Multiple endokrine Neoplasie 1

Alternative Bezeichnungen:

MEN 1


Wermer-Syndrom

  • Kurzdefinition
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  • Kliniken
  • Kurzdefinition

    Auftreten von mindestens zwei endokrinen Tumoren in zwei unterschiedlichen Organen (Schilddrüse (90 Prozent Penetranz im Alter von 40 Jahren, Hypophyse (40 Prozent) und/oder enteropankreatisches Organsystem (70 Prozent)). Als familiäre MEN-1 bezeichnet man das Vorkommen von einem Patienten mit MEN-1 mit mindestens eines Verwandten ersten Grades mit mindestens einem der typischen Tumoren.

  • Diagnostik

    Bei der multiplen endokrinen Neoplasie Typ 1 und 2 handelt es sich um eine seltene erbliche Erkrankung, bei der mehrere (multiple) Tumore (Neoplasien) hormonproduzierender (endokriner) Organe als auch nichtendokrine Tumore (z.B. Lipome) auftreten können. Endokrine Tumoren können prinzipiell überall dort entstehen, wo hormonproduzierendes, nervenähnliches Gewebe im Körper vorhanden ist. Die MEN1 ist klinisch durch das Auftreten von Tumoren der Nebenschilddrüsen, der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) und einem Teil der Bauchspeicheldrüse gekennzeichnet. Bei dem MEN 2 Syndrom kommt es neben Tumoren der Nebenschilddrüsen zu Tumoren des Nebennierenmarks (Phäochromozytom) sowie bösartigen Tumoren der Schilddrüse (medulläre Schilddrüsenkarzinome). Geschwülste der Nebenschilddrüsen und der Hypophyse sind nahezu immer gutartig. Die Tumore der Bauchspeicheldrüse sind meist benigne (gutartig), können aber auch maligne (bösartig) sein oder im Verlauf entarten. Des Weiteren kommen bei MEN1-Patienten Geschwülste der Nebennierenrinde, des Thymus, der Bronchien und des Magen-/Darmsystems sowie der Haut (Lipome = Fettgewebstumore oder Angiofibrome = Bindegewebegeschwülste) vor. Die hormonproduzierenden Tumore verursachen eine Überfunktion des jeweiligen Organs mit dem entsprechenden klinischen Bild (z.B. führt die Überfunktion der Nebenschilddrüsen zu einer vermehrten Ausschüttung von Parathormon mit der Folge eines erhöhtem Kalziums im Blut und in der weiteren Folge z.B. zu Nierensteinen und Entkalkung des Knochens. Dieses Krankheitsbild wird primärer Hyperparathyreoidismus genannt). In der Gesamtbevölkerung kommt eine MEN1 bei 1–3 von 100.000 Personen vor. Das MEN 2 Syndrom kommt in der Gesamtbevölkerung einem von 30.000 Personen vor. Jeder einzelne der Tumore kann in der Bevölkerung auch unabhängig von einer erblichen Erkrankung vorkommen. Erst das gleichzeitige oder zeitlich versetzte Auftreten von zwei der genannten Neoplasien bei einer Person begründet den Verdacht auf die Diagnose einer MEN1 oder MEN 2. Der Erbgang der MEN1 und MEN 2 ist autosomal dominant: ein erkrankter Elternteil vererbt die Krankheit, statistisch gesehen, an die Hälfte seiner Kinder. Symptome des MEN Syndromes Die Beschwerden sind sehr unterschiedlich und abhängig von dem jeweils erkrankten Organ. Die endokrinen Tumore produzieren in der Regel Hormone im Übermaß. Diese unkontrollierte Mehrproduktion von Hormonen verursacht die unterschiedlichsten Symptome. In der Regel wachsen endokrine Tumore sehr langsam und die Beschwerden entwickeln sich allmählich und lassen sich lange zurückverfolgen. Abhängig vom betroffenen Organ können verschiedene Beschwerden auftreten. Die Nebenschilddrüsen Die Nebenschilddrüsen erkranken bei der MEN1 am häufigsten und sind in der Regel auch die Erstmanifestation der Erkrankung. Über 90% der MEN1-Patienten entwickeln eine Überfunktion dieser Drüsen. Üblicherweise gibt es vier Nebenschilddrüsen, die einzeln beidseits oben und unter dem Hinterrand der Schilddrüse angelagert sind. In den Nebenschilddrüsen wird das Parathormon (Nebenschilddrüsenhormon) gebildet und in die Blutbahn abgegeben. Das Parathormon steuert den Kalzium- und den Phosphatstoffwechsel im Körper und hält den Kalziumspiegel im Blut konstant. Die autonome (=unregulierte) Überfunktion der Nebenschilddrüsen wird als primärer Hyperparathyreodismus bezeichnet. Es kommt zu einer vermehrten Parathormonausschüttung – bedingt durch eine einzelne vergrößerte Nebenschilddrüse (Adenom) oder durch Vergrößerung aller Nebenschilddrüsen (Hyperplasie). Die Überfunktion verursacht die ständige vermehrte Ausschüttung von Parathormon und den dauerhaften Entzug von Kalzium aus den Knochen; die Nieren müssen darüber hinaus das vermehrte Kalzium ausscheiden. Der Patient bemerkt von diesen Veränderungen oft über einen langen Zeitraum überhaupt nichts. Häufig tritt die Veränderung erst durch ein zufällig bestimmtes und erhöht gefundenes Serum-Kalzium zu Tage oder es kommt im Laufe von Jahren zur Ausbildung von Krankheitszeichen. Die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) Die Hypophyse ist etwas grösser als ein Kirschkern, ca. 0,6 g schwer und liegt in einer Grube der knöchernen Schädelbasis, der Sella turcica. Sie liegt direkt unterhalb der Kreuzungsstelle der Sehnerven und besteht funktionell aus zwei Teilen, dem Vorderund dem Hinterlappen. Im Hypophysenvorderlappen werden eine ganze Reihe von Hormonen gebildet und in den Blutkreislauf abgegeben. Die meisten dieser Hormone wirken nicht direkt, sondern regulieren als „Steuerungshormone” die Aktivität anderer hormonproduzierender Drüsen des Körpers wie die der Schilddrüse, der Nebennierenrinden oder der Eierstöcke bzw. der Hoden. Eine vermehrte Ausschüttung von „Steuerungshormonen” aus dem Hypohysenvorderlappen führt in der Regel zu einer vermehrten Hormonproduktion durch die gesteuerte Drüse, also beispielsweise bei einer vermehrten Ausschüttung von ACTH (Hormon der Hypophyse, das die Nebennierenrinde steuert) zu einer vermehrten Ausschüttung des Nebennierenrindenhormons Cortisol. Folgende Hormone werden unter anderem im Hypophysenvorderlappen produziert: ACTH (Adrenocorticotropes Hormon) fördert in erster Linie die Ausschüttung von Cortisol, dem körpereigenen Cortison durch die Nebennierenrinde. Prolaktin (PRL) beeinflusst indirekt die Ausschüttung der Sexualhormone und damit die Fruchtbarkeit. Bei der Frau ist es zudem für die Bildung der Muttermilch verantwortlich. Wachstumshormon (GH, Growth hormone, Somatotropin, STH) ist bei Kindern und Jugendlichen vor allem für das Längenwachstum verantwortlich. Daneben wirkt es auch im Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel, eine Wirkung, die nach Abschluss des Längenwachstums, d. h. bei Erwachsenen, von erheblicher Bedeutung bleibt. Daneben werden in der Hirnanhangsdrüse noch folgende Hormone gebildet: Follikelstimulierendes Hormon (FSH) Luteinisierendes Hormon (LH) Melanotropin (Melanozyten stimulierendes Hormon, MSH) Thyreotropin (Thyreoidea stimulierendes Hormon, TSH) Die Hirnanhangsdrüse erkrankt etwa bei 45% der Patienten mit MEN1. Die gutartigen Geschwülste, die Adenome der Hirnanhangsdrüse, sind entweder hormonell inaktiv (d. h. sie schütten keine Hormone aus) oder produzieren eines oder mehrere der genannten Hormone im Übermaß. Prolaktinproduzierende Adenome, so genannte Prolaktinome können bei Frauen eine Milchsekretion aus der Brust außerhalb der Stillzeit sowie Unregelmäßigkeiten oder ein Ausbleiben der Regelblutung verursachen. Bei Männern sind Potenzstörungen oder eine Verminderung des Bartwuchses vor der Pubertät ein typisches Zeichen. Bei Kindern können Kopfschmerzen, Wachstumsstörungen und Einschränkungen des Gesichtsfelds vorkommen. Produziert das Hypophysenadenom vermehrt Wachstumshormon, dann kommt es bei Kindern und Jugendlichen zu einem vermehrten Längenwachstum (Gigantismus). Bei Erwachsenen entsteht eine sogenannte Akromegalie, d. h. ein vermehrtes Wachstum der Körperenden (Akren). Zu den Krankheitszeichen und Beschwerden gehören daher neben einer Vergrößerung von Händen und Füßen mit Zunahme der Schuhgröße und der Ringgröße auch eine Vergrößerung der Nase, der Lidwülste und des Kinns. Außerdem können Hitzeunverträglichkeit und Schweißneigung, Bluthochdruck und Gelenkbeschwerden auftreten. Eine Überproduktion von ACTH verursacht über die vermehrte Ausschüttung von Cortisol durch die Nebennierenrinde ein Cushing-Syndrom. Neben dem typischen Gesicht (gerötete Wangen, Vollmondgesicht) weisen Gewichtszunahme, Hautveränderungen (besonders breite und rotbläuliche Dehnungsstreifen, dünne Haut), erhöhter Blutdruck, Muskelschwäche und eventuell eine neu aufgetretene Zuckerkrankheit auf dieses Krankheitsbild hin. Ebenfalls häufig sind Zyklusunregelmäßigkeiten und vermehrte Gesichts- und Körperbehaarung bei Frauen. Produziert das Hypophysenadenom keine Hormone, kann allein das Größenwachstum die Funktion der Hypophyse und die Hormonproduktion der von ihr gesteuerten Drüsen beeinträchtigen. Störungen der Funktionen von Nebennierenrinde, Schilddrüse, Eierstöcken bzw. Hoden führen zum Ausbleiben der Regelblutung, zur Beeinträchtigung der Potenz, zu einer vermehrten Kälteempfindlichkeit oder zu allgemeiner Müdigkeit und Schwäche. Patienten mit vollständig erloschener Funktion des Hypophysenvorderlappens kann man bisweilen an ihrer typischen alabasterweißen Haut erkennen. Sie werden häufig auch im Sommer nicht braun. Abhängig von Sitz und Größe des Hypophysenadenoms und unabhängig von der Art des gebildeten Hormons können weitere Krankheitszeichen hinzukommen. Beispielsweise kann der Sehnerv durch den Hypophysentumor zusammengedrückt und geschädigt werden, was in der Regel zu Gesichtsfeldausfällen führt. Der betroffene Patient sieht typischerweise zunächst seitlich weniger (”Scheuklappenphänomen”). Manchmal treten durch das Tumorwachstum auch Kopfschmerzen auf. Bauchspeicheldrüse, Magen und Darm Mit dem Kürzel GEP-Tumoren werden in der Fachsprache die hormonproduzierenden Gastro-Entero-Pankreatischen Tumoren bezeichnet. Die drei Buchstaben stehen für die Organe bzw. die Orte, an denen diese Tumoren sich am häufigsten entwickeln: Gastro = Magen Entero = Darm Pankreas = Bauchspeicheldrüse Die GEP-Tumoren entwickeln sich aus hormonproduzierenden (neuro-endokrinen) Zellen, die in der Bauchspeicheldrüse oder auch in den Schleimhäuten von Magen und Darm vorkommen und die Aufgabe haben, Stoffe zu produzieren, die den Verdauungsprozess steuern. Bestimmte sogenannte endokrine Zellen produzieren Somatostatin, Glukagon, Gastrin und VIP (vasoaktives intetinales Polypeptid) . GEP-Tumoren entstehen bei etwa 54 % der MEN1-Patienten. In der Mehrheit handelt es sich dabei um Insulinome oder Gastrinome, seltener ist das Auftreten von neuroendokrinen Karzinomen (frühere Bezeichnung: Karzinoide). Sehr selten sind Glukagonome und Somatostatinome, bei denen es zu einer Mehrsekretion von Glukagon bzw. Somatostatin kommt. Dies kann zu einem Diabetes mellitus führen. Ebenfalls sehr selten sind VIPome, bei denen zuviel vasoaktives intestinales Polypeptid freigesetzt wird, und demzufolge häufig wässrige Durchfälle auftreten. Die Tumoren der Bauchspeicheldrüse, die im Rahmen einer MEN1 auftreten, dürfen auf keinen Fall mit dem viel häufigeren und sehr bösartigen Krebs (des exokrinen Teils) der Bauchspeicheldrüse (Pankreas-Karzinom) verwechselt werden. Insulinome Bei den Insulinomen handelt es sich um Tumoren, die aus den Insulin-produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse entstehen und selbst unkontrolliert Insulin produzieren. Die Überproduktion von Insulin senkt den Zuckerspiegel im Blut und verursacht anhaltende Unterzuckerung (Hypoglykämie). Typische Beschwerden einer Unterzuckerung sind Mattigkeit, Schwächegefühl, Zittern, Herzklopfen, Schwitzen, Hungergefühl, Heißhunger, Gewichtszunahme und Nervosität. Im Vordergrund stehen außerdem Störungen des zentralen Nervensystems wie Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Verwirrung, Sehstörungen, Störungen der Bewegungskoordination und Lähmungen sowie ausgeprägte Persönlichkeitsstörungen. In einigen Fällen können sich diese Symptome bis zur Bewusstlosigkeit, Krampfanfällen und Koma steigern. Alle diese Symptome sind auf eine Unterversorgung des Gehirns mit Zucker zurückzuführen und können auch bei einer Unterzuckerung aus anderen Gründen auftreten. Gastrinome Andere neuroendokrine Zellen der Bauchspeicheldrüse oder der Wand des Zwölffingerdarms produzieren das Hormon Gastrin, das die Magensaft- und Magensäureproduktion steigert. Ein Gastrin-produzierender Tumor (Gastrinom) kann durch Übersäuerung des Magens zu Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren sowie Durchfällen führen. Werden diese Patienten nicht behandelt, kann es zu schweren Blutungen aus den Geschwüren in den Darm kommen. Dies wird auch als Zollinger-Ellison-Syndrom bezeichnet. Der Nachweis von Gastrinomen ist häufig schwierig, da sie sehr klein sein können. Gastrinome können auch bösartig sein, einige haben zum Zeitpunkt ihrer Entdeckung bereits Tochterabsiedlungen (Metastasen) gebildet. Neuroendokrine Karzinome Neuroendokrine Karzinome (frühere Bezeichnung: Karzinoide) entwickeln sich aus den in der gesamten Schleimhaut von Magen und Darm vorkommenden neuroendokrinen Zellen. Vorzugsweise sind sie im hinteren Dünndarm lokalisiert. Der Wurmfortsatz (Appendix; umgangsprachlich „Blinddarm”), der Magen und der Dickdarm sind weitere bevorzugte Entstehungsorte. Auch in anderen Organsystemen, z.B. in der Lunge und im Thymus kann es ebenfalls zur Entwicklung von neuroendokrinen Karzinomen kommen. Bei funktionell inaktiven neuroendokrinen Karzinomen, d. h. neuroendokrinen Karzinomen, die keine Hormone freisetzen, entstehen in der Regel erst spät im Verlauf der Krankheit Beschwerden. Die Beschwerden – z.B. Bauchschmerzen, Gewichtsverlust oder Gelbsucht – sind uncharakteristisch. Sie sind auf die Verengung des Dünndarms oder die Verdrängung benachbarter Organe durch den meist langsam wachsenden Tumor zurückzuführen. Hormonell aktive neuroendokrine Karzinome produzieren dagegen größere Mengen verschiedener Hormone, z.B. Serotonin. Diese Hormone gelangen in die Blutbahn. In den ersten Stadien der Erkrankung entstehen dadurch keine Beschwerden, weil die Leber diese vermehrt produzierten Hormone zu harmlosen Produkten abbaut. Wenn es allerdings zu Tochterabsiedelungen (Metastasen) des ursprünglichen Tumors in der Leber kommt, entsteht ein sogenanntes Karzinoid-Syndrom (aktuelle Bezeichnung: neuroendokriner Tumor). Die erhöhte Konzentration der Hormone führt zu den typischen Beschwerden für ein Karzinoid-Syndrom, die einzeln oder gemeinsam auftreten können,wie z.B.: anfallsartige Gesichtsrötung (Flush), die sich manchmal auf den gesamten Oberkörper ausdehnt und zum Teil von Herzklopfen und Schweißausbrüchen begleitet wird krampfartige Bauchschmerzen und Durchfälle Herzbeschwerden Atembeschwerden Die Häufigkeit des Auftretens dieser Beschwerden ist unterschiedlich. Am häufigsten – d. h. bei über 80% der Patienten – treten Durchfälle auf. Es folgen Rötung mit etwa 50%, Atembeschwerden mit 20 % und schwere Atemnot mit 6%. Herzbeschwerden („Karzinoidherz”) entwickeln sich sehr langsam und können langfristig bis zu ca. 40 % der Patienten mit einem Karzinoid-Syndrom betreffen. Die ursprünglichen Tumoren, die für das Karzinoid-Syndrom verantwortlich sind, liegen meist im Dünndarm (Jejunum, Ileum). Häufig finden sich hier auch mehrere Tumoren. Hormoninaktive Tumore der Bauchspeicheldrüse In den letzten Jahren werden in bis zu 50% der Fälle von MEN1 auch hormoninaktive Tumore der Bauchspeicheldrüse beschrieben. Diese Tumore fallen im Rahmen der regelmäßigen bildlichen Darstellung der Bauchspeicheldrüse auf, z.B. beim endoskopischen Ultraschall des Bauches, beim Computer(CT)- oder Kernspintomogramm (MRT). Da die Zellen dieser Tumore neuroendokrinen Ursprungs sind, können sie Substanzen wie pankreatisches Polypeptid (PP) oder Chromogranin A produzieren. Diese Substanzen verursachen jedoch keine als direkte Krankheitszeichen fassbaren Beschwerden, lassen sich aber in begrenztem Ausmaß als „Tumormarker” nutzen. Problematisch bei diesen hormoninaktiven Tumoren der Bauchspeicheldrüse ist, dass sie auch bösartig sein können. Zur operativen Therapie wird ab einer Größe von 2–3 cm geraten. Ein Kriterium, das die Entscheidung des Operationszeitpunktes beeinflussen könnte, ist die Verlaufsbeobachtung: Kleine Tumore, die über Jahre konstant in ihrer Größe bleiben, könnten zunächst weiter beobachtet werden. Bei der Entscheidung über den Operationszeitpunkt und das Ausmaß der Operation muss sorgfältig zwischen verschiedenen Gesichtspunkten abgewogen werden: Einerseits besteht ein allgemeines und spezielles Operationsrisiko (intraoperative Komplikationen, postoperative Fistelbildungen) und Langzeitfolgen (z.B. Mangel an Verdauungsenzymen und Insulin) und andererseits das Risiko des Tumors, bösartig zu sein und u. U. Tochtergeschwülste zu verursachen. Insgesamt sind die hormoninaktiven Pankreastumore, auch wenn sie bösartig sind, langsam wachsend und auch im Stadium der Metastasierung über Jahre ohne Beeinträchtigung der körperlichen Lebensqualität. Nebennierentumoren Nebennierentumoren kommen ca. bei jedem fünften MEN1-Patienten vor. Meistens sind diese Tumoren nicht funktionell, d. h. nicht hormonproduzierend, aber das Spektrum beinhaltet auch Cortisol-produzierende Tumoren mit Entstehung eines Cushing-Syndroms oder Noradrenalin- und Adrenalin-produzierende Tumore, so genannte Phäochromozytome. Patienten mit einem MEN 2 Syndrom erkranken häufiger an Tumoren, welche aus dem Nebennierenmark entstammen und Noradrenalin und Adrenalin produzieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass Nebennierentumoren bösartig sind, ist sehr klein. Dennoch bedarf es einer genauen Diagnostik (Hormonuntersuchungen und Bildgebung), um individuell festzulegen, bei welchen Tumoren eine Operation notwendig ist. Hauttumoren Das so genannte Lipom ist ein gutartiger Tumortyp, den man häufig bei Menschen mit MEN1 antrifft. Diese oft pflaumengroße Fettgewebsgeschwulst entwickelt sich unter der Haut. Lipome verursachen meist keine Beschwerden und können auf Wunsch durch eine einfache kosmetische Operation entfernt werden. Lipome treten auch in der Allgemeinbevölkerung recht häufig auf. Ausserdem können auch andere Hauttumoren wie z.B. Angiome und Fibrome im Rahmen der Erkrankung vorkommen. Die genannten sind nur die häufigsten Zeichen der MEN1, die über einen längeren Zeitraum auftreten können. Die Diagnosestellung der Erkrankung wird dadurch erschwert, dass sich die Krankheitszeichen meist langsam und nicht gleichzeitig entwickeln. Allmähliche Veränderungen fallen den Betroffenen oder der Umgebung oft nicht sofort auf. Je länger die Krankheit besteht, umso deutlicher werden die Beschwerden. Medulläres Schilddrüsenkarzinom Das medulläre Schilddrüsen-Karzinom, auch C-Zell-Karzinom genannt ist ein seltener Tumor der Schilddrüse. C-Zellen produzieren kein Schilddrüsenhormone , sondern Calcitonin, das bei dieser Erkrankung auch als Tumormarker eingesetzt werden kann. Das Schilddrüsenkarzinom kann zB durch ein Größenwachstum bzw. Knoten der Schilddrüse bemerkt werden. Patienten mit einem MEN 2 Syndrom sind annähernd alle schon in jungen Lebensjahren von einem medullären Schilddrüsenkarzinom betroffen. Medulläre Karzinome wachsen langsam, streuen jedoch frühzeitig in die Lymphdrüsen des Halses. Über den Blutweg bildet das medulläre Karzinom bevorzugt Absiedlungen in Leber, Lunge und Knochen. Wenn das Karzinom früh erkannt wird, liegen die Heilungschancen bei 50 bis 60 Prozent, wenn es noch nicht gestreut hat bei über 90 Prozent. Von MEN 2 betroffene Kinder können durch eine vorbeugende Operation dauerhaft geheilt werden, bevor der Krebs auftritt. Wie wird die MEN 1 oder 2 diagnostiziert? Durch eine Blutuntersuchung kann der Gendefekt , welcher die MEN 1 oder MEN 2 Erkrankung verursacht nachgewiesen werden. Das gleichzeitige oder zeitlich getrennte Auftreten von Geschwülsten in mindestens zwei der genannten Organe (Nebenschilddrüse, Hirnanhangsdrüse, Nebenniere, Schilddrüse und Bauchspeicheldrüse) bedingt den Verdacht auf die Diagnose MEN1 oder MEN 2.

  • Behandlung

    Endokrine Neoplasie der Nebenschilddrüsen: Chirurgisch In der Regel sind beim MEN1-assoziierten primären Hyperparathyreoidismus alle 4 Nebenschilddrüsen erkrankt, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß (so genannte asymmetrische Hyperplasie). Es kann trotz Operation in bis zu 30% zu einer Wiedererkrankung (Rezidiv) kommen kann. Beim Vorliegen eines primären Hyperparathyreoidismus (Kalzium als auch Parathormon im Blut erhöht) besteht häufig eine Operationsindikation. Endokrine Neoplasie der Hirnanhangsdrüse: Medikamentös Bei Prolaktin-produzierendem Adenom: Dopaminagonisten, z.B. Pravidel (Bromocriptin), Dostinex (Cabergolin) oder Norprolac (Quinagolid), welche die Prolaktinproduktion bremsen und das Tumorwachstum beeinflussen können. Bei Wachstumshormon-produzierendem Adenom: Zunächst sollte der Versuch einer operativen Therapie erfolgen. Somatostatinanaloga, z.B. Sandostatin LAR® (Octreotid) oder Somatuline® Autogel (Lanreotid), welche die Produktion von Wachstumshormon und anderen Hormonen hemmen können nach unzureichendem Ansprechen auf die operative Therapie eingesetzt werden.Ein neues Medikament ist Somavert® (Pegvisomant), welches die WachstumshormonRezeptoren blockiert. Chirurgisch ACTH-produzierende und hormoninaktive Hypophysentumoren sprechen kaum auf die aktuell verfügbaren Medikamente an. Aus diesem Grund erfolgt die operative Entfernung, wenn dies medizinisch notwendig ist. Dies gilt regelhaft für die ACTH-produzierenden Tumoren und für Tumoren, die aufgrund der Größe Symptome (z.B. Sehstörungen) verursachen. Bestrahlung Bei einzelnen Tumoren, die operativ und medikamentös nicht zu kontrollieren sind, besteht die Indikation zur Bestrahlung. Die genaue Indikation wird interdisziplinär (z.B. Endokrinologe, Neurochirurg und Strahlentherapeut) gestellt. Endokrine GEP-Tumoren: Chirurgisch Entfernung (Resektion) des Tumors, abhängig von Tumorart, Größe und Lokalisation Medikamentös Gastrinom: Z.B. Pantozol oder Omeprazol, welches die Produktion der Magensäure vermindert und damit der Entstehung und dem weiteren Wachstum von Geschwüren entgegenwirkt. Insulinom: Somatostatinanaloga (siehe oben); Diazoxid kann Unterzuckerungen verhindern. Neuroendokrine Karzinome (Karzinoide): Diese Tumoren sollten, wenn möglich, operativ entfernt werden; eine medikamentöse Therapie dient der Linderung der Beschwerden und der Verlangsamung des Tumorwachstums. Hormoninaktive Tumoren des Pankreas: Operation, wenn sinnvoll; Somatostatin-Analoga, andere Medikamente; nuklearmedizinische Therapieverfahren. Nebennierentumoren: Wie oben aufgeführt, muss die Indikation zu einer Operation individuell gestellt werden. Die Operation sollte je nach Größe und Malignitätsverdacht minimal-invasiv („Schüssellochchirurgie”) oder offen (z.B. Bauchschnitt) erfolgen. Medulläre Schildrüsenkarzinome Je nach Tumorstadium ist die Therapie der ersten Wahl eine operative Therapie. Bei fortgeschrittenen Stadien können bestimmte Chemotherapien in Erwägung gezogen werden. Bei Patienten mit MEN-2 kann die sogenannte prophylaktische Schilddrüsenentfernung schon vor Entstehen eines medullären Schilddrüsenkarzinomes notwendig werden. Tumore des Nebennierenmarks (Phäochromozytome) Aufgrund der hormonellen Aktivität sollten die Tumore des Nebennierenmarks falls möglich operativ entfernt werden. Aufgrund der hormonellen Aktivität ist vor der operativen Therapie eine medikamentöse Therapie notwendig. Falls die operative Therapie bei fortgeschrittenen Stadien nicht mehr in Frage kommt, können nuklearmedizinische Therapiemassnahmen erfolgen.

  • Studien

    Aktuell keine Studien

  • Kontakt

    Die Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie bietet montags bis freitags in der Zeit von 8 bis 16h (freitags bis 14h) Termine in unserer endokrinologischen Ambulanz unter der Telefonnummer +49 (0) 40 7410 20901 an.

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