24.05.2024        AKTUELLES

UKE benennt Hörsaal nach der Kinderärztin Prof. Dr. Dr. Ingeborg Syllm-Rapoport

In Erinnerung an die Neonatologin Prof. Dr. Dr. Ingeborg Syllm-Rapoport trägt der Hörsaal der Frauenklinik des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) künftig ihren Namen. Ein Schriftzug weist auf die Namensgeberin hin, die am 13. Mai 2015 im Alter von 102 Jahren nachträglich ihre mündliche Prüfung zur Promotion an der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg abgelegt hatte. Von 1937 bis 1938 war Prof. Dr. Dr. Ingeborg Syllm-Rapoport am Israelitischen Krankenhaus Hamburg tätig und fertigte während dieser Zeit ihre Dissertationsschrift über Diphtherie an. Aufgrund ihrer jüdischen Herkunft wurde ihr damals die Einreichung ihrer Dissertation und somit die Zulassung zur mündlichen Prüfung von der nationalsozialistischen Hamburger Hochschulbehörde verweigert.

„Ingeborg Syllm-Rapoports Leben und Wirken steht für Verantwortung, Mitmenschlichkeit und Stärke. Die heutige Hörsaaleinweihung zeigt: Indem wir Verantwortung für unsere Geschichte übernehmen, stellen wir die Weichen in Richtung Zukunft. Ich freue mich, dass ihr Name nun ein fester Teil des UKE ist“, sagt Dr. Eva Gümbel, Staatsrätin für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung.

„Ingeborg Syllm war 1938 die Promotion verweigert worden, weil sie den Rassengesetzen der Nazis zufolge als ,Halbjüdin‘ galt. Die Widmung des Hörsaals mag das Unrecht, das ihr und vielen anderen jüdischen Mediziner:innen widerfahren ist, denen das NS-Regime ihre berufliche, soziale und wirtschaftliche Existenz raubte, nicht ungeschehen machen können. Aber es soll einen kleinen Beitrag dazu leisten, die Erinnerung an ihr Schicksal und ihre beeindruckende Lebensleistung wachzuhalten. Mein Dank gilt allen, die sich dieser wichtigen Aufgabe der Erinnerung verpflichtet fühlen“, sagt Prof. Dr. Blanche Schwappach-Pignataro, Dekanin der Medizinischen Fakultät und Vorstandsmitglied des UKE.

Ingeborg Syllm wuchs bei ihrer Mutter in Hamburg auf, wo sie auch Medizin studierte. 1934 erhielt sie eine gelbe Studentenkarte, die sie in der Terminologie der nationalsozialistischen Rassengesetze als „jüdischen Mischling“ kennzeichnete. 1938 untersagte ihr die Universität Hamburg den Abschluss ihres Promotionsverfahrens. Ingeborg Syllm emigrierte in die USA, wo sie ihr vorklinisches Examen erneut ablegen und das gesamte klinische Studium nachholen musste. Sie erlangte den Medical Doctor und absolvierte ihre Ausbildung zur Kinderärztin in Baltimore und schließlich in Cincinnati, wo sie den Biochemiker Samuel Mitja Rapoport heiratete. Im ärztlichen Alltag erlebte sie unmittelbar die Armut und die Unterdrückung der afroamerikanischen Bevölkerung. Als Mitglieder der kommunistischen Partei der USA engagierte sich das Paar gegen die Segregation. Ihre wissenschaftlichen Leistungen machten die Rapoports zu Pionieren einer klinischen Labormedizin, die die Pädiatrie maßgeblich beeinflusste. Während eines Forschungsaufenthalts in Tokio gerieten sie in das Visier des von Senator McCarthy initiierten Komitees zur „Verfolgung unamerikanischer Umtriebe“. Öffentlich bedroht, floh Ingeborg Syllm-Rapoport kurz vor der Geburt ihres vierten Kindes mit der Familie nach Wien. 1952 siedelte die Familie nach Ost-Berlin in die DDR über.

1959 habilitierte sich Ingeborg Syllm-Rapoport an der Charité. Als erste Professorin für Neonatologie in Europa organisierte sie die Einrichtung einer Neugeborenen-Intensivstation, schuf die Gesellschaft für Perinatologie zur Zusammenarbeit von Geburtshilfe und Pädiatrie und konzentrierte damit ihre forschungs- und gesellschaftspolitische Tätigkeit auf die Senkung der Säuglingssterblichkeit, was ihr internationale Beachtung einbrachte. 2015 legte sie nachträglich im Alter von 102 Jahren die mündliche Prüfung zu ihrer Dissertation zum Thema Diphtherie an der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg ab.

Zur offiziellen Einweihung des Hörsaals waren neben Mitarbeitenden und Studierenden des UKE auch Mitglieder der Familie anwesend. Die Initiative zur Hörsaalbenennung war vom Fakultätsrat des UKE ausgegangen, der sich seit Langem mit Gedenkkonzepten beschäftigt, um sich mit der nationalsozialistischen Vergangenheit des UKE auseinanderzusetzen. Im vergangenen Jahr war bereits der „Rahel Liebeschütz-Plaut Hörsaal“ auf dem UKE-Campus eingeweiht worden, nun wurde ein weiterer Impuls für ein aktives Gedenken gesetzt.


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