Wenn der Sauerstoff knapp wird
Genügend lebensrettende Beatmungsgeräte für alle Patienten, die sie benötigen – das war das Ziel nach dem schnellen Anstieg der COVID-19-Fallzahlen. Die Bemühungen hatten Erfolg: Niemand, der auf ein Beatmungsgerät angewiesen war, musste hierzulande darauf verzichten. Im UKE sorgten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Medizintechnik dafür, dass an den richtigen Betten ausreichend Geräte zur Verfügung standen.
Wochenlang hielt die Angst, dass kein Beatmungsgerät mehr für Patienten mit einem schweren Verlauf der coronabedingten Lungenerkrankung bereitsteht, viele Menschen in ihrem Bann. Schlussendlich kam es in Deutschland nicht zu der Situation, dass Ärztinnen und Ärzte entscheiden mussten, wer beatmet wird und wer nicht. „Panik, dass die Zahl der Geräte bei uns nicht reichen könnte, hatte ich persönlich nie“, sagt Fridjof Stuck, Leitung Medizintechnik der Klinik Logistik & Engineering (KLE) im UKE. Seit Ende Februar befasste er sich, immer in enger Abstimmung mit dem Zentrum für Anästhesie und Intensivmedizin sowie den Kolleginnen und Kollegen der Medizintechnik, mit kaum etwas Anderem mehr als damit, die Zahl der vorgehaltenen Intensivbetten für COVID-19-Patienten zu erhöhen und mit weiterem dringend benötigten Medizinequipment auszustatten.
Um die Beatmungsgeräte, die im UKE normalerweise an unterschiedlichen Stellen stehen, optimal neu zu verteilen und zu nutzen, hat Daniel Krebs aus der KLE-Medizintechnik gemeinsam mit Klinikmitarbeiterinnen und -mitarbeitern verschiedene Systeme und Szenarien entwickelt. „Auch in den Operationssälen stehen an jedem OP-Tisch Narkosegeräte. Diese Maschinen werden normalerweise zwar nicht für längerfristige Beatmungen genutzt, sie wären aber im Notfall dafür einsetzbar“, erläutert er. Außerdem, so Krebs, existierten weitere unterschiedliche Klassen von Beatmungsgeräten: „Neben den Geräten, mit denen eine invasive Beatmung möglich ist, also eine Beatmung über einen Schlauch durch die Luftröhre, gibt es auch noch andere, einfachere Geräte – sogenannte Heimbeatmungsgeräte –, bei denen der Patient die benötigte Unterstützung über eine Maske erhält.“
Kurzfristig weitere Beatmungsgeräte beschaffen
Damit am Bett derjenigen Patienten, die zur Behandlung ihrer Erkrankung lediglich ein solches Heimbeatmungsgerät benötigen, nicht einer der Hochleistungs-Respiratoren die Behandlung eines schwer erkrankten COVID-19-Patienten verhindert, konzipierte Krebs in Abstimmung mit der Klinik für Intensivmedizin die Neuverteilung der Geräte. „Sowohl für die Corona-Fälle mit voraussichtlich langer, komplizierter Beatmungszeit von mehreren Wochen als auch für die sonstigen Patienten, die auf eine respiratorische Unterstützung jeglicher Art angewiesen sind, mussten wir genügend und passende Geräte vorhalten.“
Bei der großen Zahl an erwarteten schweren Corona-Erkrankungen in Hamburg mussten auf jeden Fall kurzfristig weitere Geräte beschafft werden. „Die Herausforderung: Wo bekommt man auf die Schnelle Dutzende von Beatmungsgeräten her?“, verdeutlicht Fridjof Stuck. „Für unseren hoch technologisierten Klinikablauf benötigen wir kompatible Geräte; am besten Gerätelinien, die bereits im Betrieb verwendet werden“, erläutert er weiter. Gerade auf Intensivstationen sind die Geräte, mit denen das UKE normalerweise arbeitet, in den elektronisch gesteuerten Ablauf und die Dokumentation der elektronischen Patientenverwaltung integriert. „Anfang März hieß es von unseren Herstellern: Erst in 20 Wochen können die nächsten Geräte ausgeliefert werden.“ So wurden zunächst weitere Narkose-Beatmungsgeräte gekauft – Wartezeit: „nur“ fünf Wochen. In der damaligen Situation immer noch ein zu langer Zeitraum!
Mit Anbindung an elektronische Patientenakte
Dann schaltete sich das Bundesministerium für Gesundheit in die Beschaffung der Geräte ein, listete verschiedene Angebote. „Zunächst wurden hauptsächlich Heimbeatmungsgeräte angeboten, später auch die wichtigen Intensiv-Respiratoren“, so Stuck. „Wir brauchten eigentlich Beatmungsgeräte mit Anbindung an unsere elektronische Patientenakte, auf die unsere Kolleginnen und Kollegen vor Ort geschult sind und wir das Verbrauchsmaterial vorrätig haben.“ Potenziell den hohen Gerätebedarf decken und Geräte kaufen, die das UKE auch nach der Pandemie sinnvoll einsetzen kann – diese beiden Ziele habe er bei den Käufen im Blick gehabt, berichtet Stuck. „Mit dem Ergebnis, das wir nun einige Geräte haben, die eigentlich nicht so recht zu unserem sonstigen Versorgungssystem passen!“ Aber das, sagt der Medizintechniker, sei auf jeden Fall besser, „als wenn wir uns hätten Vorwürfe machen müssen, Beatmungskapazitäten, die möglich gewesen wären, nicht bereitgestellt zu haben.“
In den kommenden Wochen, so hofft er, ist eventuell noch ein Tausch einiger Geräte mit anderen Hamburger Kliniken möglich. „Das Wichtigste ist: Die Beatmungskapazitäten haben gereicht.“