05.03.2021        AKTUELLES

Nieren – Stille Wunderwerke des Körpers

Fragen an… Prof. Dr. Tobias B. Huber

Die Nieren sind Multitalente, reinigen täglich das Blut, balancieren den Wasser- und Salzhaushalt und regulieren den Säure- und Basenhaushalt, sorgen für starke Knochen und steuern die Produktion von roten Blutkörperchen. Warum es so wichtig ist, die Nieren gesund zu erhalten, darüber sprechen wir anlässlich des Weltnierentags am 11. März mit Prof. Dr. Tobias B. Huber, Direktor der III. Medizinischen Klinik des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE).

Warum ist die Nierengesundheit so wichtig?

Prof. Dr. Tobias B. Huber: Kranke Nieren haben Auswirkungen auf alle Organe. Die Nieren, die zentrale Kläranlage des Körpers, bestehen aus etwa zwei Millionen filigranen Röhrchen, die Nephrone. Fein säuberlich trennen sie aus dem Blutstrom die Stoffe, die wiederverwertet werden können, von denen, die unbedingt mit dem Harn aus dem Körper ausgeschieden werden müssen. Täglich strömen rund 3000 bis 4000 Liter Blut durch die Nieren und werden dort entgiftet. Dabei entstehen etwa ein bis zwei Liter Harn, der über die Blase ausgeschieden wird. Häufig erst wenn die Nieren ihren Dienst versagen, merken die Betroffenen, dass etwas nicht stimmt. Erste Warnzeichen wie Müdigkeit, unspezifischer Juckreiz, Appetitlosigkeit, Schwäche, Ödeme und vor allem Blutdruckerhöhung können Hinweise darauf sein, dass die Nieren nicht normal funktionieren. Dann spätestens ist ein Gespräch mit einem Experten nötig, um die Arbeit der Nieren so lange wie möglich zu erhalten, bevor Dialyse oder auch Transplantation nötig werden.

Wie kann man tun, um die Nieren gesund zu halten?

Prof. Huber: Da gibt es eine Reihe von Dingen, die jeder tun kann: nicht rauchen, Übergewicht vermeiden, wenig Alkohol konsumieren, auf eine ausgewogene Ernährung mit wenig Zucker und Salz achten sowie Medikamente möglichst nur nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt einnehmen. Besonders wichtig ist, dass der Blutdruck im Normbereich liegt. Ein dauerhafter Bluthochdruck kann zu einer Schädigung der Blutgefäße der Niere führen. Auch Diabetes mellitus schadet den Nieren. Deshalb ist eine regelmäßige Kontrolle des Stoffwechsels ratsam und bereits einfache Untersuchungen wie Urin-Test-Sticks können Hinweise liefern.

Wenn das Herz nicht gesund ist, leiden auch die Nieren. Warum?

Prof. Huber: Es gibt nicht umsonst das Sprichwort, etwas „auf Herz und Nieren zu prüfen“ – und genau das sollte man bei Patientinnen und Patienten mit Herzerkrankungen tun. Beispielsweise führt eine Herzschwäche oft auch zu einer Nierenschwäche. Die wiederum verschlechtert dann die Herzinsuffizienz. Da sich beide Organe stets wechselseitig beeinflussen, sprechen wir von einem kardiorenalen Syndrom: kardial, das Herz betreffend, und renal, die Niere betreffend. Etwa 40 bis 60 Prozent der Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz haben auch eine eingeschränkte Nierenfunktion. Das macht sich häufig durch Wasseransammlungen (Ödeme) im Körper, oft an den Füßen, bemerkbar. So sollten stets beide Organe regelmäßig kontrolliert und parallel behandelt werden. Ein Gewichtstagebuch kann Aufschluss geben: Nimmt das Gewicht zu, kann dies auf eine sich verschlechternde Herz- und Nierenfunktion hinweisen.

Welche Behandlungsmöglichkeiten stehen bei einem Nierenversagen zur Verfügung?

Prof. Huber: Wir unterscheiden zwischen einem akuten und einem chronischen Nierenversagen. Ein akutes Nierenversagen entsteht sehr schnell und ist häufig rückgängig zu machen, indem die Ursachen beseitigt werden.

Die chronische Niereninsuffizienz hingegen ist eine Erkrankung, die über Monate bis Jahre langsam fortschreitet. Diabetes mellitus, Bluthochdruck oder Entzündungen in den Nieren können dazu führen. Bei einer chronischen Niereninsuffizienz arbeitet ein Großteil der Glomeruli, die kleinsten Blutgefäße der Nieren, nur noch eingeschränkt. Harnpflichtige Substanzen sowie bestimmte Salze und überschüssiges Wasser aus dem Körper werden nicht mehr ausreichend ausgeschieden. Eine chronische Niereninsuffizienz ist in der Regel nicht heilbar, daher sollte die Behandlung darauf ausgerichtet sein, die fehlenden Nierenfunktionen langfristig auszugleichen und die verbleibenden Kapazitäten bestmöglich zu erhalten. Wichtig ist, alle Risikofaktoren auszuschalten und die Grunderkrankungen so gut wie möglich zu behandeln, beispielsweise mit einer optimalen Einstellung der Blutdruck- und Blutzuckerwerte und einer Umstellung auf nierenfreundliche Medikamente. Zusätzlich kann mit Hilfe einer medikamentösen Therapie die Nierenfunktion angeregt werden. Reicht das nicht mehr aus, dann kommt nur noch eine regelmäßige Dialysebehandlung oder eine Organtransplantation infrage.

Welchen Einfluss hat SARS-CoV-2 auf die Nieren?

Prof. Huber: Zum einen haben wir bereits in der frühen Phase der Corona-Pandemie festgestellt, dass das Virus auch die Niere befällt. Viele Patientinnen und Patienten weisen bereits zu Beginn einer COVID-19-Erkrankung Urinauffälligkeiten auf und bei schweren Verläufen entwickelt sich oft ein akutes Nierenversagen. Daher müssen die Nieren bei COVID-19 Erkrankungen sorgfältig im Blick behalten werden – und Urinuntersuchungen gehören mittlerweile zum Standard. Andererseits haben aber Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen und insbesondere die, die dauerhaft dialysepflichtig sind, erhebliche Risikofaktoren für schwere COVID-19 Erkrankungen; unsere Registerdaten der Deutschen Gesellschaft der Nephrologie zeigen, dass bis zu 20 Prozent der Dialysepatienten an COVID-19 versterben. Daher sollten Dialysepatientinnen und -patienten unbedingt und priorisiert geimpft werden, um einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf zu vermeiden.

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