Ausgefragt?! – Welthospiztag: Palliativmedizin ist Behandlung und Betreuung von Patient:innen und Angehörigen
Interview mit Prof. Dr. Karin Oechsle
Palliativmedizin in der II. Med.
Universitäres Cancer Center Hamburg (UCCH)
Palliativmedizin umfasst im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) nicht nur die vertrauensvolle Begleitung von Menschen mit einer unheilbaren, fortschreitenden Erkrankung. Auch die Angehörigen werden unterstützt und in die multiprofessionelle Versorgung miteinbezogen. Im Rahmen einer Universitätsprofessur mit Schwerpunkt Angehörigenforschung untersucht zudem eine Forschungsgruppe die Bedürfnisse und Probleme der Angehörigen in der Palliativversorgung sowie die daraus entstehenden Anliegen, Belastungen und Bedürfnisse. Inhaberin der Universitätsprofessur und Leiterin der Palliativmedizin im UKE ist Prof. Dr. Karin Oechsle, die anlässlich des Welthospiztages (11. Oktober) erklärt, was Palliativmedizin ist und wie sich das UKE am Welthospiztag beteiligt.
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Das Interview zum Nachlesen
Ich bin Karin Oechsle. Ich leite am UKE ärztlich den Fachbereich Palliativmedizin und ich habe eine Universitätsprofessur für Palliativmedizin mit dem wissenschaftlichen Schwerpunkt der Angehörigenforschung
Was ist Palliativmedizin? Und an wen richtet sie sich?
Palliativmedizin richtet sich an Menschen mit unheilbaren, fortschreitenden Erkrankungen und ihre Angehörigen. Menschen mit unheilbaren, fortschreitenden Erkrankungen leiden häufig an Symptomen wie Schmerzen, Übelkeit, Atemnot, haben aber auch Ängste und Sorgen. Und wir betreuen in der Palliativmedizin die Patienten und ihre Angehörigen umfassend, indem wir ihre körperlichen, aber auch ihre psychischen, sozialen und spirituellen Bedürfnisse adressieren. Das Ziel der Palliativversorgung ist, den Menschen ab dem Zeitpunkt der Diagnosestellung ihrer Erkrankung bis hinein in die Sterbephase ergänzend zu den anderen Therapien, die im UKE angeboten werden, eine möglichst beschwerdefrei und lebenswerte Zeit mit der Erkrankung zu ermöglichen.
Wann beginnt die palliative Versorgung?
Eine palliative Versorgung beginnt nicht, wie manchmal gedacht, erst in der allerletzten Zeit des Lebens, sondern eine palliative Versorgung kann Sinn machen, ab der Erstdiagnose einer unheilbaren, fortschreitenden Erkrankung und kann zu jedem Zeitpunkt begleitend zu den Behandlungen am UKE der verschiedenen Erkrankungen parallel eingesetzt werden. Von der Erstdiagnose bis in die Sterbephase und in Bezug auf die Mitbetreuung der Angehörigen auch bis in die Trauerphase.
Wie alt sind die Patientinnen, die sie im UKE versorgen?
Wir betreuen Patienten im Erwachsenenalter, das heißt ab 17, 18 Jahren Alter, wobei es im UKE auch seit einigen Jahren und stetig wachsend ein Team der Kinder-Palliativmedizin gibt. Dieses wird geleitet und aufgebaut von Frau Dr. Annika Bronsema. Dieses Team betreut schwerstkranke Kinder rund um die Geburt bis ins Erwachsenenalter hinein. Patienten, die schon im Kindesalter erkrankt sind und in der palliativen Erkrankungssituation älter werden als 18 Jahre, bleiben aber auch erst mal in der Betreuung des ihnen vertrauten Teams.
Wie genau werden bei der Palliativmedizin die Angehörigen mit einbezogen?
Es ist ein Grundverständnis in der Palliativmedizin, dass uns klar ist, dass solche Krankheiten nicht nur die Patient:innen betrifft, sondern automatisch auch alle ihre Angehörigen. Das heißt alle Bezugspersonen der Erkrankten, egal ob verwandt oder nicht verwandt. Und diese werden entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse ebenfalls psychosozial und in Bezug auf körperliche Symptome multiprofessionell im Team mit begleitet.
Und wie ist die Palliativmedizin am UKE aufgestellt?
Die Palliativmedizin am UKE gehört strukturell zur II. Medizinischen Klinik und ist damit auch Teil des Universitären Cancer Centers Hamburg. Wir betreuen in der Palliativmedizin aber nicht nur Patient:innen mit onkologischen Erkrankungen, sondern Patient:innen mit allen unheilbaren, fortschreitenden Erkrankungen, wovon onkologische Patienten natürlich einen großen Teil ausmachen.
Die Palliativmedizin am UKE besteht aus drei strukturellen klinischen Versorgungsstrukturen. Einmal unsere Palliativstation als eigenständige 12-Betten-Station, einem multiprofessionellen Palliativdienst, mit dem wir auf allen Stationen des UKE Patientinnen mit unheilbaren, fortschreitenden Erkrankungen dort mit betreuen im multiprofessionellen Team. Und eine palliativmedizinische Sprechstunde, die Beratung für Patient:innen und ihre Angehörigen anbietet. Dazu gehört außerdem ein Forschungsteam, das den Schwerpunkt hat, die Bedürfnisse und Bedarfe von Angehörigen von Menschen mit unheilbaren, fortschreitenden Erkrankungen besser zu verstehen und entsprechend geeignete Unterstützungsangebote zu entwickeln. Die Palliativmedizin am UKE ist Bestandteil des Hamburger Palliativ- und Hospiznetzes. Das heißt, wir arbeiten eng mit allen Hospizen und SAPV-Teams in Hamburg und Umgebung zusammen und natürlich auch mit anderen Palliativstationen.
Palliativmedizin ist außerdem seit einigen Jahren ein Pflichtlehrfach für alle angehenden Ärzte. Sie lernen bei uns Palliativmedizin an mehreren Stellen im Studium und wir sind fest eingebunden in die Aus- und Weiterbildung anderer beteiligter Berufsgruppen, wie zum Beispiel Pflegefachkräfte.