Wie sicher ist der Mund-Nasen-Schutz?
Dass ein Mund-Nasen-Schutz helfen kann, die Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen, zeigen die sinkenden COVID-19-Zahlen der vergangenen Wochen. Doch wie sicher halten die Masken Tröpfchen und Aerosole wirklich auf und wo sind Verbesserungen möglich und nötig? Diesen Fragen ist ein UKE-Forscherteam um Anästhesistin Dr. Stefanie Beck nachgegangen.
Die Idee zu einer wissenschaftlichen Studie hat Stefanie Beck Ende März, als sich die Situation in Italien immer weiter zuspitzt und in Deutschland die Schulen schließen. „Für die geltenden Empfehlungen, wie wir COVID-19-Patienten für alle am sichersten transportieren und auch behandeln könnten, gab es zu wenige verlässliche Studien“, erzählt die Ärztin aus der Klinik für Anästhesiologie, die auch als Notärztin auf Hamburgs Straßen im Einsatz ist. So würde aktuell etwa davon abgeraten werden, Notfallpatienten ohne Intubation, also ohne einen Beatmungsschlauch einzuführen, zu beatmen – da sich Viren dabei stark verteilen, das Umfeld kontaminiert wird und das Infektionsrisiko trotz persönlicher Schutzausrüstung für das medizinische Personal steigen kann. „Für uns ist das nicht immer einfach zu bewerkstelligen, da wir gerade mit dieser nicht-invasiven Beatmung bei Patienten mit einer gestörten Lungenfunktion häufig sehr gute Erfahrungen machen.“ Um Patienten weiterhin bestmöglich zu versorgen, will Dr. Beck mögliche Schwachstellen von Masken identifizieren, damit Behandlungsempfehlungen zukünftig differenzierter gestaltet werden können.
Tests mit Modellkopf und Lungensimulator
Unterstützung erhält sie von ihren Kolleginnen und Kollegen aus der UKE-Anästhesiologie sowie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Biofluidmechanik der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (0TH) und des Instituts für Medizintechnische Systeme der Technischen Universität Hamburg (TUHH). Für die Studie entwickeln die Forscher in einem ersten Schritt ein Modell, das einen spontan sprechenden und hustenden Patienten simulieren soll. Sie nutzen hierfür einen Atemwegstrainer - eine dem menschlichen Kopf nachempfundene Konstruktion, an der Narkoseärzte normalerweise verschiedene Beatmungssituationen üben.
In den Rachenraum des Modellkopfs schleusen die Ärzte fluoreszierende Partikel ein und vernebeln sie; dann schalten sie den angeschlossenen Lungensimulator an, der ein normales Atemmuster erzeugt. Bei jedem imitierten Atemzug oder Husten stößt der Atemwegstrainer nun Partikel und Aerosole aus, die sich ohne Mundschutz hellgrün schimmernd zunehmend auf dem ganzen Gesicht und Oberkörper verteilen. Es folgen Testungen mit verschiedenen Mundschutzvarianten – mit Ohrschlaufen oder solchen zum Binden. Getestet werden auch verschiedene Beatmungsmasken unter standardisierten Bedingungen, um die Varianten valide vergleichen zu können.
Husten verstärkt Partikelaustritt
Die Wissenschaftler sind überrascht zu sehen, wie viele Partikel vor allem beim Husten an den Rändern des Mundschutzes austreten und bereits nach wenigen Minuten Gesicht, Oberkörper und Kissen des Modellkopfs kontaminiert haben. „Wir wollten demnach versuchen, die Lücke zwischen Haut und Mundschutz zu schließen.“ Mit Pflastern befestigen die Forscher den Mundschutz am Gesicht des Atemtrainers – und erreichen tatsächlich mit dieser einfachen Maßnahme, dass deutlich weniger Partikel austreten. „Spannend war auch zu sehen, wie gut Beatmungsmasken bei einem normal atmenden Patienten abdichten“, so Dr. Beck. Hustet er allerdings, treten deutlich mehr Partikel aus. „Diese Befunde konnten die Kolleginnen und Kollegen aus Regensburg, die mit Aerosolen gearbeitet haben, auch bestätigen. Somit scheint eine nicht-invasive Beatmung mit einer Gesichtsmaske nicht grundsätzlich besser oder schlechter zu sein als die möglichen Alternativen.“ Bei der Entscheidung „dafür“ oder „dagegen“ müssten jeweils verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, so die Anästhesiologin.
Mund-Nasen-Schutz im Test bewährt
„Im Test haben wir gesehen, dass das Tragen eines Mundschutzes eine sehr gute Maßnahme ist, um die austretende Menge an potentiell infektiösen Tröpfchen und deren Reichweite deutlich zu reduzieren.“ Wird durch eine gute Passform und gegebenenfalls weitere Maßnahmen ein enger Kontakt der Maske zur Haut an den Rändern erzielt, dann treten fast keine Partikel mehr aus. „Daher sollten wir auch bei unseren selbstgenähten Masken neben der richtigen Materialauswahl auf einen optimalen Sitz der Maske achten.“
Stefanie Beck und ihr Team hoffen nun, dass die Schlussfolgerungen aus ihren Untersuchungen nach Veröffentlichung der Studie dazu beitragen, Empfehlungen zu differenzieren – um Rettungsdienstpersonal, Notärzte und medizinisches Fachpersonal besser zu schützen und Patienten in Notsituationen bestmöglich behandeln zu können.