Medizinische Leitlinien und Individualisierung

Eva Blozik, Hans-Hermann Dubben,Hans-Otto Wagner, Martin Scherer

Hintergründe und Ziele

Auf Einzelerkrankungen fokussierende medizinische Leitlinien (LL) können zu unerwünschten Wirkungen, widersprüchlichen Behandlungsstrategien und Polypharmazie bei multimorbiden Patienten führen. Derzeit mangelt es an methodischen Ansätzen, wie Multimorbidität in LL berücksichtigt werden könnte.

Ziel des hier beantragten Projekts ist einerseits, zu evaluieren, inwieweit Komorbidität bzw. Multimorbidität in deutschen Leitlinien berücksichtigt wird. Des Weiteren soll untersucht werden, ob sich zwei methodische Konzepte, die auf der Basis breiter epidemiologischer Analysen zu Multimorbidität aus Deutschland entwickelt wurden, eignen, um Multimorbidität in LL systematisch zu integrieren. Dies ist einerseits das Konzept der häufigsten Krankheitstriaden (Van den Bussche et al 2011), andererseits dasjenige der drei krankheitskomplexbeschreibenden Muster (Schäfer et al 2010).

Das übergeordnete Ziel des hier beantragten Projekts ist, Ansätze zu entwickeln, wie z.B. im Rahmen von Forschungs- oder Pilotprojekten Aspekte der Multimorbidität in der LL-Entwicklung operationalisiert und konkret umgesetzt werden könnten.

Design und Methodik

Schritt 1: Exemplarische Evaluation von deutschen LL zu höchstprävalenten Einzelerkrankungen hinsichtlich ihres Umgangs mit Ko- bzw. Multimorbidität

Schritt 2: Abgleich mit den von van den Bussche bzw. von Schäfer publizierten Konzepten der häufigsten Krankheitskombinationen (Triaden, Quartette) bzw. der Multimorbiditätsmuster innerhalb der multimorbiden Bevölkerung

Schritt 3: Bewertung der häufigsten Krankheitskombinationen hinsichtlich der Relevanz für den Behandlungsalltag mit Hilfe einer Bewertungsmatrix durch Geriater und Allgemeinmediziner

Schritt 4: Ergebnis-Synthese und Entwicklung konkreter Vorschläge für zukünftige Forschungs- oder Pilotprojekte

Erwartete Ergebnisse

Rückschlüsse dazu, 1) welche Komorbiditäten aktuell in LL berücksichtigt werden, 2) welche Komorbiditäten aus Sicht von klinisch tätigen Ärzten berücksichtigt werden sollten und 3) ob die epidemiologischen Ansätze der Krankheitskombinationen bzw. der Multimorbiditätsmuster hilfreich sind, um klinische Problemfelder zu identifizieren, in denen Multimorbidität klinisch hochrelevant ist.

Förderer: Bundesärztekammer

Laufzeit: Januar 2013 bis Januar 2014

Kontakt: Eva Blozik