Audioaufnahmen von Entscheidungsgesprächen in der Geburtsplanung bei Beckenendlage – Evaluation von Akzeptanz, Relevanz und Umsetzbarkeit einer personenzentrierten Intervention (PregAUDIO)

  • Beschreibung
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    Ein „Gespräch zum Mitnehmen“ bei Schwangerschaften mit Beckenendlage

    Worum geht es?

    Bei Schwangerschaften mit Beckenendlage des Fötus wird häufig eine Geburt per Kaiserschnitt geplant, auch wenn es dafür keinen medizinischen Grund gibt und auch eine vaginale Geburt möglich ist. Nicht immer entspricht diese Entscheidung dem Wunsch der Schwangeren. Gefühle von Verunsicherung und Autonomieverlust können die Folge sein. Gemäß S3-Leitlinie zum Kaiserschnitt wird bei Schwangerschaften mit Beckenendlage des Fötus im letzten Schwangerschaftsdrittel ein ärztliches Beratungsgespräch zur gemeinsamen Entscheidungsfindung über die Geburtsplanung empfohlen.

    Um Informationen aus ärztlichen Beratungsgesprächen besser zu erinnern und zu verstehen, können Audioaufnahmen des Gespräches helfen. Die Möglichkeit, die Informationen zuhause erneut in Ruhe und bei Bedarf mit Angehörigen anzuhören, kann gemeinsame Entscheidungsfindung fördern.

    In der einjährigen Pilotstudie PregAUDIO untersuchen wir, was die Entscheidungsfindung zum Geburtsmodus bei Beckenendlage beeinflusst und inwiefern die Bereitstellung von Audioaufnahmen des Entscheidungsgesprächs hilfreich für die Entscheidungsfindung sein kann.

    Die Studie „Audioaufnahmen von Entscheidungsgesprächen in der Geburtsplanung bei Beckenendlage – Evaluation von Akzeptanz, Relevanz und Umsetzbarkeit einer personenzentrierten Intervention“ (PregAUDIO) unter der Leitung von Dr. Anja Lindig ist ein im Rahmen der DFG Nachwuchsakademie gefördertes Projekt mit einer Laufzeit vom 01.03.2024 bis 28.02.2025.

    Weitere Informationen zum Hintergrund:

    Bei rund 5% aller Schwangerschaften liegt im letzten Drittel der Schwangerschaft eine Beckenendlage des Fötus vor [1]. Über eine äußere Wendung des Fötus kann versucht werden, den Fötus zu drehen. Ist dies nicht erfolgreich, kann zwischen einer vaginalen Geburt oder einem Kaiserschnitt abgewogen werden. Unter der Voraussetzung einer adäquaten Risikoabwägung und Qualifikation der Geburtshelfer:innen sind dies gleichwertige und sichere Optionen [2]. Dennoch liegt im Fall einer Beckenendlage des Fötus im letzten Schwangerschaftsdrittel im Vergleich zu anderen Indikationen die Kaiserschnitt-Rate mit 87% (davon 63% geplante Kaiserschnitte) besonders hoch [3].

    Die theoretische Grundlage des Projektes PregAUDIO ist das Konzept der Personenzentrierung. Unter Personenzentrierung wird ein Ansatz verstanden, bei dem die Bedürfnisse von Patient:innen stärker in die Versorgung einbezogen werden [4]. Die gemeinsame Entscheidungsfindung (auch: Partizipative Entscheidungsfindung, engl. shared decision-making) von Patient:innen und Behandler:innen stellt dabei einen wichtigen Teilaspekt dar. Eine Intervention zur Erhöhung der Personenzentrierung ist die Bereitstellung von Audioaufnahmen von ärztlichen Entscheidungsgesprächen. Im internationalen Einsatz haben sich diese bereits in der Gesundheitsversorgung etabliert und konnten positive Effekte erzielen [5,6]. In Bezug auf Schwangerschaften ist dies jedoch kaum untersucht [7]. In Deutschland gibt es bislang nur eine Studie zum Einsatz von Audioaufnahmen bei onkologischen Patient:innen [8].

    Ziele von PregAUDIO:

    • Untersuchung von Akzeptanz, Relevanz und Umsetzbarkeit von Audioaufnahmen von Geburtsplanungsgesprächen bei Beckenendlage im letzten Schwangerschaftsdrittel aus der Sicht von Schwangeren und Ärzt:innen
    • Evaluation der Umsetzung partizipativer Entscheidungsfindung in Entscheidungsgesprächen
    • Untersuchung der Auswirkung der Gespräche auf Entscheidungskonflikte der Schwangeren

    Quellen:
    1. Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG). S3-Leitlinie Die Sectio caesarea. DGGG, editor. AWMF Online; 2020.
    2. Jennewein L, Zander N, Agel L, Pfeifenberger HR, Louwen F. Vaginale Beckenendlagengeburt Für und wider. Dtsch Hebammen Zeitschrift. 2021
    3. Bertelsmann Stiftung. Faktencheck Kaiserschnitt Kaiserschnittgeburten - Entwicklung und regionale Verteilung. 1st ed. Bertelsmann Stiftung; 2012.
    4. Scholl I, Zill JM, Härter M, Dirmaier J. An Integrative Model of Patient-Centeredness – A Systematic Review and Concept Analysis. Wu W-CH, editor. PLoS One. 2014;9.
    5. van Bruinessen IR, Leegwater B, van Dulmen S. When patients take the initiative to audio-record a clinical consultation. Patient Educ Couns. 2017;100:1552–7.
    6. Barr PJ, Bonasia K, Verma K, Dannenberg MD, Yi C, Andrews E, et al. Audio-/videorecording clinic visits for patient’s personal use in the United States: Cross-sectional survey. J Med Internet Res. 2018;20:e11308.
    7. Ivermee C, Yentis SM. Attitudes of postnatal women and maternity staff towards audio recording of consent discussions. Anaesthesia. Blackwell Publishing Ltd; 2019;74:1095–100.
    8. Topf C, Scholl I, Hahlweg P. Patient:innenorientierte Krebsversorgung durch Bereitstellung von Audioaufnahmen des eigenen ärztlichen Gesprächs für Patient:innen – vorläufige Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie. 21 Dtsch Kongress für Versorgungsforsch. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022.
  • Studiendesign pregaudio
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    Studiendesign
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    Die Studie wird an drei Kliniken in Hamburg durchgeführt und nutzt qualitative und quantitative Methoden (sog. Mixed-Methods Ansatz). Sie ist in vier Phasen gegliedert und wird von einem Projektbeirat begleitet.

    PHASE 1:

    • Zusammenstellung eines Projektbeirates aus Geburtshelfenden (Gynäkolog:innen und Hebammen) und Personen mit ausgetragener Beckenendlagenschwangerschaft

    PHASE 2:

    • Audioaufnahmen von ärztlichen Entscheidungsgesprächen in der Geburtenplanung bei Beckenendlage in drei Hamburger Kliniken

    PHASE 3:

    • Einzelinterviews mit den in Phase 2 teilnehmenden Schwangeren und Ärzt:innen
    • Erfassung des Ausmaßes des Entscheidungskonflikts der Schwangeren vor und nach dem Entscheidungsgespräch sowie vor dem Interview

    PHASE 4:

    • Zusammenführung, Auswertung und Diskussion der Ergebnisse aus PHASE 2 und 3 mit dem Projektbeirat
    • Ableitung und Dissemination von Handlungsempfehlungen für die Forschung und Versorgung