Drei Generationen, ein Beruf

1960 hatte Maren Kretschmer ihre Ausbildung zur „Kinderkrankenschwester“, wie es damals hieß, begonnen. 30 Jahre später startete Tochter Katharina mit demselben Berufsziel; und Enkelin Sophia absolviert derzeit eine Ausbildung zur Pflegefachfrau mit Vertiefung Pädiatrie – allesamt im UKE.

Die Arbeit mit Menschen lag Katharina Kretschmer am Herzen

Dass alle drei im UKE gelandet sind, sei kein Zufall, da sind sich die Kretschmer-Frauen einig. „Wir haben alle eine soziale Ader und arbeiten gern mit Menschen“, bringt es die 59-jährige Katharina auf den Punkt. Trotz dieser Übereinstimmung gehen die individuellen Gründe für die Berufswahl Pflege auseinander: Katharina wollte nach dem Abitur Medizin studieren, meisterte den Eingangstest, „aber ich war völlig raus aus dem Lernen“. Auch das Sezieren sei ihr schwergefallen. Daher entschied sie sich nach wenigen Semestern für die Ausbildung im UKE. Ganz anders die Motivation ihrer 23-jährigen Tochter Sophia. Nach langjähriger Behandlung einer Leukämieerkrankung in der Kinderonkologie stand für sie bereits als Achtjährige fest: „Wenn ich mal groß bin, werde ich Kinderkrankenschwester im UKE.“ Inzwischen im dritten Ausbildungsjahr sagt sie: „Ich habe sehr gute Erfahrungen im UKE gesammelt, davon möchte ich jetzt etwas zurückgeben.“


Schon damals umfassende und praktische Ausbildung

Ihre 81-jährige Großmutter hatte nach dem Realschulabschluss das Hotelfach im Visier. Doch das elterliche Budget reichte für tägliche Bahnfahrten aus dem Heimatort Brunsbüttelkoog zur Hotelfachschule in Hamburg nicht aus.

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Maren Kretschmer (2.v.r.) 1959 mit ihren Mitschülerinnen

So entschied sich Maren für die Pflegeausbildung: Es gab Lehrgeld, sie konnte günstig im Wohnheim leben. Ob Aufnahme, Kinder-, Säuglings-, Infektions-, Isolier- oder Wöchnerinnenstation oder der eine Tag Berufsschule pro Woche – die Ausbildung sei umfassend und praktisch gewesen. Sie erzählt, wie die Babys „durch die Wanne gezogen“ und die Mütter „gelurt“, also in ein Bauchband gewickelt, wurden. Und die Väter? „Die durften ihre Kinder durch die Trennscheibe anschauen“, lacht sie. Manchmal begleitete sie ärztliches Personal beim „Milchsammeln“ in den Grindelhochhäusern, wo stillende Mütter ihre überschüssige Milch Frühgeborenen zur Verfügung stellten. Nach der Geburt von Tochter Katharina 1963 gab Maren das Baby in private Betreuung, um ihre Ausbildung beenden zu können. Im Anschluss verließ sie das UKE, bekam zwei weitere Kinder und arbeitete bis zur Rente für Kinder- und Jugendheime.


Im UKE gut aufgehoben gefühlt

„Die Geschichte meiner Mutter hat sich bei mir gewissermaßen wiederholt“, erzählt Katharina, die ihre Ausbildung 1990 abschloss, übernommen und kurz darauf mit ihrer ersten Tochter schwanger wurde. „Von da an durfte ich nur noch in der Milchküche arbeiten, das war zu meinem Schutz, aber ich fühlte mich schon ein bisschen degradiert.“ Auch sie bekam zwei weitere Kinder. Als Tochter Sophia mit zwei Jahren eine gelbliche Gesichtsfarbe entwickelte, an Kraft und Gewicht verlor und im UKE ärztlich untersucht wurde, stellte sich heraus: Sophia sollte mit den Eltern auf die K1 kommen. „Da bin ich innerlich zusammengebrochen. Ich wusste genau: Das ist die Kinderonkologie. Mein kleines Mädchen hat Leukämie!“ Noch heute kommen ihr die Tränen, wenn sie an diesen Moment zurückdenkt.

Während der Chemotherapie-Phasen begleitete Katharina Sophia Tag und Nacht auf der Station, Oma Maren kümmerte sich währenddessen um die beiden älteren Enkelkinder. „Als betreuende Mutter habe ich mich im UKE sehr gut aufgehoben gefühlt, es war eine familiäre Atmosphäre“, erinnert sich Katharina. Gerade hatte sie beschlossen, wieder im UKE anzufangen zu arbeiten, als bei der inzwischen sechsjährigen Sophia der Blutkrebs zurückkehrte. Sie brauchte eine Knochenmarktransplantation und musste erneut viele Wochen im UKE verbringen. Mutter und Großmutter wechselten sich ab, sodass das Mädchen nie allein war. Katharina kündigte schließlich ihren Arbeitsvertrag im UKE und arbeitet seitdem in der ambulanten Pflege.

Die drei Frauen fühlen sich eng verbunden, sie treffen sich regelmäßig bei der Großmutter. Sophia schaut oft nach ihrem Unterricht zum Mittagessen vorbei: „Meine Oma musste damals nach der Berufsschule direkt wieder arbeiten, sogar nach den Nachtdiensten. Da haben wir es doch deutlich besser“, findet sie. „Die Ausbildung heute ist sehr anspruchsvoll, viele Themen, viel Theorie“, erklärt Maren, die sehr stolz auf die Enkelin ist. Themen wie Kommunikation seien wichtig, meint Katharina. „Das hätten wir früher auch gut gebrauchen können.“

Text: Ingrid Kupczik, Fotos: Axel Kirchhof und privat