CimTriad
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Kontextuelle Hintergründe des chronischen Gebrauchs von inadäquater Medikation bei älteren Menschen: Eine qualitative Studie mit Ärzten, Patienten und ihren Angehörigen (CimTriad)

Nadine Janis Pohontsch, Frank Jessen*, Steffi Riedel-Heller**, Martin Scherer | *Universitätsklinikum Bonn, **Universitätsklinikum Leipzig

Hintergründe und Ziele

Ältere Menschen werden häufig mit potentiell inadäquater Medikation (PIM) behandelt. PIM zeichnen sich durch ein erhöhtes Risiko aus, durch Neben-/ Wechselwirkungen Schäden hervorzurufen. Inzwischen ist ein steigendes Bewusstsein bezüglich PIM und Arzneimittelwechselwirkungen zu verzeichnen. Verschiedene Institutionen treten mit Hausärzten in Kontakt, um die Anzahl der Verschreibungen von PIM zu verhindern oder zu reduzieren. Trotz dieser Maßnahmen ist die Häufigkeit verschriebener PIM immer noch sehr hoch. Ursache hierfür sind wahrscheinlich bisher unzureichend identifizierte Bedingungsfaktoren, wie Erwartungen, Meinungen, subjektive Kosten-Nutzen-Abwägungen oder Kommunikationsbarrieren sowohl seitens der Ärzte, aber auch seitens der Patienten und Angehörigen. Ziel der Studie ist es diese Hindernisse zu identifizieren, um eine weitere Reduzierung von PIM-Verordnungen zu erreichen und dadurch die Patientensicherheit und Lebensqualität zu verbessern.

Design und Methodik

Es wurden insgesamt 52 HausärztInnen, 52 PatientInnen und 48 Angehörige in zum Großteil triadischen, semi-strukturierten qualitativen Interviews in Hamburg, Bonn und Leipzig befragt. Die Interviews wurden vollständig transkribiert und inhaltsanalytisch von den InterviewerInnen ausgewertet. Ergänzend wurde pro Triade eine zusammenfassende Fallvignette erstellt.

Ergebnisse

Die von den HausärztInnen als potentiell inadäquat für ältere Patienten eingeschätzten Wirkstoffe deckten sich nicht immer mit denen der PRISCUS-Liste, die den befragten HausärztInnen häufig nicht bekannt/präsent war. Die HausärztInnen beschrieben jedoch ihre Kriterien für die Eignung eines Medikaments für hochaltrige Patienten (z.B. veränderter Metabolismus, kognitiver Status) und unterstrichen die Bedeutung von Monitoring.

Es konnten verschreibungs- (z. B. Benzodiazepine auf Privatrezept), medikations- (z. B. subjektive Wahrnehmung der Alternativlosigkeit des PIM, positive Eigenschaften des PIM), hausarzt- (z. B. HausärztIn verlässt sich auf Verschreibungen von Spezialisten, Unwissen über PIM-Einnahme), patienten- (z. B. „fordernde Vielnehmer“, subjektiver Nutzen höher als potentieller Schaden, Abhängigkeit) und systembezogene Faktoren (z.B. Kommunikationsbarrieren zwischen Behandlern) für den (Langzeit-)Gebrauch von PIM identifiziert werden.

Geplante Ergebnisverwertung

Es entstehen 3 wissenschaftliche Publikationen zu den Perspektiven von PatientInnen, HausärztInnen und Angehörigen sowie eine weitere Publikation, die die drei Sichtweisen miteinander zusammenbringt.

Veröffentlichung

Pohontsch NJ, Heser K, Löffler A, Haenisch B, Parker D, Luck T, Riedel-Heller SG, Maier W, Jessen F, Scherer M. (2017)
General practitioners' views on (long-term) prescription and use of problematic and potentially inappropriate medication for oldest-old patients-A qualitative interview study with GPs (CIM-TRIAD study)

Förderer: Bundesministerium für Bildung und Forschung

Laufzeit: April 2014 bis März 2016

Partner: Universitätsklinikum Bonn, Universitätsmedizin Leipzig

Kontakt: Nadine Pohontsch