Zweite Heimat Tansania:
UKE-Ärztin sorgt sich um kranke Kinder

Seit rund 12 Jahren leistet UKE-Kinderärztin Dr. Theresa Harbauer medizinische Entwicklungshilfe in Tansania. Die Afrikanerin im Herzen versorgt in ihrer Freizeit in einem Krankenhaus in Haydom Mädchen und Jungen mit „offenem Rücken“ (Spina Bifida) und Hydrocephalus. Sie hat den Verein Haydom Friends gegründet und steht regelmäßig mit den einheimischen Ärzten, Pflegern und Patienten in Kontakt. Alle machen sich große Sorgen über die Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2.

Dr. Theresa Harbauer lehnt am Wärme-Bett eines Neugeborenen und lächelt mit leicht geneigtem Kopf in die Kamera
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Dr. Theresa Harbauer
„Situation in Haydom mit Kinder-UKE nicht vergleichbar“

Hier die Schilderungen von Dr. Harbauer:

„Auf der Infektionsweltkarte gibt es quasi kein Corona in Tansania. Das ist jedoch ein gefährlicher Irrglaube, denn dort fehlen flächendeckende Tests. Nachbarländer wie Kenia und Ruanda haben bereits die ersten registrierten Todesfälle. Wenn man bedenkt, dass in ganz Tansania nur 190 zusätzliche Intensivbetten zur Verfügung stehen, will man sich gar nicht ausmalen was passiert, wenn es dort zu einer ungebremsten Ausbreitung kommt. Ich hatte für Ende Mai eine Woche vor Ort angedacht. Bisher sind die Grenzen nach Tansania dicht, es herrscht ein Einreiseverbot und eine Quarantänepflicht für zwei Wochen. Das wird sich wahrscheinlich nicht so schnell ändern.

Mir machen natürlich unsere Kinder mit Spina Bifida und Hydrocephalus besondere Sorgen, die weiterhin in überfüllten Bussen zur dringend benötigten regelmäßigen Nachsorge in die Klinik kommen müssen. Sie sind auf die Versorgung mit Medikamenten und Kathetern angewiesen und müssen sich der Ansteckungsgefahr in den verschiedenen Transportmitteln aussetzen.

Eine Afrikanerin in traditioneller Kleidung, kocht draußen, über einen Kohlegrill gebeugt, neben ihr zwei weitere Frauen
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Die Märkte sind Lebensgrundlage der Menschen

Das Dorf Haydom hat jetzt Maßnahmen zum Schutz ergriffen, alle Geschäfte und die Schulen geschlossen – und vor jedem Haus steht ein Eimer mit Wasser und Seife, für eine Eintritts- und Austrittswaschung der Hände. Ein guter Anfang. Trotzdem treffen sich Leute in großen Gruppen und dichtgedrängt in Kirchen, auf öffentlichen Plätzen oder in Sammeltaxis. Im Vergleich zu Europa, Asien und Amerika sind Physical und Social Distancing hier undenkbar; jeder Einzelne ist auf die Unterstützung der Dorfgemeinschaft oder das tägliche Geschäft auf dem Marktplatz angewiesen, um mit seiner Familie keinen Hunger zu leiden.

Einen Klinikvergleich kann man eigentlich nicht ziehen: Während wir hier in der Kinderklinik im UKE eine absolute Maskenpflicht eingeführt haben, ist das ärztliche und pflegerische Personal in Haydom weitestgehend ungeschützt. FFP-Schutzmasken oder gar Schutzkittel gibt es nicht. Man trägt allenfalls eine chirurgische Maske bei Verdachts- oder nachgewiesen positiven Fällen. Für die Kinder und deren Eltern gibt es bislang nichts.

Einen Schar Kinder blickt neugierig aus der schmalen Tür einer Lehmhütte, sie stehen dicht gedrängt
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Eine Schar Kinder, dicht gedrängt, blickt aus einer Lehmhütte

Mit unserem Verein Haydom Friends haben wir nun eine lokale Initiative gestartet, denn die Situation ist alarmierend und wir benötigen dringend Unterstützung. Pro Familie werden in der Klinik Schutzpakete bestehend aus lokal im Dorf geschneiderten Gesichtsmasken und ausreichend Seife ausgegeben. Damit sollen Mütter und Kinder sowie ihre Familien zu Hause geschützt und gleichzeitig das Ausbreitungsrisiko in ihren Gemeinden reduziert werden. Über Unterstützung aus Deutschland würden wir uns sehr freuen, für zehn Euro kann ein Kind mit seiner Familie versorgt werden.“

Wer helfen will: HaydomFriends e.V.,
Deutsche Kreditbank AG,
IBAN: DE71 1203 0000 1020 0278 66,
Verwendungszweck “Soforthilfe Corona”.

Weitere Infos: www.haydom-friends.org.

Aufgezeichnet von Uwe Groenewold, Fotos: Axel Kirchhof, Lars Wehrmann, Schwester Nurueneza (Stand: 8. April 2020)