19.09.2017        FORSCHUNG

Zentraler Schalter der Immunabwehr bei Infektionen gefunden

Wissenschaftler des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) haben zusammen mit Kollegen der Medizinischen Hochschule Hannover einen zentralen Schalter des Immunsystems entdeckt, der maßgeblich für den Verlauf von Infektionen verantwortlich ist. Ihre Erkenntnisse haben sie nun in der renommierten Fachzeitschrift Nature Cell Biology veröffentlicht.

Auf eine Infektion mit Krankheitserregern reagiert das Immunsystems des Körpers mit einer Entzündungsreaktion – diese ist Voraussetzung für eine Ausheilung der Infektion. „Doch die Entzündung muss streng reguliert werden. Denn wenn sie unkontrolliert abläuft, können Krankheiten wie eine Blutvergiftung, entzündliche Darmerkrankungen oder Krebs folgen“, erläutert Prof. Dr. Klaus Ruckdeschel aus dem Institut für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene des UKE. Ruckdeschel, die Biologin Julia Gropengießer und weitere Institutsmitarbeiter haben nun nach neun Jahren experimenteller Arbeit zusammen mit den Hannoveraner Kollegen einen zentralen Schalter dieses Geschehens gefunden und charakterisiert: das Enzym MK2. Es entscheidet, so Ruckdeschel, über Leben und Tod von Zellen. Die Forscher haben dies am Beispiel der Fresszellen des Immunsystems (Makrophagen) und dem bakteriellen Krankheitserreger Yersinia untersucht.

MK2 bewirkt Weiterleben von Immunzellen unter Infektionsbedingungen

Die Wissenschaftler klärten auf, wie das Enzym MK2 das Entzündungsgeschehen bei Infektionen reguliert: „Bei einem Aufeinandertreffen von Makrophagen und Bakterien wird MK2 durch bakterielle Hüllproteine aktiviert und phosphoryliert daraufhin die sogenannte Rezeptor-interacting Protein Kinase (RIPK1). Das so veränderte RIPK1 ist dann nicht mehr in der Lage, den Zelltod der infizierten Zellen auszulösen“, erläutert Prof. Ruckdeschel. Eine vergleichbare Reaktion wird durch den bei Entzündungen freigesetzten Botenstoff Tumornekrosefaktor hervorgerufen. „MK2 bewirkt somit ein Weiterleben von Immunzellen unter Entzündungs- und Infektionsbedingungen. Dieser regulierte Prozess wird durch Bakterien der Gattung Yersinia durchbrochen. Diese Erreger von Pest und Darmerkrankungen hemmen MK2 durch die Injektion von Virulenzproteinen in infizierte Wirtszellen. Dadurch sterben Makrophagen bei Yersinieninfektion und können ihre ursprünglichen Abwehrfunktionen nicht mehr wahrnehmen.“

Wissenschaftler der Universität Gent konnten das Ergebnis der deutschen Forscher bestätigen: Sie hatten ebenso herausgefunden, dass das Enzym MK2 den Zelltod durch RIPK1 reguliert. Die sich gegenseitig ergänzenden Ergebnisse wurden aufeinanderfolgend in derselben Fachzeitschrift publiziert. „Die Entdeckung kann für die Entwicklung von Medikamenten gegen Infektionskrankheiten und gegen überschießende Entzündungsreaktionen wichtig sein. Da MK2 bei vielen unterschiedlichen Zellstresssituationen aktiv ist, sind die Erkenntnisse auch für andere Gebiete der Medizin von grundsätzlicher Bedeutung, zum Beispiel für die Wundheilungs- und Krebsforschung“, bilanziert Prof. Ruckdeschel abschließend.

Literatur:

Manoj Menon, Julia Gropengießer, Jessica Fischer, Lena Novikova, Anne Deuretzbacher, Juri Lafera, Hanna Schimmeck, Nicole Czymmeck, Natalia Ronkina, Alexey Kotlyarov, Martin Aepfelbacher, Matthias Gaestel, and Klaus Ruckdeschel. p38MAPK/MK2-dependent phosphorylation controls cytotoxic RIPK1 signalling in inflammation and infection. Nature Cell Biology, 2017.

DOI: 10.1038/ncb3614

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