Grafische Veranschaulichung
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Prostata-Karzinom Screening-Studien sind unnötig

Hans-Hermann Dubben

Zusammenfassung

Der etwaige Nutzen eines Prostatakarzinom (PCa)-Screenings ist nicht nachweisbar1,6. Studien nichtpraktikabler Größe wären notwendig. Es gibt mehrfach reproduzierte signifikante Schäden durch Screening wie unnötige Biopsien, Überdiagnosen und Überbehandlungen. Studien können einen Vorteil (reduzierte PCa-Mortalität) suggerieren und gleichzeitig eine Erhöhung der Gesamtmortalität übersehen.

Hintergründe und Ziele des Projekts

Das PCa ist bei Männern der häufigste diagnostizierte Krebs, aber "nur" ca. 3 % sterben am PCa. Es ist ungeklärt, ob Früherkennung die PCa- bzw. die Gesamtmortalität senkt. Eine Reduktion der PCa- Mortalität um ca. 0,75% wird in internationalen Studien als relevant angesehen. Wie viele Teilnehmer muss eine Kohortenstudie unter realistischen Bedingungen einschließen, um diesen Unterschied, falls vorhanden, mit einer Power von 90% zu zeigen? Wie lange wird eine derartige Studie dauern?

Methodik

Grundsätzliche Überlegungen, Modellrechnungen und Berechnung der Teilnehmeranzahl einer Screeningstudie unter Berücksichtigung der Compliance, der Wahl des Endpunktes und von Ungenauigkeiten bei der Todesursachenbestimmung.

Ergebnisse

Es müssen 300 (Kontrolle) plus 225 (Screening) PCa-Todesfälle auftreten. Bei einer PCa-Mortalität von 60/100.000/Jahr und Jahren Nachbeobachtung werden 2x100.000 Teilnehmer benötigt. Die Dauer der Studie beträgt gut 20 Jahre (Rekrutierung, Screening, Nachbeobachtung). Der gesuchte Unterschied beträgt 300 – 225 = 75 PCa-Todesfälle (s. Abb.). Dieser kleine Unterschied kann auch auf Bias beruhen. Bereits geringe Ungenauigkeiten bei der Todesursachenbestimmung und mangelnde Compliance verkleinern die Power der Studie. Zur Kompensation wären mehrere Millionen Teilnehmer notwendig. Zur Bestimmung der Gesamtmortalität werden ebenfalls mehrere Millionen Teilnehmer benötigt. Studien mit weniger Teilnehmern können mit der PCa-Mortalität als Endpunkt einen Vorteil suggerieren, selbst wenn Screening die Gesamtmortalität erheblich verschlechtert. Krebsscreening-Studien haben meist zu geringe Power. Ihre Ergebnisse stehen erst ca. 20 Jahre nach Studienbeginn zur Verfügung. Sie sind dann zwangsläufig veraltet. Gut belegt sind Schäden durch PCa-Screening. Z.B. erhält jeder 40. gescreente Mann eine OP und/oder Strahlentherapie, die er beide nicht benötigt. Es gibt valide Gründe, vom PCa-Screening abzuraten.

Veröffentlichungen

1 Dubben HH.
Trials of prostate-cancer screening are not worthwhile.
The Lancet Onc 2009; 10:294-298.

2 Prostatakarzinom: EbM stößt an Grenzen.
Deutsches Ärzteblatt 2009; 106(22):A-1150.

3 Prostate cancer screening. Correspondence.
New England Journal of Medicine 2009; 361:202-206.

4 PSA-Screening: Sinn oder Unsinn.
Urologe 2009, 48:1103-1104.

5 Weissbach L, Dubben HH, Schäfer C.
Wer sorgt hier vor?
Der Onkologe 2011, 17:220-234.

6 Dubben HH.
Früherkennung des Prostatakarzinoms: Schaden belegt, Nutzen nicht belegbar.
Bundesgesundheitsbl 2014; 57: 318-326. DOI 10.1007/s00103-013-1904-1 . (Volltext)

Ansprechspartner Hans-Hermann Dubben