Analatresie / anorektale Malformation


Was ist eine Analatresie / anorektale Malformation?

Der Begriff “Anorektale Malformationen” umfasst angeborene Fehlbildungen des Afters (Anus) und des Enddarms (Rektum). Diese bilden ein großes Spektrum von Erkrankungen, die sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen auftreten. Etwa eines von 4000 Kindern wird mit einer anorektalen Malformation geboren (Springford et al. Dis Colon Rektum 2016). Jungen sind etwas häufiger betroffen als Mädchen.

Eine Ursache ist bisher nicht bekannt. Genetische wie auch andere Faktoren können der Auslöser für die Erkrankung sein. Begleitfehlbildungen finden sich bei 50 bis 60 Prozent der betroffenen Kinder.

Meist betrifft dies den Harntrakt, das Herz und den Magen-Darm-Trakt. Die Ausprägung der Erkrankung zeigt eine große Variationsbreite. Bei gering ausgeprägten Formen (z.B. perineale Fistel) ist mit einer begrenzten operativen Korrektur und einer sehr guten Funktion zu rechnen. Bei komplexen Formen (wie kloakalen Fehlbildungen) ist eine umfassende und nachhaltige Anbindung notwendig, die über die eigentliche Operation hinausgeht und daher von spezialisierten Zentren, wie in unserer Klinik, übernommen werden sollte.

Bei Jungen mit einer anorektalen Malformation werden folgende Formen unterschieden:

  • Analatresie ohne Fistel (Dickdarm endet blind)
  • Anteropositio Anus (Fistel mündet etwas weiter vorn als normalerweise, dabei häufig zum Teil im Schließmuskel)
  • Rektoperineale Fistel (Fistel mündet in die Haut des Damm-Bereiches)
  • Rektouethrale Fistel (Fistel mündet in unteren oder oberen Anteil der Harnöhre)
  • Blasenhalsfistel (10 Prozent der Fälle)

Die häufigste Form bei Jungen ist die rektourethrale Fistel.


Bei Mädchen werden folgende Formen unterschieden:

  • Analatresie ohne Fistel (Dickdarm endet blind)
  • Anteropositio Anus (Fistel mündet etwas weiter vorn als normalerweise, häufig zum Teil im Schließmuskel)
  • Rektoperineale Fistel (Fistel mündet in die Haut des Damm-Bereiches)
  • Rektovestibuläre Fistel (Fistel mündet in den Scheidenvorhof)
  • Kloake (Darm, Scheide und Harnröhre münden in einen gemeinsamen Kanal (Common Channel). Ab einer Länge von 3 cm spricht man von einem Long Common Channel.

Die häufigste Variante bei Mädchen ist die rektovestibuläre Fistel.


Kann man eine Analatresie bereits in der Schwangerschaft erkennen?

Eine Analatresie ohne weitere Fehlbildungen wird nur selten während der Schwangerschaft erkannt. Bei ausgeprägten Befunden oder kloakalen Fehlbildungen kann aufgrund von Veränderungen des Harntraktes oder des äußeren Genitals eine Analatresie vermutet werden, in seltenen Fällen wird auch eine isolierte Analatresie pränatal erkannt.


Wie diagnostiziert man eine Analatresie?

Nach der Geburt fallen die Kinder durch eine fehlende anale Öffnung und ggf. eine Fistel, einen zusätzlichen Verbindungsgang, auf. Gelegentlich entleert sich Mekonium (Kindspech) und später Stuhl über die Harnröhre oder Vagina.

Um Begleitfehlbildungen zu diagnostizieren, erfolgt eine Ultraschalluntersuchung des Bauchraums, der Nieren und der Harnwege, des Rückenmarks sowie des Herzens.


Wie ist die Therapie einer Analatresie anorektale Malformation?

Die operative Therapie besteht im Verschluss der Fistel sowie der Rekonstruktion einer Analöffnung im Zentrum der Schließmuskulatur (sogenannte Durchzugsoperation). Die Planung der operativen Korrektur richtet sich hierbei nach dem Vorhandensein einer Fistel. Bei perinealen und vestibulären bzw. rektourethralen Fisteln erfolgt die primäre Korrektur der anorektalen Fehlbildung (Posteriore Sagittale Anorektale Plastik, PSARP) ohne einen künstlichen Darmausgang.

Bei den übrigen Formen wird zunächst ein künstlicher Darmausgang angelegt und nach zwei bis drei Monaten die definitive Korrektur durchgeführt. Bei der sogenannten PSARP wird zunächst mithilfe eines Stimulators die Lokalisation des Schließmuskels identifiziert. Mit einer Schnittführung genau in der Mittellinie werden die Nerven geschont. Der Enddarm wird dargestellt, ggf. vom Urogenitaltrakt getrennt, mobilisiert und so weit durchgezogen, dass er am Damm in das Zentrum des Schließmuskels und der Analhaut (Anoderm) eingenäht werden kann.

Bei Formen mit einer Blasenhalsfistel kann in einigen Fällen ein laparoskopisch-assistierter Eingriff sinnvoll sein. Die minimalinvasive Technik ist in der Regel schonender als ein offener Eingriff. Sollte ein künstlicher Darmausgang angelegt worden sein, wird dieses in einer abschließenden Operation nach sechs bis acht Wochen Verlauf verschlossen und die Darmkontinuität wiederhergestellt. Für die Durchzugsoperation muss ein stationärer Aufenthalt von etwa fünf Tagen eingeplant werden.


Wie ist die Prognose einer Analatresie / anorektalen Malformation?

Neben der Qualität der operativen Versorgung bestimmt die Qualität der postoperativen Nachsorge das Langzeitergebnis der korrigierten anorektalen Fehlbildung. In einigen Fällen wird in den ersten Wochen nach der Korrektur der neu geschaffene After durch das regelmäßige Einführen eines Metallstabs (Hegar-Stift) ausreichend weit gehalten. Der Durchmesser bzw. Größen der Hegar-Stifte werden über mehrere Wochen so lange erhöht, bis die durchschnittliche Aftergröße eines gleichaltrigen, gesunden Kindes erreicht ist.

Wenn der neugeschaffene Anus keine Tendenz zur Engstelle aufweist, verzichten wir selbstverständlich auf die Bougierungstherapie.

In unser Nachsorgesprechstunde begleiten wir unsere Patient:innen regelmäßig; z.B. durch spezialisierte Stomatherapeuten bei der Pflege eines künstlichen Darmausganges. Dies ermöglicht uns eine individuelle Langzeitbetreuung der betroffenen Kinder und ihrer Eltern.

Anfangs sind die Nachsorgetermine engmaschig. Bei einem guten Verlauf können die Nachuntersuchungen später auf monatliche bis jährliche Vorstellungen gestreckt werden. Bei komplexeren Formen empfehlen wir eine zusätzliche Anbindung an eine Selbsthilfegruppe, z.B. SOMA e.v.