Meine ghanaischen Wurzeln haben mein Interesse an Infektions- und Tropenmedizin sicher früh geprägt. Während meines Medizinstudiums in Frankreich ergab sich für mich ich die Gelegenheit, ein sehr prägendes Praktikum im Bereich HIV/AIDS zu absolvieren. Diese Erfahrung weckte mein Interesse für die spannende Welt der wissenschaftlichen Arbeit und speziell an diesem Fachgebiet, die dann mit einer Doktorarbeit in diesem Feld an der Universität Lausanne in der Schweiz begann.
Nein, tatsächlich war das ursprünglich nicht mein Plan. Als Jugendliche, die immer sehr aktiv in der Jugendarbeit war, war mein initialer Plan Kinderärztin zu werden und später interessierte ich mich für die Gynäkologie. Zur Inneren Medizin und Infektiologie habe ich dann tatsächlich erst über das wissenschaftliche Arbeiten und meine Passion für die HIV- Medizin gefunden. Da es in meiner Familie und in meinem Umfeld keine Professor:innen gab, hatte ich eine akademische Laufbahn zunächst tatsächlich nie in Erwägung gezogen. In diesem Sinne ist meine berufliche Laufbahn daher auch nicht im strikte Sinne „geradlinig“ verlaufen.
Ich arbeite sehr gerne wissenschaftlich und begeistere mich immer wieder für die Forschung und das damit verbundene „Lifelong learning“. Für mich fühlt sich Forschung oft an, wie erste Schritte auf neuem Schnee zu gehen. Zudem liegt mir die Förderung und Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses sehr am Herzen. Meine Arbeit in der Wissenschaft, Lehre und Patient:innenversorgung ist darüber hinaus sehr vielfältig, bunt und facettenreich, das ist ein wirkliches Privileg.
Ich schätze die Zusammenarbeit in internationalen Teams sowie den transdisziplinären Austausch und die Arbeit in Netzwerken. Diese interaktive Dynamik bereichert meine Tätigkeit sehr. Gerade jetzt erlebe ich das wieder hautnah durch den Start des neuen Sonderforschungsbereich 1648 „Emerging Viruses: Pathogenesis, Structure, Immunity“ der im Oktober 2024 gestartet ist.
Ich vermisse oft die Zeit für mehr kreatives Arbeiten, da Bürokratie und administrative Aufgaben doch viele meiner Kapazitäten beanspruchen. Auch die Vielzahl an Online-Meetings und (zu) viele „Deadlines“ sind manchmal eine Herausforderung.
Gerade als meine Kinder noch klein waren gab es oft Herausforderungen und schwierige Tage, an denen ich auch mal entmutigt war und das Gefühl hatte weder Familie und Partner, noch Job gerecht zu werden. In dieser Zeit haben mir meine beruflichen und sozialen Netzwerke, die ich aufgebaut hatte, und Mentoren sehr dabei geholfen, diese Phasen durchzustehen. Daneben halfen und helfen mir auch heute noch Optimismus, eine Prise Gelassenheit und eine gute Portion Humor.
Mein Team versucht Immunantworten gegenüber viralen Erregern und Impfstoffen besser zu verstehen, um Therapien und Präventionsstrategien zu verbessern.
Nein, das muss man – auch aus eigener Erfahrung gesehen – nicht. Bei mir war das eher Zufall, überhaupt nicht strategisch geplant und auch in meiner Familie hatte zuvor keine/r diesen akademischen Weg eingeschlagen. Wichtig war für mich, etwas zu finden, das mich wirklich fasziniert und begeistert. Und dann sollte man offen und manchmal vielleicht auch ein wenig mutig sein, sich auf Chancen, die sich oft auch spontan ergeben, einzulassen. Man hat darüber hinaus selbst in der Hand, sich zu informieren, Unterstützung zu suchen, angebotene Karriereprogramme wahrzunehmen. „Chance favors the prepared mind“- Louis Pasteur.
Es gibt zahlreiche Lebens- und Karriereentwürfe - die wenigsten folgen einem klassischen Muster und viele sind sehr bunt.
Die klinische Facharztausbildung, die ich zu großen Teilen in den USA absolviert habe war mit Kleinkindern schon eine Herausforderung und dort auch nicht in Teilzeit möglich. In dieser Zeit hat mein Mann, der im Forschungsbetrieb etwas mehr Flexibität hatte, viel der Kinderbetreuung übernommen und wir hatten zusätzlich Unterstützung. In dieser Zeit habe ich von meiner „ WORKING MOMS GROUP“, in der man sich mit den Kindern regelmäßig getroffen hat, viel Unterstützung erfahren und hilfreiche Tips erhalten. Auch mein Mentor Bruce Walker, ein erfolgreicher clinician scientist mit zwei Kindern, hat das Motto „Family first“ immer sehr authentisch vorgelebt und unterstützt. Das ist für mich auch heute noch mein eigener wichtiger Kompass. In der Forschung tätig zu sein ließ und lässt mir im Vergleich zu klinischen Tätigkeiten in Vollzeit etwas mehr Freiräume, den Alltag flexibler zu gestalten. In jedem Beruf ist jedoch eine persönliche Priorisierung gemäss der eigenen „core values“ wichtig, die man kontinuierlich aktiv gestalten muss, um eine gute Work-Life-Balance zu finden.
Dennoch sind wir als Institution gefragt, die strukturellen Bedingungen zu schaffen, um das für alle Arbeitnehmer:innen möglich zu machen. Da ist sicher noch Luft nach oben :-)
Es gab viele besondere Momente - groß und klein, für die ich sehr dankbar bin. Klinisch und wissenschaftlich schaue ich besonders gerne auf unseren Beitrag zum ersten zugelassenen Ebolaimpfstoff ( doi: 10.1056/NEJMoa1502924) und die Betreuung des Ebolapatienten in unserer UKE Isolierstation 2014 (doi: 10.1056/NEJMoa1411677) zurück. Das waren ganz besondere und erfolgreiche Teamerlebnisse und -leistungen.
Ein anderer besonderer und überraschender Moment war sicherlich die Ernennung zur Ehrenschleusenwärterin in 2022. Diese Auszeichnung ist eine spezielle Hamburger Ehrung, die ich im Kreise meiner Liebsten feiern durfte. Als ich hierfür ausgewählt wurde hatte ich tatsächlich das Gefühl, so richtig in Hamburg angekommen zu sein.
Vor allem während meiner 14-jährigen Tätigkeit in den USA habe ich an Unterstützungsprogrammen der Gleichstellung teilgenommen. Mentoring und Netzwerktreffen, sowohl formelle wie auch informelle, waren sehr wertvoll. Auch Resilienztraining habe ich als sehr hilfreich erlebt und ich nehme auch jetzt regelmäßig an Leitungscoachingangeboten teil.
Inspiriert hat mich auf meinem Weg insbesondere einer meiner Mentoren, Bruce D. Walker. Er ist ein Pionier der kollaborativen Translationsforschung und war immer grosszügig im Austausch und Teilen von Forschungsdaten und -ideen. Er begegnet allen Menschen auf Augenhöhe und sein Optimismus, seine Leidenschaft und Begeisterung für Forschung sind noch immer ansteckend. Auch meinem Mentor und Freund Jürgen Rockstroh bin ich dankbar für die immer wohlwollende Unterstützung, das offene Ohr, die vielen Unterstützungsbriefe (oft „last-minute requests“), den Zuspruch und Rat über den gesamten Weg meiner Karriere (von der ersten AiP Stelle bis heute).
Ich möchte mit dem Institut für Infektionsforschung und Impfstoffentwicklung (IIRVD) weiter an relevanten wissenschaftlichen Fragen im Bereich der Infektionsmedizin forschen und mich für die Ausbildung der nächsten Generation von Wissenschaftler:innen, insbesondere von „clinican scientists“ einsetzen. Außerdem ist es mir wichtig, weiterhin aktiv zur Gleichstellung beizutragen und den Anteil an Frauen in Leitungspositionen zu erhöhen. Für mich persönlich ist ein Ziel und ein wenig meine Leidenschaft in Anlehnung an Michelangelos Satz „Ancora imparo“ (ital., Ich lerne noch): Lifelong learning und neugierig bleiben.
Finden Sie etwas, was sie begeistert und die Neugierde in Ihnen weckt. Verfolgen Sie dann mutig den Weg, den Sie gehen möchten und bleiben Sie sich und Ihren Werten treu. Bilden Sie Netzwerke und finden Sie Mentor:innen, die in den vulnerablen Phasen des Lebens Stabilität bieten und unterstützen können.
Mich persönlich sprechen auch heute die „3 A’s of Awesome: Attitude, Awareness, Authenticity“ immer noch an (empfehlenswerter TED Talk/Buch von Neil Pasricha):
Attitude (Einstellung) – Eine positive Haltung einzunehmen, selbst in schwierigen Zeiten. Es geht um Resilienz und darum, das Gute im Leben zu erkennen.
Awareness (Achtsamkeit) – Im Moment zu leben und die kleinen Freuden des Alltags wahrzunehmen. Es geht um Bewusstheit und Wertschätzung des Augenblicks.
Authenticity (Authentizität) – Sich selbst treu zu bleiben, zu akzeptieren, wer man ist, und nicht zu leben, um es anderen recht zu machen.
1998
Promotion Universität Bonn (magna cum laude)
2007
Fachärztin für Innere Medizin
2009
Fachärztin für Infektiologie
2010
Assistant Professor of Medicine, Harvard Medical School, Boston, US
2013-2017
Universitätsprofessur für Emerging Infections (W2, DZIF), UKE
Seit 2017
Professorin für Innere Medizin (W3 - Infectious Diseases), UKE
Seit 2022
Gründungsdirektorin des Instituts für Infektionsforschung und Impfstoffentwicklung (IIRVD)