Am Sterbebett. Geschichte und Gegenwart

Hans Holbein, Totentanz-Alphabet (Detail: Buchstabe M). Holzzeichnung, geschnitten von Hans Lützelburger (um 1524).
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Hans Holbein, Totentanz-Alphabet (Detail: Buchstabe M). Holzzeichnung, geschnitten von Hans Lützelburger (um 1524).

Der Tod als Grenze der Medizin? Über ärztliche Haltungen und Herausforderungen am Sterbebett

Veranstaltung am Montag, 21. November 2016, 18.30 Uhr

Arzt und Tod: Hans Holbein d.J. hat diese facettenreiche, widersprüchliche Beziehung in eine Holzschnitt-Miniatur aus dem sogenannten „Totentanz-Alphabet (Buchstabe M = Medicus)“ verdichtet. Sie zeigt den gelehrten Heilkundigen bei einer seiner traditionell wichtigsten Tätigkeiten: der Harnschau. Am Urin der Patienten sollten nicht nur Schwergrad und Stadium ihrer Krankheit, sondern vor allem auch ihre Prognose erkannt werden: Werden sie überleben oder sterben, soll der Arzt weiterbehandeln oder sich vom Krankenbett zurückziehen, wie dies bis weit in die Frühe Neuzeit hinein üblich war? Im trüben Licht der Kerze kann der Arzt die Wahrheit kaum erkennen. Aber der Tod schaut ihm über die Schulter und greift nach ihm – womöglich ist es gar nicht der Patient, sondern der sterbliche Arzt, den er als nächstes zu seinem Tanz auffordert.

Satirisch zitiert das Bild Vorwürfe, die der zeitgenössischen Medizin gemacht werden: Trotz vieler Bücher ahnungs- und hilflos, wird sie ungewollt zur Helferin des Todes und kann ihren Vertretern nicht helfen. Der Vortrag von Daniel Schäfer kontrastiert diese traditionellen Vorstellungen mit Entwicklungen des 19. und 20. Jahrhunderts, die den Arzt als rastlosen Kämpfer gegen den Tod in Szene setzen, auch gegen den Willen von Patient und Angehörigen. Und er schildert den Wandel im ärztlichen Ethos, die Wiederentdeckung der Palliativmedizin und ärztlichen Sterbebegleitung in den letzten 40 Jahren.

Prof. Dr. med. Dr. phil. Daniel Schäfer (AOR) arbeitet als Wissenschaftler und Hochschuldozent am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der Universität zu Köln. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Frühen Neuzeit und fokussieren auf die Geschichte des Alter(n)s, des Todes, der Gesundheit sowie im Bereich der Fachdisziplin-Historie auf die Geriatrie, die Gynäkologie und Geburtshilfe sowie die Schmerzmedizin. Als studierter Germanist und Arzt interessiert er sich besonders für das Grenzgebiet zwischen Literatur und Medizin.

Die Veranstaltung findet statt im:

Fritz Schumacher-Haus (Gebäude N30 b)
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Martinistraße 52, 20246 Hamburg
(Seiteneingang Frickestraße / Ecke Schedestraße)

Der Eintritt ist frei.

Dies ist eine Veranstaltung im Rahmen des Themenschwerpunkts: Am Sterbebett. Geschichte und Gegenwart

Konzept und Organisation: Dr. Monika Ankele