Das Leben auf den Kopf gestellt

Studien untersuchen Wohlbefinden in Pandemie-Zeiten

Kontaktbeschränkungen, Homeschooling, ein veränderter Arbeitsalltag – das Corona-Virus hat das Leben der meisten Menschen von Grund auf umge­krempelt. Wie gehen Familien, Frauen, Männer, Kinder mit der neuen Situation um? Das untersuchen UKE-Forscherinnen und -Forscher in zahlreichen Studien.

Lockdown lockt zum Spielen. Im Corona-Lockdown haben Kinder und Jugendliche deutlich mehr Zeit mit Online-Spielen und Social Media verbracht als vorher: werktags im Schnitt 139 Minuten fürs Gaming – 75 Prozent mehr als im Herbst 2019. Die tägliche Spielzeit am Wochenende stieg um 30 Prozent auf 193 Minuten. Das sind Zwischen­ergebnisse einer Längsschnittstudie des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ), an der 1200 Familien teilnehmen. „Die Nutzungszeiten haben die größte Vorhersagekraft für problematisches oder pathologisches Verhalten“, sagt Studien- und DZSKJ-Leiter Prof. Dr. Rainer Thomasius. Laut Studie nutzen 700 000 Kinder und Jugendliche in Deutschland Computerspiele riskant oder pathologisch.

Belastete Familien. Die Familienstudie „Belastungen und Wohlbefinden in Zeiten von COVID-19“ untersucht, wie Familien mit den Einschränkungen des täglichen und öffentlichen Lebens umgehen – und im Frühjahr 2020 umgegangen sind – und wie sich die Belastungen auf familiäre Beziehungen auswirken. Das Forschungsprojekt wird von Dr. Christiane Baldus und Simone Franz, beide aus dem Deutschen Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugend­alters (DZSKJ), geleitet.

Wie geht’s? Stressforscherinnen und -forscher des UKE untersuchen in einer Studie, wie es den Menschen in Deutschland und in weiteren zehn Ländern während der Corona-Pandemie geht, welche Schwierigkeiten sie haben und was sie aktuell am meisten brauchen, um mit den Belastungen umzugehen. Die Online-Studie zum Wohlbefinden und zum Umgang mit der COVID-19-Krankheit wird von einem Team um Priv.-Doz. Dr. Annett Lotzin, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, organisiert. Erste Ergebnisse, so Studien­leiterin Lotzin, weisen auf einen Anstieg von Anpassungsstörungen und posttraumatischen Belastungs­störungen hin.

Liebe in der Pandemie. Die Bedeutung körperlicher Nähe hat sich mit der Pandemie binnen kurzer Zeit verändert. Welchen Einfluss haben Kontakt­beschränkungen auf das sexuelle Erleben von
Menschen im digitalen Zeitalter? Antworten soll eine anonyme Online-Studie der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie und des Instituts für Sexual­forschung, Sexual­medizin und Forensische Psy­chiatrie liefern. Im Mittelpunkt steht die Veränderung des sexuellen Verlangens und Verhaltens, der Einstellungen gegenüber sexuellen Online-Aktivitäten und der Nutzung von Pornographie und
Dating-Apps. Prof. Dr. Peer Briken, Priv.-Doz. Dr. Daniel Schöttle und Dr. Johanna Schröder leiten die Studie, 350 Frauen und Männer machen mit.

Erhöhtes Risiko für schweren Verlauf. Wie wirkt sich die COVID-19-Pandemie auf die Gesundheit und die Gesundheitsversorgung von trans und trans­sexuellen Menschen aus? Das Institut für Sexual­forschung, Sexualmedizin und Forensische Psychiatrie untersucht diese Frage aktuell per Online-
Umfrage, die in 26 Sprachen verfügbar ist. Weltweit haben bereits mehr als 5000 Personen teilgenommen. Erste Ergebnisse der von Priv.-Doz. Dr. Timo O. Nieder geleiteten Untersuchung zeigen, dass trans und transsexuelle Menschen ein höheres Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf haben. Für jede zweite trans und transsexuelle Person war der Zugang zur medizinischen Versorgung beeinträchtigt, weil beispielsweise keine Hormonbehandlung in Anspruch genommen werden konnte.

Hier geht’s zu den Studien aus dem UKE: www.uke.de/corona-forschung

Foto: Axel Kirchhof, Illustration: Björn von Schlippe (Stand: 1. Dezember 2020)