandelt wurde.

    Die klassische Therapie der fortgeschrittenen Aortenklappenstenose ist der chirurgische Herzklappenersatz. Sollte bei Ihnen jedoch das Risiko für eine offene Herzoperation erhöht sein (z.B. durch hohes Alter, durch bestimmte Vorerkrankungen wie Nierenschwäche, Lungenhochdruck, neurologische Erkrankungen oder durch Voroperationen am Herzen) ist eine Behandlung über eine kathetergestützte Aortenklappenimplantation am schlagenden Herzen (ohne Herz-Lungen-Maschine) möglich und sinnvoll. Die Entscheidung über die Verfahrensweise des Aortenklappenersatzes stellen wir gemeinsam mit Ihrem überweisenden Arzt, sowie in einer gemeinsamen interdisziplinären Konferenz (Heart-Team aus Kardiologen, Herzchirurgen und Anästhesie). Diese Vorgehensweise bietet Ihnen die größtmögliche Sicherheit bei der Entscheidung, wie Ihre Herzklappe am besten behandelt werden kann und soll.

    Bei der kathetergestützten Aortenklappenimplantation kann auf eine Eröffnung des Brustbeins sowie den Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine verzichtet und der klappentragende Katheter über die Leistenschlagader bis zur erkrankten Herzklappe vorgebracht werden. Dieses Verfahren wird auch TAVI genannt, was für „Transcatheter Aortic Valve Implantation“ oder Transkatheter-Aortenklappenimplantation, steht. Die zusammengefaltete Herzklappen-Prothese wird dabei kathetergestützt in die verengte Herzklappe eingesetzt und dort verankert. Mittels Herzultraschall und Röntgendurchleuchtung wird dann die Funktion der implantierten Herzklappen-Prothese überprüft. Sollte ein Zugang über die Leistengefäße – zum Beispiel bei hochgradiger Einengung – nicht möglich sein, bestehen alternative Zugangsmöglichkeiten, z.B. über die Schlüsselbeinarterie oder die Herzspitze durch den Zwischen-Rippenraum. Es stehen mehrere verschiedene TAVI-Systeme zur Verfügung, um den individuellen Gegebenheiten der Patienten in optimaler Weise gerecht zu werden. Der Eingriff kann zumeist in lokaler Betäubung durchgeführt werden; eine Intubationsnarkose ist nur in Ausnahmefällen notwendig. Die TAVI-Prozedur wird in einem hochmodernen Hybrid-Operationssaal durchgeführt, der die Möglichkeiten eines Herzkatheterlabors und eines Operationssaals vereint. Ein erfahrenes interdisziplinäres Team aus Kardiologen, Herzchirurgen und Kardioanästhesie führt die Intervention gemeinsam durch und kann unseren Patienten so die größtmögliche Sicherheit bieten.

  • Die Mitralklappe ist das Einstromventil zwischen linkem Vorhof und linker Hauptkammer und kontrolliert somit den Fluss des mit Sauerstoff angereicherten Blutes von der Lungenstrohmbahn in die linken Herzhöhlen. Die Undichtigkeit der Mitralklappe (Mitralklappeninsuffizienz) ist die häufigste erworbene Herzklappenerkrankung. Viele Menschen haben dabei eine nur gering ausgeprägte Undichtigkeit, die keine Beschwerden verursacht und meistens auch nicht behandelt werden muss. Ist die Undichtigkeit der Herzklappe allerdings ausgeprägter, so führt der Rückfluss von Blut in die Lungenstrombahn zu einer chronischen Belastung der linken Hauptkammer und zu klinischen Beschwerden, z.B. vermehrter Luftnot, Schwäche oder Wasereinlagerungen (Ödemen). Bei solch schweren Formen der Mitralklappeninsuffizienz ist in der Regel eine Korrektur der schließundichten Mitralklappe erforderlich. Bei jungen Patienten ohne wesentliche Begleiterkrankungen ist hierfür die konventionelle herzchirurgische Operation seit vielen Jahren das übliche Therapieverfahren. Diese Operationen können in unserem Zentrum auch minimal-invasiv mittels 3D-endoskopischer Technik durchgeführt werden, erfordern aber immer den Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine ( Herzchirurgie ).

    Häufig betrifft die Mitralklappeninsuffizienz jedoch Patienten im höheren Alter mit einer größeren Last an Begleiterkrankungen. Für diese Patienten mit entsprechend erhöhtem Operationsrisiko haben sich in den letzten Jahren einige kathetergestützte, interventionelle Verfahren etabliert, mit denen sich die Mitralklappeninsuffizienz ebenfalls erfolgreich und schonend, am schlagenden Herzen ohne Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine behandeln lässt. Das Verfahren, das hierbei am häufigsten zum Einsatz kommt, ist die sog. MitraClip™-Therapie, bei dem durch das Zusammenführen beider Mitralsegel mithilfe eines über die Leistenvene eingebrachten „Clips“ im Bereich der größten Schließundichtigkeit eine deutliche Reduktion der Mitralklappeninsuffizienz erreicht werden kann (s. Video 1 und Abbildung 1). Dieses Therapieverfahren wurde bereits 2008 eingeführt. Tatsächlich war unser Zentrum das erste in Deutschland, das mit dieser damals noch neuen Behandlungsform begonnen hat und kann mit mittlerweile über 1000 Prozeduren (Stand 2020) auf die weltweit größte Erfahrung mit diesem Behandlungsverfahren zurückgreifen. Darüberhinaus wurden in den letzten Jahren weitere interventionelle Therapieverfahren entwickelt und zunehmend etabliert (z.B. PASCAL™- oder Cardioband™- Therapie), die ebenfalls hier im Zentrum zur Behandlung der Mitralklappeninsuffizienz zum Einsatz kommen und eine sinnvolle Erweiterung und Ergänzung des Therapiespektrums zur perkutanen, interventionellen Mitralklappenrekonstruktion bieten. Neben diesen Verfahren gibt es als weitere Therapiealternative für operative Hoch-Risiko-Patienten mit relevanter Mitralklappeninsuffizienz seit wenigen Jahren die Möglichkeit eines kathetergestützten Ersatzes der Mitralklappe. Hierbei wird unter Vollnarkose über einen kleinen Schnitt an der linken Brustwand über die Herzspitze oder ebenfalls über die Leistenvene ein Katheter eingebracht, über den eine gefaltete (biologische) Herzklappe passgenau in der defekten Mitralklappe platziert, entfaltet und verankert wird (s. Video 2). Diese Therapieoption befindet sich noch in einer frühen Phase der Entwicklung, an der wir am Herzzentrum in enger Zusammenarbeit mit den verschiedenen Klappenherstellern teilnehmen.

    Die Vielfalt an chirurgischen und interventionellen Behandlungsmöglichkeiten, die uns in unserem Zentrum zur Verfügung stehen, ermöglicht es uns, die Therapie der Mitralklappeninsuffizienz unter Verwendung modernster Techniken individualisiert auf den Patienten abzustimmen. Dies erfolgt nach Sichtung aller Befunde für jeden einzelnen Fall in unserer täglichen, interdisziplinären Fallbesprechung in Anwesenheit aller an der Therapie beteiligten Fachdisziplinen (Kardiologie, Herzchirurgie, Anästhesie).

  • Die Trikuspidalklappe ist das Einlassventil zwischen rechtem Vorhof und rechter Kammer. Die häufigste Fehlfunktion dieser Klappe ist die Schließundichtigkeit. Eine höhergradige Undichtigkeit der Trikuspidalklappe (Trikuspidalklappeninsuffizienz) führt zu einer zunehmenden Belastung der rechten Hauptkammer und zu einem chronischen Rückstau von Blut in die Hohlvenen. Neben Luftnot leiden Patienten mit einer schweren Triksupidalklappeninsuffizienz daher fast immer auch an einer Neigung zu Wassereinlagerungen in die Unterschenkel (Ödeme), die Bauchhöhle (Aszites) und/oder in den Lungenzwischenraum (Pleuraerguss). Die konservative Therapie der Trikuspidalklappeninsuffizienz beschränkt sich im Wesentlichen auf die Verabreichung von wassertreibenden Medikamenten (Diuretika). Bei einer nicht geringen Anzahl an Patienten mit schwerer Trikuspidalklappeninsuffizienz wird diese konservative Therapie allerdings häufig aufgrund einer sich weiter verschlechternden Nierenfunktion ineffektiv, so dass bei vielen Patienten wiederholte stationäre Behandlungen zur intravenösen Diuretika-Therapie notwendig werden. Bei schweren Formen der Trikuspidalklappeninsuffizienz und gering ausgeprägten Begleitungerkrankungen ist somit eine chirurgische Rekonstruktion der Trikuspidalklappe das Therapieverfahren, das zunächst primär in Erwägung gezogen werden sollte. Diese Operationen können in unserem Zentrum auch minimal-invasiv mittels 3D-endoskopischer Technik durchgeführt werden, erfordern aber immer den Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine (Link-> Herzchirurgie). Häufig tritt eine relevante Trikuspidalklappeninsuffizienz jedoch bei älteren, nicht selten auch herzchirurgisch voroperierte Patienten mit begleitender Linksherzschwäche auf, so dass eine chirurgische Korrektur dieses Herzklappenfehlers aufgrund eines zu hohen operativen Risikos oft nicht möglich ist. Für diese Patienten gibt es seit wenigen Jahren die Möglichkeit einer kathetergestützten Therapie der Trikuspidalklappeninsuffizienz, die eine schonende Behandlung über die Leistenvene am schlagenden Herzen ohne Einsatz der Herz-Lungen-Maschine ermöglicht. Am universitären Herz- und Gefäßzentrum Hamburg stehen uns hierfür eine Reihe von Verfahren zur Verfügung, bei denen entweder durch eine Raffung des Trikuspidalklappenringes mittels Implantation eines Kunststoffbandes auf den Klappenring (Cardioband™ TR; s. Video 3), durch eine Zusammenführung der Klappensegel mittels Implantation eines oder mehrerer „Clips“ (MitraClip™) oder durch Implantation eines neuen Klappenventils in die Hohlvenen bzw. den rechten Vorhof (Tricento™) die Undichtigkeit der Trikuspidalklappe reduziert oder beseitigt wird. Da sich diese Behandlungsformen erst in den letzten Jahren entwickelt haben, sind die Erfahrungen mit diesen innovativen Therapiemöglichkeiten naturgemäß noch begrenzt. Wir am universitären Herz- und Gefäßzentrum führen zur Zeit pro Jahr etwa 30 solcher Eingriffe durch. Erste Daten weisen darauf hin, dass es sich hierbei um relativ sichere und effektive Therapiemethoden handelt, deren langfristige Wirksamkeit allerdings erst noch bestätigt werden muss. Ob ein Patient für eine interventionelle Trikuspidalklappentherapie infrage kommt, wird somit nach interdisziplinärer Fallbesprechung in Anwesenheit aller beteiligter Fachdisziplinen (Kardiologie, Herzchirurgie, Anästhesie) zuletzt immer auch ausführlich mit dem Patienten selbst besprochen.

  • Vorhofseptumdefekt
    Der Vorhofseptumdefekt (Atrialer Septaler Defekt – ASD) ist einer der häufigsten angeborenen Herzfehler. Er ist durch einen Substanzdefekt in der Vorhofscheidewand mit Blutübertritt aus dem linken in den rechten Vorhof gekennzeichnet. Etwa 1/3 aller ASDs werden erst im Erwachsenenalter entdeckt. Hauptsymptom ist zunehmende Belastungsluftnot. Ohne Therapie können bedeutsame ASDs zu chronischem Lungenhochdruck und in der Folge zu einer Rechtsherzschwäche führen. Ob ein ASD relevant ist, wird mittels Herzultraschall-, Rechtsherzkatheter und gegebenenfalls Kardio-MRT-Untersuchung bestimmt.

    Man unterscheidet zwei Defektformen: Den ASD I (Septum primum Defekt) und den häufigeren ASD II. Als Behandlungsverfahren kann entweder ein chirurgischer Verschluss des Vorhofseptumdefektes mittels Patchplastik ( Herzchirurgie / Kinderherzchirurgie ) oder aber ein interventioneller Verschluss mit einem selbstexpandierbaren Schirmchen (Okkluder) durchgeführt werden. Während für den ASD I die chirurgische Methodik immer noch Standard ist, wird beim ASD II meist ein interventioneller Verschluss durch Implantation eines Schirmchens durchgeführt. Die Intervention wird mittels Schluckultraschallbildgebung überwacht. Für den Zeitraum der Implantation kommt in der Regel eine milde Narkose zum Einsatz. Bei uns am Universitären Herz- und Gefäßzentrum erfolgt die Indikationsstellung und Durchführung des interventionellen ASD-Verschlusses immer in Absprache mit unseren Spezialisten zur Behandlung von Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern .

    Persistierendes Foramen ovale (PFO)
    Das Foramen ovale ist eine Kurzschlussverbindung zwischen rechtem und linkem Vorhof, die im Kreislaufsystem des ungeborenen Kindes dazu dient, das Blut an der Lungenstrombahn vorbeizuleiten. Nach der Geburt verschließt sich diese Verbindung innerhalb weniger Tage. Jedoch lässt sich bei ca. 25-30% der gesunden Normalbevölkerung auch im Erwachsenenalter noch eine „Rest-Verbindung“ zwischen den beiden Vorhöfen nachweisen, was dann als persistierendes Foramen ovale (PFO) bezeichnet wird. Beim gesunden Menschen hat ein PFO keinen Krankheitswert. Kommt es jedoch zu einer akuten Durchblutungsstörung des Gehirns (ischämischer Schlaganfall) ohne eine offensichtliche Ursache, einem sog. kryptogenen Schlaganfall, kann ein PFO als mögliche Ursache angesehen werden. Hierbei wird angenommen, dass kleine Blutgerinnsel aus dem venösen Kreislaufsystem durch das PFO in das arterielle System gelangen und so einen Verschluss einer hirnversorgenden Arterie verursachen können (paradoxe Embolie). Die Wahrscheinlichkeit, dass das PFO tatsächlich ursächlich an der Schlaganfallentstehung beteiligt ist, erhöht sich, wenn das PFO in Kombination mit einer Aussackung der Vorhofscheidewand (atriales Septumaneurysma = ASA) auftritt und/oder die Durchtrittstelle eine gewisse Größe überschreitet. Bei Patienten, die einen kryptogenen Schlaganfall erlitten haben und bei denen ein PFO vorliegt, kann ein Verschluss des PFOs durch Einbringen eines Schirmchens (Okkluder; s. Video 4) mittels Katheter-Technik durch die Leistenvene das Risiko eines wiederkehrenden Schlaganfalls reduzieren. Ob ein solcher Verschluss medizinisch sinnvoll ist, sollte im Einzelfall in enger Zusammenarbeit zwischen einem interventionellen Kardiologen und dem behandelnden Neurologen entschieden werden. Am UHZ führen wir zur Zeit ca. 70 interventionelle PFO-Verschlüsse pro Jahr durch.