05.04.2024        FORSCHUNG

Neues aus der Forschung

Neue Erkenntnisse zur CAR-T-Zelltherapie I Einflussfaktor für Vielfalt von Fresszellen identifiziert I Unterschiede in der psychologischen Versorgung von Migrant:innen I Depressionsscreenings verbessern depressive Symptomatik nicht I Besonderer Unterstützungsbedarf bei jungen Krebsüberlebenden

CAR-T-Zelltherapie I: Erster Einsatz der Immuntherapie bei Multipler Sklerose am UKE

Am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ist erstmalig bei Patient:innen mit Multipler Sklerose (MS) die sogenannte CAR-T-Zelltherapie zum Einsatz gekommen. Im Rahmen eines individuellen Heilversuchs wurden zwei an MS erkrankte Patient:innen in der Interdisziplinären Klinik und Poliklinik für Stammzelltransplantation am UKE mit den genetisch veränderten Immunzellen behandelt. Dabei zeigten erste laborchemische Hinweise im Rahmen der bisherigen Nachverfolgung eine effektive Kontrolle der Entzündungsaktivität im Nervensystem sowie ein gutes Sicherheitsprofil. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden im Fachmagazin Med veröffentlicht.

MS ist eine Autoimmunerkrankung, bei der sich Immunzellen im Nervensystem absiedeln, dort Entzündungsreaktionen hervorrufen und damit das Gehirn und Rückenmark kontinuierlich schädigen. Bislang gibt es keine Therapie, die ein Fortschreiten der Erkrankung verhindert. Bei der CAR-T-Zelltherapie werden körpereigene Immunzellen, die T-Lymphozyten, gentechnisch verändert, um mit einem Antigenrezeptor (CAR) Zielstrukturen attackieren zu können – im Falle der MS sind die fehlgeleiteten Immunzellen, sogenannte B-Zellen, das Ziel. Die CAR-T-Zelltherapie wird bereits seit einigen Jahren in der Therapie verschiedener bösartiger Erkrankungen des Blut- und Lymphsystems erfolgreich eingesetzt. „Nun brauchen wir Langzeitdaten und kontrollierte Studien, um die Wirksamkeit der Therapie auf die Entzündung und das Fortschreiten der MS zu untersuchen. Entsprechende Studien bereiten wir im UKE aktuell vor“, sagt Prof. Dr. Manuel Friese, Direktor des Instituts für Neuroimmunologie und Multiple Sklerose des UKE.

Literatur: Fischbach, Richter, Pfeffer et al. CD19 directed chimeric antigen receptor T cell therapy in two patients with multiple sclerosis. Med. 2024. DOI: doi.org/10.1016/j.medj.2024.03.002

Kontakt für Rückfragen: Prof. Dr. Manuel Friese , Institut für Neuroimmunologie und Multiple Sklerose; Prof. Dr. Nicolaus Kröger , Interdisziplinäre Klinik und Poliklinik für Stammzelltransplantation

CAR-T-Zelltherapie II: Vorhersagemodell zu Therapieerfolg bei Multiplem Myelom entwickelt

Forschende des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) haben im Rahmen einer internationalen Studie ein Modell entwickelt, mit dem Prognosen zum Erfolg der CAR-T-Zelltherapie bei der Behandlung von Patient:innen mit fortgeschrittenem Multiplen Myelom getroffen werden können. Die Forschenden teilten hierfür 267 Patient:innen mit Multiplen Myelom in unterschiedliche Risikogruppen, bezogen auf eine erneute Erkrankung nach erhaltener CAR-T-Zelltherapie, ein. In der Gruppe mit niedrig eingeschätztem Risiko kam es bei sieben Prozent der Patient:innen zur Verschlechterung des Gesundheitszustands beziehungsweise einem erneuten Krankheitsausbruch, bei den Gruppen mit prognostiziertem mittleren und hohen Rückfallrisiko war dies bei 27 beziehungsweise 54 Prozent der Patient:innen der Fall. Ihre Studienergebnisse haben die Wissenschaftler:innen im Fachmagazin Journal of Clinical Oncology veröffentlicht.

Als mögliche Risikofaktoren identifizierten die Forschenden unter anderem das Vorhandensein einer extramedullären Erkrankung, also Krankheitszeichen außerhalb des Knochenmarks, oder einen hohen Ferritinspiegel im Blut. „Die Studie unterstreicht eindrücklich, welche Patient:innengruppe am meisten von einer CAR-T-Zelltherapie profitiert, sodass die Therapieoptionen bei einem Multiplen Myelom hier noch passgenauer auf die Patient:innen zugeschnitten werden können“, sagt Dr. Nico Gagelmann, Projektleiter und Erstautor der Studie aus der Interdisziplinären Klinik und Poliklinik für Stammzelltransplantation des UKE.

Literatur: Gagelmann, Dima, Merz et al. Development and Validation of a Prediction Model of Outcome After B-Cell Maturation Antigen-Directed Chimeric Antigen Receptor T-Cell Therapy in Relapsed/Refractory Multiple Myeloma. Journal of Clinical Oncology. 2024. DOI: doi/10.1200/JCO.23.02232

Kontakt für Rückfragen: Prof. Dr. Nicolaus Kröger , Interdisziplinäre Klinik und Poliklinik für Stammzelltransplantation

Abgestorbene Zellen unterstützen Funktionalität und Vielfalt von Fresszellen des Immunsystems

Du bist, was du isst – dies gilt in erweiterter Form auch für bestimmte Fresszellen des angeborenen Immunsystems, die sogenannten phagozytierenden Makrophagen. Forschende des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) haben in einer Studie herausgefunden, dass Funktion und genetische Ausprägung der Makrophagen durch die von ihnen aufgenommenen abgestorbenen Körperzellen unterstützt werden: Die Identität der aufgenommenen Zellen trägt zur funktionellen Vielfalt der Fresszellen bei. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden im Fachjournal Science veröffentlicht.

Die Studie führten die Wissenschaftler:innen anhand eines Modells der parasitären Infektion Schistosomiasis durch, die Schäden in der Leber hervorruft und mit einem sogenannten programmierten Zelltod einhergeht. „Unsere Ergebnisse unterstreichen das Potenzial einer selektiven Makrophagenfütterung als Ansatz zur Steigerung der Wirksamkeit von Zelltherapien, insbesondere bei chronischen Lebererkrankungen wie Leberzirrhosen“, sagt Studienleiterin Dr. Lidia Bosurgi von der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik des UKE und Projektleiterin der AG Protozoen-Immunologie des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNITM). Die Studie wurde unter anderem von der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 841 „Leberentzündungen: Infektion, Immunregulation und Konsequenzen“ gefördert.

Literatur: Liebold et al. Apoptotic cell identity induces distinct functional responses to IL-4 in efferocytic macrophages. Science. 2024. DOI: doi/10.1126/science.abo7027

Kontakt für Rückfragen: Dr. Lidia Bosurgi , I. Medizinische Klinik und Poliklinik

NAKO-Studie: Migrant:innen der ersten Generation nehmen seltener psychologische Hilfe in Anspruch

Unterschiede in der psychologischen und psychiatrischen Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund haben Wissenschaftler:innen im Zuge der NAKO Gesundheitsstudie festgestellt. Unter Leitung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) wurden die insgesamt rund 200.000 Teilnehmenden der Studie im Rahmen einer Erstuntersuchung befragt, welche medizinischen Leistungen sie in den vergangenen zwölf Monaten genutzt haben – ein besonderer Fokus lag dabei auf Proband:innen mit Migrationshintergrund. Die Forschenden fanden heraus, dass insbesondere Migrant:innen der ersten Zuwanderergeneration seltener psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler:innen im Fachmagazin International Journal of Public Health veröffentlicht.

Migrant:innen der ersten Generation aus Osteuropa und der Türkei sowie Aussiedler:innen aus der ehemaligen Sowjetunion berichteten demnach über eine vergleichbare bis geringfügig höhere Konsultation von Haus- und Fachärzt:innen. Gleichzeitig wurden Angebote aus Psychologie und Psychiatrie von ihnen im Vergleich zu Menschen ohne Migrationshintergrund, aber auch im Vergleich zu Migrant:innen der zweiten Generation, wesentlich seltener wahrgenommen. „Im Zusammenspiel mit früheren Studien deuten unsere Erkenntnisse darauf hin, dass bei Migrant:innen der ersten Generation ein ungedeckter Bedarf hinsichtlich psychosozialer Dienste in Deutschland besteht. Dieser Bedarf sollte durch die Förderung eines leichteren Zugangs und den Abbau von Barrieren angegangen werden, wie zum Beispiel durch den Einsatz von Dolmetscher:innen oder die Ausbildung kultureller Kompetenzen beim medizinischen Personal“, sagt Christian Wiessner, Erstautor der Studie vom Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie des UKE. Das UKE ist als eines von 18 Studienzentren Teil der bundesweiten NAKO Gesundheitsstudie .

Literatur: Wiessner, Licaj, Klein et al. Health Service Use Among Migrants in the German National Cohort—The Role of Birth Region and Language Skills. International Journal of Public Health. 2024. DOI: doi.org/10.3389/ijph.2024.1606377

Kontakt für Rückfragen: Christian Wiessner , Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie

Depressionsscreening: Individualisiertes Patient:innenfeedback verbessert depressive Symptomatik nicht

Das Screening auf depressive Störungen bei niedergelassenen Hausärzt:innen wird in vielen internationalen medizinischen Leitlinien empfohlen. Forschende des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) sind im Rahmen einer Studie der Frage nachgegangen, ob ein Feedback zu den Ergebnissen des Screenings, das sich direkt an Patient:innen mit depressiver Symptomatik richtet, diese für eine Behandlung sensibilisieren und so zu einer langfristigen Verbesserung der Depression beitragen könnte. Die Wissenschaftler:innen konnten nach sechs Monaten keine signifikante Verbesserung der Symptomatik bei der entsprechenden Patient:innengruppe feststellen – gleichzeitig deuten Subgruppenanalysen darauf hin, dass ein individualisiertes Patient:innenfeedback bei Frauen, Patient:innen mit Depressionsvorgeschichte und Patient:innen ohne Suchtprobleme wirksam sein könnte. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden im Fachjournal Lancet Psychiatry veröffentlicht.

„Weitere Forschung ist erforderlich, um die potenzielle spezifische Wirksamkeit des Depressionsscreenings mit systematischem Feedback bei ausgewählten Subgruppen zu untersuchen“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Bernd Löwe, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des UKE. Das Depressionsscreening im Rahmen der Studie wurde in 64 Hausarztpraxen in fünf Regionen Deutschlands durchgeführt. Es umfasste insgesamt 1.030 Patient:innen, die mittels des Screenings positiv auf Depressionen getestet worden waren und zufällig auf drei Gruppen aufgeteilt wurden, in denen entweder kein Feedback zum Ergebnis gegeben wurde, nur der/die Hausärzt:in eine Rückmeldung erhielt oder die Patient:innen zusätzlich zum/zur Hausärzt:in über das Ergebnis des Screenings informiert wurden. Die Studie wurde vom Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesauschusses (G-BA) mit rund 1,3 Millionen Euro gefördert.

Literatur: Löwe, Scherer et al. Clinical effectiveness of patient-targeted feedback following depression screening in general practice (GET.FEEDBACK.GP): an investigator-initiated, prospective, multicentre, three-arm, observer-blinded, randomised controlled trial in Germany. Lancet Psychiatry. 2024. DOI: doi.org/10.1016/S2215-0366(24)00035-X

Kontakt für Rückfragen: Prof. Dr. Bernd Löwe , Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

CARE for CAYA-Programm zeigt besonderen Unterstützungsbedarf von jungen Patient:innen nach Krebserkrankung

Lebensstil-Faktoren wie Sport und Ernährung, aber auch psychosoziale Begleitung sind zentrale Elemente in der Versorgung von jungen Menschen nach einer Krebserkrankung. Die Bedeutung von entsprechenden Unterstützungsangeboten hat eine vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) geleitete Studie mit insgesamt 793 Patient:innen im bundesweit durchgeführten CARE for CAYA-Programm nochmals verdeutlicht. CAYA steht für „Children, Adolescents and Young Adults“. Die Forschenden konnten eine Vielzahl wichtiger Faktoren bei der Versorgung dieser Patient:innengruppe identifizieren – dazu zählen beispielsweise die Umstellung des Bewegungs- und Essverhaltens einschließlich der Kontrolle des BMI wie auch psychologische Unterstützung. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler:innen im Fachjournal JAMA Network Open veröffentlicht.

Die Forschenden attestierten den insgesamt 359 Teilnehmer:innen des Studienteils nach Abschluss des Programms einen weiterhin hohen Bedarf an entsprechenden Unterstützungsleistungen bei gleichzeitig großer Zufriedenheit mit den angebotenen Beratungen zu körperlicher Aktivität, Ernährung und psychosozialen Aspekten. Das CARE for CAYA-Programm wurde in 14 Zentren deutschlandweit aufgebaut, um die fachübergreifende und vernetzte Versorgung und damit auch die Langzeitprognose von jungen Krebsüberlebenden im Alter von 15 bis 39 Jahren nachhaltig zu verbessern. Es wurde vom Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesauschusses (G-BA) mit insgesamt rund 3,1 Millionen Euro gefördert. „Die Ergebnisse unserer Studie sollen als Orientierungshilfe für die Entwicklung notwendiger, über die medizinische Nachsorge hinausgehender Angebote in der Nachsorge von CAYAs dienen, die langfristig und umfassend aufgesetzt sind“, sagt Simon Elmers als einer der Erstautor:innen der Studie vom Universitären Cancer Center Hamburg (UCCH) des UKE.

Literatur: von Grundherr, Elmers et al. A Multimodal Lifestyle Psychosocial Survivorship Program in Young Cancer Survivors. The CARE for CAYA Program – A Randomized Clinical Trial Embedded in a Longitudinal Cohort Study. JAMA Network Open. 2024. DOI: doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2024.2375

Kontakt für Rückfragen: Julia von Grundherr , Simon Elmers , Universitäres Cancer Center Hamburg


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