Zellulärer Lipidstoffwechsel
Fette (Lipide) aus der Nahrung werden in der wässrigen Umgebung des Blutes in Lipoproteinen transportiert. Der postprandiale Lipoprotein-Stoffwechsel beschreibt den Transport von Fetten im Blut, die Aufnahme von Lipiden ins Fettgewebe und in die Leber sowie den weiteren intrazellulären Stoffwechsel der aufgenommenen Lipoproteine nach der Nahrungsaufnahme. Die medizinische Relevanz dieser Thematik ergibt sich aus der Tatsache, dass die Entstehung der Atherosklerose und die daraus resultierende koronare Herzkrankheit aber auch Insulinresistenz und Diabetes mellitus Typ II maßgeblich mit Abnormalitäten im postprandialen Lipoprotein-Stoffwechsel assoziiert sind.
Projekte
Der Forschungsschwerpunkt der Arbeitsgruppe ist es, die Regulierung und Bedeutung der durch Lipide ausgelösten pathophysiologischen Prozesse zu verstehen, die zu Übergewichts-bedingten chronischen Stoffwechselerkrankungen wie Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Zu diesem Zweck untersuchen wir die organspezifische Regulierung des Lipid-Stoffwechsels unter physiologischen Bedingungen und wollen verstehen, wie veränderte Stoffwechselflüsse von Lipiden zwischen Fettgewebedepots und der Leber die Entstehung von Stoffwechselkrankheiten fördern. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem braunen Fettgewebe, einem spezialisierten Organ, das bei Menschen, Nagetieren und anderen Säugetieren vorkommt und über einen als adaptive Thermogenese bekannten Prozess Wärme erzeugen kann. In den letzten Jahren haben wir einen umfassenden Überblick über die systemische und parakrine Regulierung des intravaskulären Triazylglyzerid- und Cholesterinstoffwechsels sowie des intrazellulären Lipidhandlings unter Bedingungen thermogener Aktivierung gegeben, die einen tiefgreifenden Einfluss auf entzündliche Signalwege im Fettgewebe, Arterien und in der Leber haben. So konnten wir die Relevanz des braunen Fettgewebes für den systemischen Fett- und Lipoproteinstoffwechsel aufzeigen, und neue physiologische und pharmakologische Mechanismen entschlüsseln, die über die Aktivierung des braunen Fettgewebes die Behandlung von Übergewichts-bedingten kardiometabolischen Stoffwechselerkrankungen ermöglichen könnten.
Projekt 1. Purinerge Rezeptoren bei Entzündungen im Fettgewebe und adaptiver Thermogenese
Adipositas ist durch einen gestörten Energiestoffwechsel im weißen und braunen Fettgewebe gekennzeichnet. Die assoziierten metabolischen Veränderungen lösen Entzündungsreaktionen aus und tragen damit wesentlich zur Entwicklung chronisch entzündlicher Stoffwechselkrankheiten wie Typ-2-Diabetes bei. In diesem Projekt wollen wir die funktionelle Bedeutung extrazellulärer Adenin-Nukleotide und purinerger Rezeptoren für die Lipidprozessierung, die adipogene Differenzierung und für Entzündungsreaktionen im weißen und braunen Fettgewebe untersuchen.
Projekt 2. Intestinale Metaboliten und ihr Einfluss auf thermogene Reaktionen in braunem und weißem Fettgewebe
Mikrobielle Metabolite wie kurzkettige Fettsäuren und Gallensäuren können thermogene Reaktionen im braunen und weißen Fettgewebe modulieren. Die Konzentration der intestinalen Metaboliten im systemischen Kreislauf wird durch die Gatekeeper-Funktion der Leber bestimmt, welche dadurch den Energieverbrauch in braunen und beigen Adipozyten kontrolliert. Die Relevanz dieses Organ-Crosstalks für die adaptive Thermogenese und den systemischen Energiestoffwechsel soll im Zusammenhang mit einem humanisierten Gallensäurepool und T-Zell-vermittelter Entzündung in der Leber untersucht werden.
Projekt 3. Bedeutung der endothelialen Lipoproteinverarbeitung für die Plastizität und Funktion des thermogenen Fettgewebes
Zum Auffüllen der Energiespeicher als Reaktion auf die kälteinduzierte Thermogenese internalisieren braune und beige Adipozyten große Mengen an Fettsäuren, die von Triglyzerid-reichen Lipoproteinen (TRL) geliefert werden. Zusätzlich werden ganze TRL-Partikel durch vaskuläre Endothelzellen (ECs) von aktiviertem braunem Fett internalisiert. Wir wollen den Mechanismus der Partikelaufnahme sowie die intrazelluläre Verarbeitung von TRL-Lipiden durch ECs entschlüsseln. Die Relevanz dieser Prozesse soll im Zusammenhang mit der adaptiven Thermogenese und dem systemischen Energiestoffwechsel untersucht werden.
Projekt 4. Regulierung des Energiestoffwechsels im braunen Fett durch Lipidaufnahme und Lipidverarbeitung in Makrophagen des Fettgewebes
Fettgewebsmakrophagen (ATM) sind zusammen mit Fettzellen ein wesentlicher Bestandteil des Fettgewebes. Hier nehmen sie neben ihrer klassischen Immunfunktion auch Lipide auf und verarbeiten sie und tragen so zum Fettstoffwechsel bei. Ihre funktionelle Bedeutung für den thermogenen Fettstoffwechsel ist jedoch nur unzureichend bekannt. In diesem Projekt wollen wir die Rolle der ATM-Lipidaufnahme und -verarbeitung während der Aktivierung des thermogenen Fettes entschlüsseln. Insbesondere werden wir die Immun- und Stoffwechselfunktion von ATM sowie die Auswirkungen von ATM auf die thermogene Funktion von Adipozyten und auf den systemischen Energiestoffwechsel untersuchen.
Projekt 5. Die Rolle der ChREBP-abhängigen de novo Lipogenese für die metabolischen und thermogenen Aktivitäten des braunen und weißen Fettgewebes
Braune und beige Adipozyten weisen eine hohe de novo Lipogenese (DNL), die Synthese endogener Fettsäuren, auf. Die Gründe für die hohe DNL-Kapazität in thermogenen Fettgeweben sind unbekannt. Wir haben herausgefunden, dass das carbohydrate response element-binding protein (ChREBP) die DNL-Enzyme in braunen Adipozyten kontrolliert. In diesem Projekt wollen wir untersuchen, wie ChREBP-Isoformen die DNL und andere zelluläre Funktionen im thermogenen Fettgewebe regulieren. Außerdem wollen wir Mechanismen identifizieren, die DNL mit der adaptiven Thermogenese verbinden.
Projekt 6. Einfluss von Kälte-induziertem Energieumsatz auf den Knochenumbau
Eine enge Verbindung von Knochen-Remodellierung und Energiestoffwechsel wird durch zahlreiche Studien mit genetisch modifizierten Mausmodellen, aber auch durch klinische Beobachtungen, unterstützt. So ist Fettleibigkeit in der Regel mit erhöhter Knochenmineraldichte assoziiert, während niedriges Körpergewicht als Risikofaktor für osteoporotische Frakturen gilt. Darüber hinaus entstehen Adipozyten und Knochen-bildende Osteoblasten aus den gleichen Vorläuferzellen, und verminderte Osteoblasten-Differenzierung tritt bei osteoporotischen Patienten oft in Verbindung mit Verfettung des Knochenmarks auf. In diesem Projekt wird die Interaktion zwischen Energiestoffwechsel und Knochen-Remodelling untersucht, wobei das Kälte-induzierte Molekül identifiziert werden soll, welches die Knochenbildung hemmt. Die Blockade eines solchen Moleküls oder seines Rezeptors wäre ein attraktiver Ansatz zur osteoanabolen Behandlung von Knochenmasseverlust-Syndromen.
Projekt 7. Interaktionen zwischen Stoffwechsel und Entzündungsprozessen: Molekulare und zelluläre Signale in Organen und Organoiden
Die Manifestation chronisch-entzündlicher Erkrankungen wird durch genetische und exogene Faktoren bestimmt. Unbestritten ist, dass ein Überangebot von hochkalorischer Nahrung und Übergewicht zu einem gestörten metabolischen Gleichgewicht führen. Diese Veränderungen bewirken in Stoffwechsel-aktiven Organen entzündliche Reaktionen in den Zellen des angeborenen und adaptiven Immunsystems. Das Ziel dieses interdisziplinären Verbundprojektes ist es, molekulare und zelluläre Interaktionen zwischen Stoffwechsel, Immunologie und Entzündung im Darm, Fettgewebe und Leber zu erfassen, um die pathophysiologischen Prozesse chronischer Volkskrankheiten wie Diabetes, Nicht-alkoholischer Leber und Darm-Entzündung und Colitis mechanistisch aufzuklären. Zu diesem Zweck soll das komplexe Zusammenspiel zwischen Ernährung, Metaboliten und Immunzellen mit modernsten Laser-gestützten Multi-Omics- und Imaging-Technologien in Organen und Organoiden systembiologisch untersucht werden.
Kooperationen der Arbeitsgruppe Lipidstoffwechsel
- Ein DAAD Projekt zum wissenschaftlichen Austausch wird bis Ende 2009 finanziert. Projektpartner ist Prof. Dr. Carlos Enrich aus Barcelona, Spanien.
- Ein DFG-Antrag (Merkel / Heeren) mit dem Titel: Apolipoprotein A5: Funktion im Fettstoffwechsel und Bedeutung bei der Entstehung der Arteriosklerose ist im November 2007 bewilligt worden.
- Das Projekt "Regulation des endosomalen LRP1-Transportes" wird im Rahmen des von der DFG neu eingerichteten Graduiertenkollegs "Sortierung und Wechselwirkung zwischen Proteinen subzellulärer Kompartimente" (Sprecher Prof. Thomas Braulke) untersucht.
Nationale Kooperation
- PD Dr. med. Andreas Niemeier, Zentrum für Operative Medizin, UKE
- Dr. med. Martin Merkel, Asklepios Klinik St. Georg
- Dr. rer. nat. Johannes Herkel, Zentrum für Innere Medizin, UKE
- Prof. Dr. med. Franz Rinninger, Zentrum für Innere Medizin, UKE
- Prof. Dr. Paul Saftig, Institut für Biochemie, Universität Kiel
Internationale Kooperationen
- Dr. Thomas Grewal, University of New South Wales, Sydney, Australien
- Prof. Carlos Enrich, Universität Barcelona, Spain
- Prof. Gunilla Olivecrona, Universität Umea, Schweden
- Prof. Philippa Talmud, Royal free and University College Medical School London, Great Britain