Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung bei Kindern

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Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung bei Kindern

Unser Diagnostik- und Beratungsangebot

Unsere Tagesklinik bietet bei Verdacht auf eine Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) für Kinder ab 6–7 Jahren eine pädaudiologische Untersuchung der Hörverarbeitung und eine testpsychologische Untersuchung der Hörwahrnehmung an. Nach Vorliegen der Ergebnisse werden diese mit den Eltern besprochen und bei Bedarf eine Therapieempfehlung ausgesprochen.

Bei jüngeren Kindern unter 6 Jahren bieten wir bei Verdacht auf eine Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung zunächst eine Überprüfung des Hörens und eine differenzierte logopädische Diagnostik des Sprechens und der Sprache an. Anschließend kann geklärt werden, ob und wann eine Überprüfung der auditiven Verarbeitung und Wahrnehmung sinnvoll ist und in unserer Klinik durchgeführt werden kann.

Für das Alter bis zu 10 Jahren bzw. die Grundschulklassen 1–4 werden die Ergebnisse der pädaudiologischen Verfahren immer zuverlässiger und für die testpsychologischen Verfahren gibt es standardisierte Altersnormwerte.

Auch bei älteren Kindern und Jugendlichen kann man untersuchen, ob eine AVWS vorliegt, jedoch gibt es für die Überprüfung der phonologischen Bewusstheit – einem wichtigen Teilbereich der auditiven Wahrnehmung – für diese Altersgruppe derzeit keine standardisierten und altersgemäßen Untersuchungsverfahren. Es erfolgt dann lediglich eine Unterscheidung in "auffällig versus unauffällig", in Anlehnung an die Normwerte für ältere Grundschulkinder.

Der häufigste Anlass, eine AVWS zu überprüfen, besteht in der Grundschulzeit in Zusammenhang mit dem Erwerb der lautgetreuen Rechtschreibung sowie der Unfähigkeit, sich im Unterricht auf die Worte des Lehrers zu konzentrieren und andere Geräuschquellen als "Nebengeräusche" auszublenden.

Was versteht man unter AVWS?

Der Begriff "Auditive Verarbeitung und Wahrnehmung" beschreibt lt. Definition der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie die Vorgänge, mit denen akustische Signale (z.B. Geräusche, Laute, Sprache) nicht nur gehört, sondern auch korrekt erkannt und eingeordnet werden können. Auf der unbewussten Ebene werden die auditiven Signale gefiltert und vorverarbeitet, auf der bewussten Ebene werden sie wahrgenommen.

Wann sollte eine AVWS - Diagnostik durchgeführt werden?

Wenn Eltern, Lehrer oder ein Therapeut verunsichert sind, falls ein Kind

  • auf Ansprache gar nicht oder verzögert reagiert, obwohl es "eigentlich" gut hören kann
  • nicht gut zuhören kann, sondern schnell abgelenkt oder uninteressiert wirkt
  • Probleme hat, Gehörtes korrekt zu erinnern, wiederzugeben oder Anweisungen auszuführen
  • Probleme hat, sich bei Umgebungslärm auf einen bestimmten Sprecher zu konzentrieren
  • Sprechprobleme hat: z.B. Vertauschen von Silben, Weglassen von Wortendungen, undeutliches Sprechen
  • Probleme mit dem Lesen und Schreiben hat
  • Probleme bei verschiedenen Schulleistungen hat, die sprachgebundenes Denken und ein gutes Arbeitsgedächtnis erfordern (z.B. beim Rechnen Textaufgaben verstehen und bearbeiten)

Wie wird die Diagnostik in unserer Klinik durchgeführt?

Bei Verdacht auf das Vorliegen einer AVWS ist eine recht umfangreiche Diagnostik erforderlich, denn es müssen mögliche andere Beeinträchtigungen oder Störungen – z.B. der Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses, der Sprachentwicklung, des Sprachverständnisses oder allgemein des Lernens – festgestellt bzw. ausgeschlossen werden. Um alle erforderlichen Untersuchungen durchführen zu können, bieten wir dafür Termine in unserer Tagesklinik an.

Alle Untersuchungen finden ausschließlich nach vorheriger Terminabsprache statt. Ein Tagesklinikaufenthalt dauert einschließlich Warte- und Ruhezeiten ca. 4–6 Stunden und schließt ein Eingangs- und Abschlussgespräch (Anamnese und Beratung) sowie bis zu 5 Untersuchungseinheiten ein. Zwischen den einzelnen Untersuchungseinheiten gibt es kleinere Pausen, die an die Bedürfnisse und Belastbarkeit des Kindes angepasst werden sowie bei spät beginnenden Terminen eine längere Mittagspause.

Es erfolgen:

  • ärztliche Anamnese und Erhebung der HNO-Befunde
  • audiologische Untersuchung:
    • des peripheren Hörvermögens
    • des Sprachverstehens
    • Tympanometrie
    • otoakustische Emissionen, Funktionsfähigkeit der äußeren Haarzellen im Innenohr
    • des Sprachverstehens im Störgeräusch
    • der Dichotischen Diskriminationsfähigkeit
    • ggf. objektive Überprüfung der Funktion von Hörnerv und Hirnstamm (BERA); hierfür wird jedoch immer ein separater Termin vereinbart.
  • test-psychologische und/ oder logopädische Untersuchung der Bereiche:
    • auditive Aufmerksamkeit
    • phonologische Bewusstheit
    • auditives und sprachliches Gedächtnis
    • vergleichbare visuelle Leistungen
    • Sprachverständnis und Wiedergabefähigkeit von Gehörtem
    • sprachliche und nicht-sprachliche Grundintelligenz (logisches Denken)
    • abhängig von der Fragestellung: basale schulische Leistungen (Lesen, Lese-Sinn-Verständnis, Rechtschreibung, Rechnen)
    • Aufmerksamkeit, Konzentration und Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit (sofern ein Zusammenhang bestehen könnte zu der Fähigkeit, Gehörtes zu verarbeiten)
    • rezeptive und expressive Sprachentwicklung.
Zum Abschluss erfolgt eine Besprechung der Ergebnisse mit den Eltern, eine Beratung sowie – falls erforderlich – ein Therapievorschlag. Ein umfassender schriftlicher Bericht folgt.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Es existieren verschiedene Möglichkeiten und Strategien. Abhängig von den in der Diagnostik festgestellten Einschränkungen und der Fragestellung wird empfohlen:

  • logopädische Therapie, z.B. Übungen zum Sprachaufbau und zum Aufbau / zur Stabilisierung der phonologischen Bewusstheit (sinnvoll, wenn zuvor noch keine logopädische Therapie durchgeführt wurde)
  • Erwerb neuer Strategien, z.B. Verbesserung des auditiven Gedächtnisses durch Reduzierung detaillierter Information zugunsten lediglich grundlegender Informationen; bei konzentrationsfordernden Tätigkeiten Hintergrundgeräusche reduzieren
  • Veränderungen in der Umgebung, z.B. Veränderungen der Akustik im Klassenraum, Änderung des Sitzplatzes (Absprache mit der Schule)
  • Veränderungen seitens der Bezugspersonen (z.B. der Lehrer) hinsichtlich ihres Umgangs mit dem Kind oder ihren Anforderungen, z.B. vor Ansprache des Kindes Blickkontakt aufnehmen; Alternativen zur lautgetreuen Rechtschreibung anbieten
  • stationäre Therapien (Kostenübernahme muss vorab mit der Krankenkasse geregelt werden).
Es wird individuell entschieden, ob und in welchem Umfang eine Übungstherapie sinnvoll und aussichtsreich ist, damit ein Kind nicht unnötig mit zusätzlichen Terminen belastet wird. Insbesondere bei Schwierigkeiten in Zusammenhang mit Aufmerksamkeitsverhalten bringen veränderte Strategien der Bezugspersonen im Umgang mit den Kindern meist einen guten Erfolg. Für die Kinder selbst kann der Erwerb von "Bewältigungsstrategien" z.B. durch eine kognitive Verhaltenstherapie hilfreich oder sogar notwendig sein.