24.02.2023        AKTUELLES

Tag der Seltenen Erkrankungen: Bewusstsein schaffen

Fragen an… Prof. Dr. Laura Inhestern

Eine Erkrankung ist selten, wenn sie weniger als fünf von 10.000 Menschen betrifft. Da es jedoch mehr als 8.000 Seltene Erkrankungen gibt, sind Schätzungen zufolge allein in Deutschland etwa vier Millionen Menschen von einer Seltenen Erkrankung betroffen. Anlässlich des Tags der Seltenen Erkrankungen am 28. Februar spricht Prof. Dr. Laura Inhestern, Professorin für Versorgungsforschung bei Seltenen Erkrankungen im Kindesalter im Zentrum für Psychosoziale Medizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), über aktuelle Entwicklungen und die Versorgungslage der Betroffenen.

Was sind Seltene Erkrankungen?

Prof. Dr. Laura Inhestern: Man spricht von einer Seltenen Erkrankung, wenn weniger als fünf von 10.000 Menschen betroffen sind. Es sind mehr als 8.000 Seltene Erkrankungen bekannt, zum Beispiel die Stoffwechselerkrankung Zystische Fibrose oder die Huntington-Krankheit, eine seltene, vererbbare Erkrankung des Gehirns. Der Großteil der Seltenen Erkrankungen ist genetisch bedingt, viele entwickeln sich bereits im frühen Kindesalter.

Welche Auswirkungen hat eine Seltene Erkrankung für die Betroffenen?

Prof. Dr. Laura Inhestern: Da die Krankheitsbilder und -verläufe häufig sehr komplex sind, vergehen bis zur Diagnose meist Jahre, in denen Patient:innen unterschiedliche Fachärzt:innen aufgesucht haben. In dieser Zeit schreiten die Erkrankungen weiter voran, Symptome verschlimmern sich. Da viele Seltene Erkrankungen chronisch verlaufen und es meist keine wirksamen Therapien gibt, stellt dies sowohl für Betroffene als auch für Angehörige eine große Belastung dar, die psychische Auswirkungen zur Folge haben kann.

Wie werden Seltene Erkrankungen im Kindesalter diagnostiziert?

Prof. Dr. Laura Inhestern: Einige Seltene Erkrankungen können im Rahmen des Neugeborenen-Screenings diagnostiziert werden. Ebenso besteht die Möglichkeit genetischer Untersuchungen. Sofern es Therapiemöglichkeiten gibt, kann eine möglichst frühzeitige Diagnose für einige Kinder mit Seltenen Erkrankungen eine weitgehend normale Entwicklung bedeuten. Für viele Kinder geht eine Seltene Erkrankung aber mit lebenslangen Symptomen und Einschränkungen einher.

Wie ist die Versorgungslage für Menschen mit Seltenen Erkrankungen?

Prof. Dr. Laura Inhestern: In Deutschland werden Menschen mit Seltenen Erkrankungen in spezialisierten Zentren versorgt, die bestenfalls mit niedergelassenen Ärzt:innen zusammenarbeiten. Für die medizinische Diagnostik und Versorgung ist in der Regel ein interdisziplinärer Ansatz notwendig, der Expert:innen aus unterschiedlichen Bereichen integriert. Hier am UKE behandelt das Martin-Zeitz-Centrum für Seltene Erkrankungen Betroffene im Kindes- wie auch Erwachsenenalter. Häufig sind auch ergänzende Therapien wie Frühförderung, Physio- oder Ergotherapie sowie die Vernetzung in Selbsthilfegruppen wichtig.

Hat die Corona-Pandemie die Versorgungslage der Betroffenen beeinflusst?

Prof. Dr. Laura Inhestern: Ja, in einer aktuellen Studie, die gefördert wurde durch die Eva Luise und Horst Köhler Stiftung und die wir gemeinsam mit ACHSE e.V. durchgeführt haben, zeigte sich, dass viele Patient:innen von Einschränkungen in der Versorgung betroffen waren. Das betraf zum Beispiel Untersuchungen und Operationen, aber auch Einschränkungen in der häuslichen Pflege oder bei ergänzenden Therapien. Durch geschlossene Betreuungseinrichtungen, insbesondere während der Lockdowns, waren Betroffene in ihrer Teilhabe eingeschränkt. Ein weiterer Aspekt, der deutlich wurde, war der fehlende Informationsstand, da wegen der Seltenheit der Erkrankungen nur wenige Informationen über die Auswirkungen einer Corona-Infektion oder zur Empfehlung der Schutzimpfung gegeben werden konnten.

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