Nach einer Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 leidet ein Teil der Erkrankten unter Langzeitfolgen: Dabei beschreibt Long-COVID Beschwerden, die wenigstens vier Wochen und bei Post-COVID wenigstens zwölf Wochen nach der Infektion bestehen. Was man bisher über Long-COVID weiß sowie welche Symptome und Therapiemöglichkeiten es gibt, erklärt Priv.-Doz. Dr. Hans Klose, Leiter der Abteilung für Pneumologie am UKE.

Ausgefragt?! – Priv.-Doz. Dr. Hans Klose – Long-COVID


Interview mit Priv.-Doz. Dr. Hans Klose

II. Medizinische Klinik und Poliklinik, Abteilung für Pneumologie



  • Mein Name ist Hans Klose, ich bin Chefarzt der Abteilung für Lungenheilkunde am UKE in Hamburg.

    Was ist Long-Covid bzw. Post-Covid?

    Long-Covid und Post-Covid beschreibt eigentlich denselben Zustand zeitlich etwas unterschiedlich eingeordnet. Long-Covid beginnt vier Wochen nach abgeschlossener, durchgemachter Infektion; wenn dann Symptome neu aufgetreten sind oder eben erhalten geblieben sind nach der Infektion, sprechen wir von Long-Covid – ab vier Wochen. Ab 12 Wochen sprechen wir vom sogenannten Post-Covid-Syndrom, also, wenn dann neue Symptome gekommen sind oder alte erhalten geblieben sind oder auch Organfunktionen, die vorher eingeschränkt waren, sich weiter verschlechtern, ist es ein sogenanntes Post-Covid-Syndrom.

    Wer erkrankt an Long-Covid? A

    lso, das muss man initial sagen: Jeder und jede kann an Long-Covid erkranken, aber es gibt bestimmt Risikogruppen. Das erste ist sicherlich die Schwere der initialen Erkrankung; also, je schwerer man erkrankt war initial, umso häufiger kommt es zu Long-Covid. Zweitens die Häufigkeit an Symptomen, die initial mit der Diagnose Corona einhergingen, also je mehr Corona-Symptome, umso häufiger Long-Covid. Und last but not least spielen auch Grunderkrankungen eine Rolle, also je schwerer die Patient:innen vorher erkrankt waren, z.B. erhöhter Blutzucker, erhöhter Blutdruck, umso häufiger kommt es zu Long-Covid.

    Wie äußert sich Long-Covid?

    Also prinzipiell kann Long-Covid mit einer Vielzahl von Beschwerden einhergehen, das geht tatsächlich von Haarausfall bis Geschmacksstörungen, bis Störungen von Leber, Herz und Nieren. Wir beobachten aber drei große Komplexe: Das erste ist die erhaltene oder weiter eingeschränkte Belastbarkeit, Luftnot und Husten. Zweitens dreht es sich um psychische Probleme wie Störungen des Antriebs, Müdigkeit, Aufmerksamkeitsstörungen, sogenannter Brain Fog. Und letztens aber auch neurologische Beschwerden wie Gedächtnisstörungen, Kurzzeitgedächtnisstörungen, Wortfindungsstörungen, Aufmerksamkeitsstörungen. Das sind so die drei großen, aber prinzipiell können eine Vielzahl von Symptomen auftreten.

    Was weiß man über Long-Covid bei Kindern?

    Aus Untersuchungen und Studien bei Kindern weiß man, dass Long-Covid auch bei Kindern vorkommen kann. Glücklicherweise sehr viel seltener als bei Erwachsenen, aber es kann vorkommen. Die Symptomkomplexe sind ganz ähnlich, betreffen hauptsächlich Leistungen der Psyche und des Gehirns, also Aufmerksamkeitsstörungen, Wortfindungsstörungen. Antriebsstörungen spielen eine große Rolle genauso wie bei Erwachsenen.

    Was genau passiert im Körper bei Long-Covid?

    Auch da müssen wir ehrlich sein: Trotzdem Long-Covid bereits seit einigen Jahren unter uns ist, sag ich mal, wissen wir relativ wenig darüber, was bei Long-Covid wirklich im Körper passiert. Es gibt verschiedene Theorien: Die eine Theorie besagt, das Virus persistiert im Körper, d.h. bleibt im Körper, in den Organen und setzt da dann einen weiteren Schaden. Andere Ideen - und zu denen neige ich eher - sagen, dass das Immunsystem eine große Rolle spielt, d.h. dass das Virus erkannt wird und dann fehlgeleitete Immunantworten eine Fortführung der Symptome bedingen.

    Wie kann man sich vor Long Covid schützen?

    Das ist eigentlich relativ leicht: Man muss Infektionen vermeiden, d.h. das Einhalten der Hygieneregeln ist wichtig, denn jede Corona-Infektion, sei sie noch so leicht, kann in ein Long-Covid übergehen. Und zweitens Impfungen. Impfungen schützen. Geimpfte Patient:innen haben sehr viel seltener Long-Covid und in sehr viel schwächerer Form als ungeimpfte. D.h. Impfen und Schützen bleibt das Motto.

    Wie wird Long-Covid diagnostiziert und wo gibt es Hilfe?

    Also, da muss man sagen, dass die Diagnose Long-Covid natürlich schwierig ist und vor allen Dingen eine sogenannte Ausschlussdiagnose ist, d.h. man muss erst mal andere Ursachen ausschließen, die gut behandelbar sind. Und Hilfe findet man bei seinem Hausarzt, seiner Hausärztin als erste Anlaufstelle, denn die gucken, ob wirklich keine andere Erkrankung vorliegt, die die Symptome machen kann. Und vom Hausarzt kann es dann, wenn die Symptome organspezifisch sind, zum Facharzt, zur Fachärztin weitergehen, um da dann spezifische Hilfe zu bekommen.

    Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

    Wir arbeiten aktuell mit Hochdruck an einer Therapie für Long-Covid, aber bisher müssen wir sagen, es gibt keine Pille gegen Long-Covid. Was es aber gibt und was gut belegt ist, ist, dass Reha-Maßnahmen Patientinnen und Patienten sehr gut helfen können.

    Haben Sie noch einen Ratschlag für uns?

    Ja, Impfen und Einhalten der Hygieneregeln schützt vor Long-Covid. Und die meisten der Long-Covid-Symptome werden über die Zeit geringer und können in vielen Fällen sogar ganz verschwinden.

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