13.11.2025        AKTUELLES

Weltfrühgeborenentag: Wenn das Leben zu früh beginnt

Fragen an… Prof. Dr. Irwin Reiss

Rund jedes zehnte Kind in Deutschland kommt zu früh auf die Welt – das sind insgesamt etwa 60.000 Kinder. Damit stellen die Frühgeborenen eine der größten Kinderpatient:innengruppen dar. Jedes Jahr am 17. November findet der Weltfrühgeborenentag statt: Im Interview beantwortet Prof. Dr. Irwin Reiss, Ärztlicher Leiter der Sektion Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), Fragen rund um das Thema Frühgeburt.

Ab wann spricht man von einer Frühgeburt?

Prof. Dr. Irwin Reiss: Eine Schwangerschaft dauert in der Regel 40 Wochen, die wenigsten Kinder kommen allerdings zum errechneten Geburtstermin zur Welt. Kinder, die vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche geboren werden, werden als Frühgeborene bezeichnet. Das trifft auf etwa zehn Prozent aller Neugeborenen zu. Wiederum zehn Prozent von ihnen sind sehr kleine Frühgeborene, die vor der vollendeten 30. Schwangerschaftswoche mit einem Gewicht von unter 1.500 Gramm auf die Welt kommen.

Warum ist die Versorgung von Frühgeborenen so anspruchsvoll?

Frühgeborene sind nicht einfach kleine Neugeborene – ihre Versorgung ist medizinisch anspruchsvoll und komplex. Viele ihrer Körperfunktionen sind im Mutterleib noch nicht vollständig ausgereift, zum Beispiel das Atmen oder die Körpertemperaturregulation. Das erfordert eine spezialisierte und interdisziplinäre Betreuung durch erfahrene Pflegekräfte, Neonatolog:innen, Geburtshelfer:innen und weitere Disziplinen.

Wie kommt es zu einer Frühgeburt?

Es ist wichtig zu betonen, dass Eltern keine Schuld trifft. Eine Frühgeburt ist eine medizinische Komplikation und keine Folge von Verhalten oder Versäumnis. Die Ursachen können vielfältig sein, hauptsächlich kommt es aber im Mutterleib zu Infektionen, die eine vorzeitige Entbindung erzwingen. Andererseits kann es passieren, dass Ungeborene im Mutterleib nicht mehr ausreichend versorgt werden, das nennen wir intrauterine Wachstumsrestriktion.

Was zeichnet die Versorgung im UKE aus?

Als Universitäres Perinatalzentrum Level 1, also der höchsten Versorgungsstufe, betreuen wir Mütter und Kinder interdisziplinär, von der pränatalen Diagnostik über die Geburt bis hin zur Nachsorge. Wir versorgen im UKE selbst extrem kleine Frühgeborene mit weniger als 500 Gramm Geburtsgewicht. Dank der medizinischen Fortschritte der vergangenen Jahre überlebt die überwiegende Mehrzahl der Frühgeborenen, die vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren werden und wachsen normalerweise vollkommen gesund heran. Für Frühgeborene, die an der Grenze zur Lebensfähigkeit – das heißt, mit 23 oder 24 Schwangerschaftswochen – auf die Welt kommen, ist in spezialisierten Zentren heute ein Überleben von 70 bis 80 Prozent möglich.

Was bedeutet das für Eltern?

Eine Frühgeburt ist für Familien eine Ausnahmesituation. Wir begleiten Eltern von Anfang an und beziehen sie aktiv in die pflegerische Versorgung ihres Kindes ein, um die Bindung bestmöglich zu unterstützen. Vor allem bei den sehr kleinen Frühgeborenen können durchaus auch längerfristige motorische, kognitive Beeinträchtigungen sowie mentale Gesundheitsprobleme bis ins Erwachsenalter hin auftreten. Betroffene Eltern und Familien sollten ein überprotektives Verhalten vermeiden, aber gleichzeitig zusammen mit Lehrer:innen und Erzieher:innen früh darauf achten, dass etwaige kleinere Handicaps nicht zu einer schleichenden Ausgrenzung führen.


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