08.04.2020        AKTUELLES

Aktuelles zur Corona-Pandemie: Fragen an den Intensivmediziner

Prof. Dr. Stefan Kluge, Direktor der Klinik für Intensivmedizin des Universitätsklinikums Ham-burg-Eppendorf (UKE), beantwortet die wichtigsten Fragen rund um die Themen intensivmedizinische Betreuungskapazität und Auswirkungen der Kontaktsperre.

Über wie viele Beatmungsplätze verfügt das UKE?

Das UKE verfügt über 140 Intensivbetten für Erwachsene und 128 Beatmungsplätze für eine konventionelle Beatmung, mit denen Patientinnen und Patienten mit einer schweren Lungenerkrankung behandelt werden können. Darüber hinaus verfügt das UKE über weitere Geräte für eine extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO), die teilweise oder vollständig die Atemfunktion von Patientinnen und Patienten übernehmen können. Aktuell können 50 zusätzliche Beatmungsplätze betrieben werden.

Wann kommt die angekündigte Welle an Erkrankungen?

Das lässt sich nicht genau sagen. Das UKE rechnet damit, dass die Welle in den nächsten Wochen kommt. Nach neuesten Berechnungen, unter anderem der Kolleginnen und Kollegen der Universität Hamburg, soll der Höhepunkt im Juni erreicht sein.

War die Verlängerung der Kontaktsperre wirklich notwendig?

Die Kontaktsperre ist sinnvoll, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten, wenn plötzlich zu viele Menschen auf einmal an dem neuartigen Corona-Virus erkranken und medizinische Hilfe benötigen. Zugleich muss darüber nachgedacht werden, wie das öffentliche Leben zu einem noch nicht festgelegten Zeitpunkt wieder Schritt für Schritt ermöglicht werden kann.

Gibt es schon erste Erkenntnisse, wie wirksam die Kontaktsperre ist?

Die verhängten Maßnahmen im Kampf gegen eine weitere Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus scheinen erste Wirkungen zu zeigen. Die Ausbreitung wurde verlangsamt. Es wird sich aber erst in den nächsten Tagen zeigen, ob die Fallzahlen langfristig sinken.

Österreich lockert die Kontaktsperre schrittweise. Wann wird das in Deutschland der Fall sein?

Das ist noch nicht absehbar. Ein grober Anhaltspunkt ist die Zeit, in der sich die Zahl der Erkrankten verdoppelt. Diese sollte bei ungefähr zehn Tagen liegen, was in Deutschland inzwischen der Fall ist. Diese Verdopplungszeit kann aber nicht das alleinige Maß sein. Ein weiterer Anhaltspunkt ist auch die sogenannte Reproduktionsrate, die mittlerweile bei 1 liegt. Das heißt, ein Infizierter steckt im Durchschnitt nur noch einen weiteren Menschen an. Wichtig ist auch, dass die Zahl der Neuerkrankungen stabil ist und ungefähr genauso viele Menschen gesund entlassen werden. Um das Gesundheitssystem nicht zu überfordern, müssen zudem die dortigen Kapazitäten berücksichtigt werden.

Wie könnte eine Lockerung der Kontaktsperre erfolgen?

Das ist noch nicht abschließend geklärt und wird nicht vom UKE entschieden. Unter bestimmten Bedingungen könnten zu einem noch nicht festgelegten Zeitpunkt schrittweise Schulen, Geschäfte und Restaurants wieder geöffnet werden. Zudem könnte die Kontaktsperre zunächst in Regionen mit niedrigen Infektionsraten und freien Kapazitäten im Gesundheitssystem gelockert werden. Doch selbst bei einer Lockerung der Kontaktsperre werden Schutzmaßnahmen wie Abstand halten und allgemeine Hygieneregeln weiterhin eingehalten werden müssen.

Wenn Schulen oder Kitas zuerst öffnen, weil Kinder nach derzeitigem Stand keine schweren Krankheitsverläufe zeigen, was ist mit den Lehrern und Erziehern, die zu einer Risikogruppe gehören?

Kinder erkranken nach derzeitigem Stand seltener schwer am neuartigen Corona-Virus. Unklar ist noch, ob sie sich seltener anstecken oder ob die Infektion bei ihnen nur ohne Symptome verläuft. Gleichwohl sind sie keine Risikogruppe, können aber andere Menschen anstecken.

Woran genau sterben COVID-19-Patientinnen und -Patienten?

Bei einem schweren Krankheitsverlauf einer COVID-19-Infektion entwickeln die Patientinnen und Patienten eine Lungenentzündung, in deren Folge die Lunge den Körper immer weniger mit ausreichend Sauerstoff versorgen kann. Werden die Organe nicht mehr mit Sauerstoff versorgt, hören sie auf zu arbeiten und der Mensch stirbt an Organversagen. Studien zeigen, dass COVID-19-Patienten zusätzlich zu den Symptomen einer Atemwegserkrankung eine Blutvergiftung (Sepsis) entwickeln und einen septischen Schock erleiden können.

Bekommt das UKE noch weitere ausländische Patienten?

Das UKE hat Ende März zwei COVID-19-Erkrankte aus Frankreich aufgenommen. Die Aufnahme weiterer Patientinnen und Patienten aus dem Ausland ist im UKE derzeit nicht geplant. Eventuelle Anfragen werden gewissenhaft geprüft.

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