S2e-Leitlinie
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S2e-Leitlinie

S2e-Leitlinie „Schutz vor Über- und Unterversorgung“ – gemeinsam entscheiden

Cathleen Muche-Borowski, Hans-Hermann Dubben, Hans-Otto Wagner, Dagmar Lühmann, Martin Scherer

Hintergrund und Ziele

International werden von Initiativen wie Choosing Wiseley (USA) oder Smarter Medicine (Schweiz) Negativempfehlungen von Fachgesellschaften, sog. „Top-Listen“ zur Vermeidung von Überversorgung herausgegeben. Im Rahmen der Entwicklung einer DEGAM S2e-Leitlinie zum „Schutz vor Über- und Unterversorgung“, wurden von einem Expertenpanel Priorisierungskriterien konsentiert. Zum einen soll der Frage nachgegangen werden, ob Leitlinienautor*innen und Nicht-Leitlinienautor*innen Handlungsempfehlungen für den hausärztlichen Bereich in Bezug auf Über- und Unterversorgung unterschiedlich priorisieren. Zum anderen ist ein Weg zu finden, wie man mit den unterschiedlichen Sichtweisen bei der Erstellung einer DEGAM-Leitlinie umgeht.

Methodik

Angelehnt an den 10-Stufen-Plan der DEGAM und die methodischen Anforderungen an S2e-Leitlinien wurde in einem ersten Schritt systematisch nach Versorgungsforschungsstudien zu Versorgungsproblemen recherchiert. Anschließend wurden sämtliche Positiv- und Negativempfehlungen aus den DEGAM-S3-Leitlinien und den Nationalen Versorgungsleitlinien mit DEGAM-Beteiligung extrahiert und in Abstimmungsbögen einzeln dargestellt. Der Priorisierungs- bzw. Abstimmungsprozess selbst erfolgte mit Hilfe dieser Priorisierungskriterien über eine Befragung eines hausärztlichen Panels (Nicht-Leitlinienautor*innen). Die Vergleichsgruppe stellten die Leitlinienautor*innen der entsprechenden Leitlinien dar.

Vorläufige Ergebnisse und weiteres Vorgehen

Insgesamt wurden 782 Empfehlungen extrahiert (147 aus den DEGAM-LL und 635 aus den NVLs). Von einer 12-köpfigen interdisziplinären Expertengruppe wurden elf Priorisierungskriterien, zu bewerten mit einer 9-stufigen Skala („sehr niedrig“ bis „sehr hoch“), konsentiert. Von 749 postalisch angefragten Hausärzt*innen wurden 70 per Zufall ausgewählt und von denen haben 54 vollständig die Abstimmungsbögen der DEGAM-S3-Leitlinien und 41 die der NVLs bearbeitet. Mit Hilfe mehrerer Priorisierungsschritte wurde eine überschaubare Anzahl von 25 Kernempfehlungen für die in diesen Leitlinien thematisierten Krankheitsbilder und Beratungsanlässe entwickelt, mit dem Ziel, Empfehlungen hervorzuheben, worüber Ärzt*innen und Patient*innen, andere Leistungserbringer und Kostenträger sowie Entscheidungsträger im Gesundheitssystem intensiver sprechen sollten.

Insgesamt wurden 21 Empfehlungen im Sinne der Vermeidung von Überversorgung und vier Empfehlungen zum Schutz vor Unterversorgung priorisiert. Es betrifft alle Versorgungsbereiche, von Prävention, Screening, Diagnostik, Therapie bis hin zur Langzeit-Primärversorgung.

Veröffentlichungen:

Protection against the overuse and underuse of health care - methodological considerations for establishing prioritization criteria and recommendations in general practice.
BMC Health Services Research (2018) 18:768

Laufzeit: 2013-2019, als Living Guideline in kontinuierlicher Aktualisierung

Kontakt: Cathleen Muche-Borowski