Geschichte der Klinik

Die Neuroradiologie beruht auf den Techniken zur morphologischen Untersuchung des Gehirns am lebenden Menschen. Am Anfang waren es nur die konventionellen Röntgenaufnahmen des Schädels und Spinalkanals, in denen man Veränderungen der knöchernen Strukturen verursacht durch die von ihnen umhüllten krankhaft veränderten Organe beschrieb. Die Monographie des Wiener Neurologen A. Schüller: "Röntgendiagnostik der Erkrankungen des Kopfes" erschien 1909 und blieb Standardwerk in der klassischen Periode der Neuroradiologie. Die Entwicklung der invasiven Untersuchungstechniken war am Anfang Sache der Neurochirurgen: Mit der Abbildung der Luftfüllung der Hirnkammern (Pneumenzephalographie), die Walter Dandy und parallel dazu Adolf Bingel einführten, waren Formveränderungen der inneren und äußeren Hirnoberfläche erkennbar, die einen, wenn auch begrenzten, Rückschluß auf Art und Ort einer raumfordernden Läsion des Gehirns zuließen. Mit der Entwicklung der zerebralen Angiographietechnik durch E. Moniz 1928 wurde eine weitere Informationsquelle hinsichtlich der zerebralen Gefäße selber, aber auch hinsichtlich der intrakraniellen Raumverhältnisse eröffnet. In den frühen 70er Jahren begann mit der Computertomographie (G.N. Houndsfield; McCormick) der eigentliche Aufschwung der Neuroradiologie, der sich in den 80er Jahren mit der Kernspintomographie fortsetzte. Nun wurden auch Binnenstrukturen, ja sogar funktionell bedingte Veränderungen des Zentralnervensystems darstellbar. Ebenfalls in den 70er Jahren begann mit zunehmender Verbreitung der transfemoralen Seldinger-Angiographie-Technik die Entwicklung der endovasalen neuroradiologische Therapieformen zunächst bei Kopf-Hals-Tumoren, dann aber auch bei Gefäßmalformationen, intra- wie extrakraniell und spinal.

Die Wurzeln der neuroradiologischen Entwicklung lagen hier, wie an so vielen Orten, in der Neurochirurgie. Schon der Leiter der Neurochirurgischen Abteilung zwischen 1938 und 1945 - G.F. Häussler - leistete wissenschaftliche Beiträge zur Entwicklung wasserlöslicher Angiographiekontrastmittel und zur stereoskopischen Angiographie. R. Kautzky, Direktor der Neurochirurgischen Abteilung der Neurologischen Klinik von 1938-1945, hegte großes Interesse für die noch relativ neuen aber für die Neurochirurgie so wichtigen invasiven bildgebenden Techniken. Zusammen mit K.J. Zülch, der zu der Zeit in der Neurologischen Klinik tätig war, publizierte er das erste deutschsprachige Standardwerk zur zerebralen Angiographie.

Als eine der ältesten Abteilungen in Deutschland blickt die Neuroradiologie im UKE auf 40 Jahre Entwicklung zurück. Direktor der Neurologischen Klinik seit 1958, entschied sich R. Janzen 1959 für eine Neuroradiologsche Abteilung. A. Tänzer leitete die Abteilung bis 1981. Tänzer war ein weithin hoch angesehener Experte auf dem Gebiet der Röntgennativdiagnostik, auf deren damalige enorme Bedeutung heute die allgemein verfügbaren Schnittbildtechniken den Blick verstellen. In seiner Amtszeit wurde die Weiterentwicklung der klassischen Methoden betrieben und die Technik der Myelographie mit wasserlöslichen Kontrastmitteln eingeführt. Einer der ersten Computertomographen - ein EMI-Scanner - stand ab 1976 in der Abteilung.

Nach Tänzers plötzlichem Tod wurde die Abteilung unter kommissarischer Führung der Neurochirurgie von H. Traupe (jetzt Direktor der Neuroradiologie in Gießen) geleitet. In dieser Zeit wurden die Vorbereitungen für eine räumlich, technische Modernisierung getroffen, die nach dem Amtsantritt von Zeumer 1987 umgesetzt werden konnte. Dies ermöglichte die Etablierung der endovaskulären, interventionellen Therapieverfahren. 10 Jahre später fällt eine erneute Modernisierung der Abteilung mit der Grundsanierung des die Neuroradiologie beherbergenden Neurochirurgiegebäudes zusammen. Im Jahr 2009 wird Fiehler der neue Klinikdirektor.