Metabolismus von Glioblastomen

Tumorspezifische metabolische Prozesse spielen bei der Interaktion mit dem Hirngewebe und bei dessen invasiver Zerstörung durch die Tumorzellen, eine wichtige Rolle. Eine spezifische Eigenschaft von Tumorzellen ist, dass diese, selbst bei ausreichender Sauerstoffkonzentration (Normoxie), Energie überwiegend durch Glykolyse anstatt durch oxidative Phosphorylierung gewinnen und Glukose zu Laktat verstoffwechseln. Dieses Phänomen (Warburg Effekt) unterscheidet Tumorzellen von normalen Zellen und ist aufgrund seiner potenziellen selektiven therapeutischen Angreifbarkeit für die Behandlung von Glioblastom sehr vielversprechend. Die Identifikation von spezifischen metabolischen Angriffspunkten und geeigneten therapeutischen Agenzien ist ein wesentliches Ziel der Forschung im Labor für Hirntumorbiologie. In Arbeiten an Glioblastomzellen identifizierten wir einen sauerstoffkonzentrationsabhängigen metabolischen Switch zwischen dem Pentosephosphatweg (PPP) und der Glykolyse1. Der PPP stellt eine Alternative zum ersten Abschnitt der Glykolyse (präparatorische Phase) dar. Es ist ein anaboler Stoffwechselweg, dessen Funktion die Produktion von Ribose-5-Phosphat und NADPH für die Synthese von DNA/RNA und Fettsäuren sowie zur Reduktion von Glutathion ist. Unsere Arbeiten zeigten, dass Enzyme des PPP unter Normoxie stark exprimiert sind, wohingegen Hypoxie zu einer Herunterregulation des PPP mit verstärkter Expression von Glykolyseenzymen und verstärktem Glukoseflux durch die Glykolyse führt. Dieser Switch ist assoziiert mit gesteigerter Zellmigration unter Hypoxie bzw. gesteigerter Zellproliferation unter Normoxie. Auch im Tumorgewebe von Glioblastomen findet sich eine besonders hohe Expression von Glykolyseenzymen in hypoxischen Regionen (sog. Pseudopalisaden um Nekrosen herum) sowie in hochmigratorischen Zellen, wohingegen sich in hochproliferativen Arealen eine Herunterregulation dieser Enzyme zeigt, bei gleichzeitig starker Heraufregulation von PPP Enzymen. Vermutlich stellt die gesteigerte Migration unter Hypoxie einen Mechanismus dar, der dazu dient, dem Sauerstoffmangel zu entkommen und in besser oxygenierte Gewebsareale hineinzuinfiltrieren. So geht man davon aus, dass Pseudopalisadenzellen ein "Wall" von Tumorzellen sind, die aktiv von einem zentralen hypoxischen Fokus (Nekrose) fortmigrieren. Ziel derzeit laufender Forschungsarbeiten ist die Untersuchung der Frage, ob die Zellmigration bzw. die Proliferation auch unabhängig von Hypoxie bzw. Oxygenierung mit einer Prädominanz der Glykolyse bzw. des PPP in Glioblastomzellen assoziiert sind2. Zudem wird analysiert, ob eine kausale Assoziation zwischen gesteigerter Glykolyse bzw. gesteigertem PPP mit gesteigerter Migration bzw. Proliferation bei Glioblastomzellen besteht. Außerdem stellt sich die Frage, ob der Switch zwischen PPP und Glykolyse auch in anderen Zelltypen, wie z.B. normalen Zellen des Hirngewebes sowie auch in anderen Arten von Tumorzellen existiert. Diese Untersuchungen werden zeigen, welche funktionelle Rolle der metabolische Switch zwischen PPP und Glykolyse für Glioblastomzellen und anderen Zellen hat und inwiefern bei einer metabolischen Tumortherapie berücksichtigt werden muss, dass synchron unterschiedliche metabolische "Kompartimente", bzw. Regionen mit unterschiedlicher Prädominanz verschiedener präferenziell aktivierter metabolischer Stoffwechselwege, im Tumor existieren.

Literatur

1. Kathagen A, Schulte A, Balcke G, Phillips HS, Martens T, Matschke J, Günther HS, Soriano R, Modrusan Z, Sandmann T, Kuhl C, Tissier A, Holz M, Krawinkel LA, Glatzel M, Westphal M, Lamszus K: Hypoxia and oxygenation induce a metabolic switch between pentose phosphate pathway and glycolysis in glioma stem-like cells. Acta Neuropathol. 2013;126(5):763–780.

2. Lamszus K, Kathagen A, Holz M, Schulte A, Westphal M: "Go or grow" - links between cellular function, glucose metabolism and glioma microenvironment. Neuro Oncol. 2014, 16, suppl 3:iii6.