Schwerpunktbereich Gerontoanästhesiologie

Derzeit führen wir ca. 20.000 Narkosen bei Patienten mit einem Lebensalter von über 60 Jahren durch und gehören damit zu einer der größten anästhesiologischen Zentren für diese Patientengruppe innerhalb Deutschlands.

Um die Narkose für ältere Patienten möglichst sicher zu gestalten, gründeten wir die Spezialabteilung für Gerontoanästhesilogie. In dieser erarbeiteten wir als hochspezialisiertes Team für jeden einzelnen Patienten maßgeschneiderte Diagnose- und Behandlungskonzepte.
Diese beziehen nicht nur die Phasen während sondern auch vor und nach der Operation ein, und zwar als ein aufeinander abgestimmtes und umfassendes perioperatives Gesamtkonzept:

Bereits im Vorfelde zielen wir auf alle mit dem Älterwerden einhergehenden Risikofaktoren ab mit dem Vorsatz, das OP-Risiko durch entsprechende Voruntersuchungen und Ergreifen von geeigneten Therapiemaßnahmen zu minimieren.
Während der Operation sorgt der Einsatz modernster Technik aber auch die Spezialkompetenz unserer Mitarbeiter für größtmögliche Sicherheit älterer Patienten.
Nach der Operation haben wir die Möglichkeit, Risikopatienten für 24 Stunden in unserem Aufwachraum weiter intensivmedizinisch zu betreuen.

In dieser Zeit können wir nicht nur Komplikationen schnellstmöglich erkennen und therapieren sondern zur Beschleunigung der Wiedergenesung erste Rehabilitationssmaßnahmen einleiten, welche unter anderem auch eine individuelle und optimale Schmerztherapie in Kooperation mit unserem postoperativen Schmerzdienst beinhaltet. Im Rahmen des speziell für ältere Patienten ausgerichtete Behandlungskonzepts gehen wir auch auf alle individuellen Bedürfnisse und Wünsche unserer älteren Patienten ein und sorgen dafür, dass unsere Ziele auch die unserer Patienten sind. Selbstverständlich ziehen wir hier auch Angehörige mit ein. Wichtig ist uns vor allem die Würde der Patienten.

Während des gesamten Behandlungsprozesses kümmern wir uns persönlich um Sie. Wir werden Sie nicht alleine lassen und sind immer für Sie da.

Am 1.1.2013 wurde am Zentrum für Anästhesiologie und Intensivmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf deutschlandweit die erste und bislang einzige Professur für Gerontoanästhesiologie (Narkose bei älteren Patienten), nämlich die Dr. Günther Buch-Stiftungsprofessur, welche durch die Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung finanziert wird, eingerichtet.

Hiermit verbunden ist der ausdrückliche Auftrag, die perioperative Betreuung und Behandlung unserer älteren Patienten während der Narkose, in der Intensiv- und Schmerztherapie auf höchstem Niveau zu gewährleisten sowie durch Forschung kontinuierlich weiter zu entwickeln. So wurden im Rahmen dieser Professur die oben genannten Diagnose und Behandlungskonzepte unter Berücksichtigung aktuellster Forschung erarbeitet. Um die anästhesiologische Behandlung älterer Patienten kontinuierlich zu verbessern und weiterhin eine Spitzenmedizin zu gewährleisten, haben wir darüber hinaus folgende Programme initiiert:

  • Eine Expertengruppe überarbeitet die Behandlungskonzepte regelmäßig unter Einbeziehung eigener Erfahrungen verbunden mit neuer und unter anderem auch eigener Forschung.
  • Dieses erarbeitete Wissen wird im Rahmen von regelmäßigen Schulungen unseren Mitarbeiter weitergegeben.
  • Wir etablierten ein Patienten-Informationssystem, welches uns ermöglicht, den Krankenverlauf und die Auswirkung der Narkose auf diesen im Sinne eines echten Qualitätsmanagement zu erfassen. Der hieraus gewonnene Erkenntnisgewinn fließt in die o.g. Expertengruppe mit ein.
Die im Rahmen der Professur für Gerontoanästhesiologie initiierten klinische sowie Grundlagen- Forschungsschwerpunkte sind unter anderem folgende:

Einfluss von Narkose auf die Entstehung der postoperativen kognitiven Dysfunktion (POCD).

Einfluss von Narkose auf die Entstehung das postoperative Delir.

Die Rolle der Depression bei der Entstehung der POCD

Mechanismen zur neurotoxischen Wirkung von Anästhetika

Untersuchung der Mechanismen bei der Lungenentzündung

Antiinflammatorische Therapien bei der Lungenentzündung und Sepsis

  • Das OP- bzw. Narkoserisiko steigt mit dem Lebensalter. Gefürchtet sind vor allem der körperliche Abbau sowie kardiale (vom Herzen ausgehend), respiratorische (von der Lunge ausgehend) und neurologische (vom Hirn ausgehend) Komplikationen, die alle mit dem Alter zunehmen.

    Gerechtfertigte sorgenvolle Fragen älterer zu operierender Patienten sind unter anderem:
    Wird meine körperliche Konstitution nach einer Operation/Narkose möglichst der vorherigen entsprechen?
    Kann ich im Anschluss an die Operation/Narkose in meine gewohnte häusliche Umgebung zurückkehren?
    Wird mein krankes Herz die Operation/Narkose gut tolerieren?
    Wird eine Lungenentzündung meinen Krankenhausverlauf verlängern?
    Und wird meine geistige Verfassung nach der Operation/Narkose so sein wie vorher?

    Die Ursachen, die den Genesungsprozess bei älteren Patienten nach einer Operation/Narkose ungünstig beeinflussen, sind vielfältig, äußerst komplex und zum großen Teil noch gar nicht richtig verstanden. Um den Genesungsprozess beim älteren Patienten günstig zu beeinflussen, reicht es sicherlich nicht, an einzelnen Stellschräubchen zu drehen. Vielmehr ist es zwingend notwendig, alle Faktoren, die Einfluss auf den Genesungsprozess nehmen, zu berücksichtigen und davon abhängig ein für jeden einzelnen Patienten spezielles Therapiekonzept zu entwickeln, welches alle drei Phasen der Operation einbezieht, nämlich die vor, während und nach einer Operation.

    Diese komplexe Aufgabe benötigt eine Spezialisierung des Teams, welche durch die Schaffung des Schwerpunktbereich Gerontoanästhesiologie erzielt wurde.

  • Die Outcome-Parameter Mortalität, Lebensqualität, Krankenhausverweildauer sowie Entlassung in die häusliche Umgebung können beim älteren zu operierenden Patienten positiv beeinflusst werden durch Optimierung des postoperativen Funktionellen Status sowie durch Prävention bzw. frühzeitiger Therapie der v.a. kardiovaskulären, pulmonalen und damit verbunden auch infektiologischen sowie neurologischen Ursachen der Outcome-Verschlechterung.
    Hierzu müssen die jeweiligen prä-, intra-, und postoperativen Risikofaktoren frühzeitig, systematisch und konsequent erkannt und die entsprechenden spezifischen Präventions- bzw. Therapiemaßnahmen umgesetzt werden.
    Entscheidend hierbei ist, dass alle 3 OP-Phasen als Einheit verstanden und im Sinne eines auf jeden einzelnen Patienten abgestimmten perioperativen Gesamtkonzepts zusammengefasst werden. Die präoperativen Risikofaktoren werden bei uns in der Prämedikationsambulanz erkannt. Hier achten wir auf den funktionalen Status, zu dem die Gebrechlichkeit sowie der Ernährungszustand gehören.

    Alles berücksichtigend entwickeln wir einerseits die Therapie, um den älteren Patienten bestmöglich auf die Operation vorzubereiten, und andererseits das Konzept für die Narkose und den postoperativen Verlauf, welches darauf abzielt, den Genesungsprozess möglichst günstig zu beeinflussen. Dabei wird darauf geachtet, dass der Patient die Tragweite des erarbeiteten Behandlungskonzepts bzw. das mit der Operation/Narkose verbundene Risiko versteht. Sehr gerne binden wir bei diesem Gespräch auch Angehörige mit ein. Wichtig ist uns, dass unsere Ziele auch die der Patienten und ihrer Angehörigen sind.

    Das in der Prämedikationsambulanz für jeden individuellen Patienten erarbeitete Therapiekonzept wird dann während der Operation umgesetzt bzw. fortgeführt. Hier achten wir besonders darauf, dass bei älteren Patienten vor allem Teil- anstelle von Vollnarkosen durchgeführt werden, natürlich nur in Absprachen mit den betroffenen Patienten. Sollte eine Vollnarkose erforderlich sein, wird auf wichtige Parameter geachtet, wie z.B. Narkosetiefe, Einhaltung von normalen Werten der Körpertemperatur, des endtidalen CO2, des Blutdrucks, etc..

    Als ein Beispiel für entsprechende Maßnahmen während der Operation sei die aktive Wärmung erklärt. Diese ist von Bedeutung, da ältere Patienten auf Grund ihrer in Vergleich zu jüngeren Patienten geringeren Stoffwechselaktivität weniger Wärme produzieren und somit in Narkose schneller auskühlen. Die Auskühlung jedoch führt zu einer erhöhten Rate an Wundinfektionen und Lungenentzündungen.

    Besonderen Wert legen wir auch auf die sogenannte Regionalanästhesie mittels Katheterverfahren. Diese ermöglichen es, Narkotika und Schmerzmedikamente während und nach der Operation einzusparen und somit das Risiko für z.B. das Delir zu reduzieren.
    Ein weiterer Vorteil dieser Form der Schmerztherapie ist die Möglichkeit der frühen Mobilisation nach dem operativen Eingriff. Diese ist vor allem beim älteren Patienten wichtig, um einerseits das Risiko der gefürchteten Lungenentzündung zu minimieren, aber auch den präoperativen funktionellen Status möglichst aufrechtzuerhalten.

    Mittlerweile ist die PACU24 in Betrieb. Diese ist unser Aufwachraum, in dem wir frisch operierte Patienten 24 Stunden lang intensiv überwachen können. Dieser ermöglicht es uns, das auf den jeweiligen Patienten zugeschnittenen Therapiekonzept zur Verbesserung des Outcomes auf die postoperative Phase auszudehnen und in der anästhesiologischen Obhut zu lassen.

    Perioperatives Konzept zur Verbesserung des Outcomes
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    Outcomes

    Perioperatives Konzept zur Verbesserung des Outcomes

  • Kardiale Ursachen, die zur Outcome-Verschlechterung nach einer Operation/Narkose führen, sind z.B. Herzinfarkt, kardiale Dekompensation (akute Herzschwäche) oder Rhythmusstörungen. Die Outcome-Verschlechterung äußert sich u.a. in einer erhöhten Morbidität, Krankenhausverweildauer und/oder perioperativen Mortalität. Risikofaktoren für die kardialen Ursachen der Outcome-Verschlechterung sind kardiale Vorerkrankungen (wie z.B. koronare Herzkrankheit), zerebrovaskuläre Erkrankungen, Hochrisiko-Operationen, insulinpflichtiger Diabetes mellitus und die Niereninsuffizienz. Kardiale Begleiterkrankungen nehmen mit dem Alter zu müssen daher gerade bei älteren zu operierenden Patienten zwingend präoperativ erkannt und entsprechend der gültigen Leitlinien optimal therapiert werden. Diese Vorgehensweise ist in unserer Prämedikationsambulanz selbstverständlich.

  • Traditionell wird der kardialen Risikoeinschätzung mehr Aufmerksamkeit entgegen gebracht. Allerdings haben pulmonale Ursachen für eine Outcome-Verschlechterung mindestens eine ebenbürtige Bedeutung. Es konnte gezeigt werden, dass nach elektiven abdominellen Eingriffen pulmonale Komplikationen eher auftraten als kardiale und mit einem längeren Krankenhausaufenthalt assoziiert waren. Die pulmonale Komplikationsrate ist dabei altersabhängig und somit v.a. bei älteren zu operierenden Patienten relevant. Präoperative Risikofaktoren für die pulmonalen Ursachen der Outcome-Verschlechterung sind ASA-Score größer 2, übrigens die Mehrheit unserer Patienten am UKE, die Herzinsuffizienz, chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) und körperliche Leistungsschwäche. Auch intraoperative Faktoren, wie die Narkoseart (z.B. mit oder ohne Periduralanästhesie), Relaxanzüberhang sowie Art und Ausmaß des Eingriffs können die Rate für postoperative respiratorische Komplikationen negativ beeinflussen. Postoperativ sind v.a. die Immobilisation sowie Schmerzen – meist Ursache der Immobilisation- die Faktoren, die die pulmonalen Komplikationen begünstigen. Die frühzeitige Erkennung der pulmonalen Ursachen für die Outcome-Verschlechterung sowie die zeitnahe und adäquate Therapie / Präventionsmaßnahmen sind fester Bestandteil unseres perioperativen Behandlungskonzepts für unsere älteren Patienten.

  • Einer der wichtigsten neurologischen Ursachen für die Outcome-Verschlechterung beim älteren Patienten nach einer Operation/Narkose sind einerseits das Delir und andererseits die postoperative kognitive Dysfunktion (POCD)

    Delir

    Das Delir ist „ätiologisch ein unspezifisches hirnorganisches Syndrom, das charakterisiert ist durch gleichzeitig bestehende Störungen des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung, des Denkens, des Gedächtnisses, der Psychomotorik, der Emotionalität und des Schlaf-Wach-Rhythmus“. Die Dauer ist sehr unterschiedlich und der Schweregrad reicht von leicht bis zu sehr schwer. Entscheidend beim Delir ist, dass dieses mit einer erhöhten Mortalität und einem verlängerten Intensiv-/Krankenhausaufenthalten vergesellschaftet ist.

    präoperativ

    • höheres Lebensalter
    • Alkohol
    • Benzodiazepineinnahme
    • schlechter Allgemeinzustand
    • Koronare Herzkrankheit
    • Anämie
    • Depression
    • eingeschränkte präoperative neurokognitive Funktionsstörung
    • stattgehabter zerebraler Insult (auch ohne Residuen)

    Risikofaktoren des Delirs sind:

    präoperativ

    • höheres Lebensalter
    • Alkohol
    • Benzodiazepineinnahme
    • schlechter Allgemeinzustand
    • Koronare Herzkrankheit
    • Anämie
    • Depression
    • eingeschränkte präoperative neurokognitive Funktionsstörung
    • stattgehabter zerebraler Insult (auch ohne Residuen)

    postoperativ

    • respiratorische Komplikationen
    • Infektion
    • Opioide
    • Immobilisation
    • Seh-, Hörbehinderung
    • Schlafentzug
    • Exsikose
    • Schmerz

    Da das Alter die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten des Delirs nach einer Operation/Narkose bestimmt, sind vor allem beim älteren zu operierenden Patienten die Risikofaktoren bereits vor der Operation zu eruieren und entsprechende Thrapiemaßnahmen zu ergreifen. Ein wesentlicher Pfeiler der Delir-Prohylaxe bildet entsprechend der S3-Leitlinie „die Verbesserung der Umgebungsbedingungen mit dem Ziel der Stressreduktion”. Entscheidend hierbei sind vor allem:

    • Orientierungstraining
    • therapeutische Aktivitäten
    • Schlafverbesserung
    • Frühmobilisierung
    • Sehhilfen
    • Hörgeräte u.ä.
    • Früherkennung und Flüssigkeitszufuhr

    POCD

    Die POCD äußert sich in Form von Gedächtnisstörungen, Lern- und Konzentrationsschwierigkeiten, die nach einer Operation und/oder Anästhesie neu auftreten, über mehrere Wochen und Monate anhalten und nur mit Hilfe einer psychometrischen Testbatterie diagnostiziert werden können. Die POCD ist ein häufiges Ereignis: unabhängig vom Alter liegt sie bei Krankenhausentlassung bei ca. 30%. Entscheidend ist, dass die POCD innerhalb von 3 Monaten beim jüngeren Patienten reversibel ist. Beim älteren Patienten bleibt sie bei ca. 12% der Patienten innerhalb dieses Zeitraums bestehen. Spätere Zeitpunkte wurden bislang kaum untersucht. Allerdings haben wir am UKE im Rahmen der Stiftungsprofessur für Gerontoanästhesiologie mit der entsprechenden Studie begonnen. Leider ist auch die POCD mit einer erhöhten Mortalität vergesellschaftet. Besteht die POCD noch am Entlassungstag, so verdoppelt sich die 3-Monats-Mortalität von ca. 3 auf 6%. Kann die POCD noch nach 3 Monaten nachgewiesen werden, erhöht sich die 1-Jahres-Mortalität von 2.1 auf 10.6%. Die POCD scheint auch die Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit ungünstig zu beeinflussen. Die Risikofaktoren für POCD sind sehr ähnlich wie beim Delir. Die Erkennung der für das Delir und POCD relevanten Risikofaktoren sowie die Initiierung der entsprechenden Therapie-/Präventionsmaßnahmen sind gerade beim älteren Patienten elementar und deshalb Bestandteil unseres perioperativen Behandlungskonzepts für unsere älteren Patienten.

  • Der postoperative funktionelle Status ein wichtiger Outcome-Parameter bei älteren zu operierenden Patienten. Wichtige Faktoren stellen die sogenannte Gebrechlichkeit und auch die Mangelernährung dar.

    Gebrechlichkeit

    Die Gebrechlichkeit ist ein Syndrom für herabgesetzte physiologische Reserven und Stressresistenz mit der Folge der erhöhten Vulnerabilität und Reduktion des Outcomes, inkl. Fallneigung, Verschlechterung der Mobilität, Krankenhausverweildauer und Tod. Darüber hinaus ist die Gebrechlichkeit ein unabhängiger Prädiktor für postoperative Komplikationen, Krankenhausverweildauer und Entlassung in Pflegeheime. Gebrechlichkeit kann mit Hilfe eines entsprechenden Scores quantifiziert werden. Kriterien hierbei sind Gewichtsabnahme, Schwäche, Erschöpfung, geringe physische Aktivität und Langsamkeit, die sich mit Fragen zu unbeabsichtigtem Gewichtsverlust, herabgesetzter Kraft z.B. beim Händedruck bzw. zur Energie und Ausdauer näher bestimmen lassen. Abhängig von den Resultaten werden die Patienten in drei Kategorien eingeteilt: nicht gebrechlich, etwas gebrechlich oder gebrechlich. Etwas gebrechliche Patienten besitzen bereit ein im Vergleich zum nicht gebrechlichen Patienten ein doppeltes Operations-/Narkoserisiko. Außerdem verdoppelt sich das Risiko, innerhalb der nächsten drei Jahre gebrechlich zu werden. Entsprechend ist es notwendig, bei gebrechlichen Patienten bereits im Vorfeld einer Operation physiotherapeutische Maßnahmen einzuleiten. Selbstverständlich werden diese Maßnahmen bei älteren gebrechlichen Patienten in unserer Prämedikationsambulanz unterstützt.

    Mangelernährung

    Im Zusammenhang mit dem postoperativen funktionellen Status ist auch die Ernährung der älteren zu operierenden Patienten elementar. Ca. 6% der älteren Patienten in der häuslichen Umgebung, 14% in Pflegeheimen und 50% in Rehabilitation sind nicht ausreichend ernährt. Entscheidend ist, dass diese Mangelernährung mit postoperativen Komplikationen, wie z.B.: Infektionen, Wundheilungsstörung und verlängerter Krankenhausverweildauer vergesellschaftet ist. Diagnostiziert werden kann der Ernährungsstatus mittels Bestimmung von BMI (body mass index), Albumin, Folsäure und Erfragen einer ungeplanten Gewichtsabnahme. Da wie bereits erwähnt der Ernährungsstatus Outcome-relevant ist, ist zwingend im Vorfeld einer Operation/Narkose auf eine Mangelernährung zu achten, eine diätische Beratung durchzuführen und eine entsprechende Umsetzung einzuleiten. Diese Maßnahmen sind in unserem perioperativen Behandlungskonzept fest verankert.

  • Das Älterwerden ist verbunden mit einer Zunahme des perioperativen Risikos. Übergreifende Konzepte, die notwendig sind, um das Outcome nach einer Operation/Narkose zu verbessern, existieren bislang nur unzureichend.

    Am 1. April wurde an unserer Klinik die Dr. Günther Buch-Stiftungsprofessur, welche durch die Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung finanziert wird, eingerichtet.

    Hiermit verbunden ist der ausdrückliche Auftrag, diese übergreifenden Therapiekonzepte zu entwickeln und damit die Betreuung und Behandlung unserer älteren Patienten während der Narkose, in der Intensiv- und Schmerztherapie auf höchstem Niveau zu gewährleisten. Durch Analyse des bisherigen Wissens wurde bereits ein solches Konzept erarbeitet und an unserer Klinik etabliert. Dieses zielt vor allem darauf ab, die Therapien bzw. Präventionsmaßnahmen nicht nur auf die Phase während der Operation zu beschränken, sondern auf die Zeiträume vor und nach dem Eingriff im Sinne einer perioperativen ganzheitlichen Medizin auszuweiten.

    Im Rahmen der Professur für Gerontoanästhesiologie wurde eine Expertengruppe eingerichtet, die nicht nur das perioperative Gesamtkonzept zur Verbesserung des Outcomes beim älteren Patienten bereits erarbeitet hat. Sondern diese Expertengruppe sorgt auch dafür, dass dieses Konzept stetig weiterentwickelt und kontinuierlich optimiert wird.

    Zur weiteren Verbesserung dieses Konzepts wurden Forschungsprojekte in Form von Klinischen Studien aber auch auf dem Gebiet der Grundlagenforschung initiiert.

    Ebenfalls im Rahmen der Professur für Gerontoanästhesiologie führten wir eine Datenbank ein, in der sämtliche anästhesierelevanten Ergebnisse nach einer Operation/Narkose dokumentiert werden. Hierbei erfassen wir auch mit Hilfe eines Aufwendigen Testverfahrens in Zusammenarbeit mit der Klink für Medizinische Psychologie (Leitung: Prof. M. Härter) die kognitive Funktion und die Lebensqualität. Normalerweise werden bereits frühzeitig Patienten nach dem Eingriff entlassen. Dadurch haben Anästhesisten keine Kenntnis über ihren Behandlungserfolg. Bei uns ist dies anders und auch einzigartig. Im Rahmen von Nachuntersuchungen erfassen wir die Ergebnisse unseres Handelns bis zu einem Jahr nach der Operation/Narkose. Diese Datenerhebung dient zum einen dem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn zum anderen aber auch zur eigenen Qualitätskontrolle.

  • Die Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung wurde durch Dr. Günther Buch zu Ehren seiner Eltern Johanna und Fritz Buch im Jahre 1965 errichtet. Dr. Günther Buch wirkte als herausragender Jurist der Nachkriegszeit in Hamburg als Rechtsanwalt und Treuhänder über das Vermögen der British American Tobacco Company (BAT). Er war ein bedeutender Mäzen der Bildenden Künste und der Oper, vor allem aber auch der Geisteswissenschaften und der Medizin. Ziel der Stiftung ist die Verbesserung der Lebensbedingungen älterer Menschen. Zu diesem Zweck wurde auch die Dr. Günther Buch-Stiftungsprofessur für Gerontoanästhesiologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf eingerichtet.

  • Die Weiterentwicklung der perioperativen Medizin im Rahmen der Professur für Gerontoanästhesiologie ist von übergeordneter Bedeutung. Hierbei hilft uns die nationale wie internationale Vernetzung.

    Die Forschung zur anästhesiologischen Betreuung unserer älteren Patienten läuft u.a. in Kooperation mit der Klinik für Medizinische Psychologie (Leitung Prof. M. Härter), eines der renommiertesten Einrichtungen auf dem Gebiet der Versorgungsforschung.

    Hervorzuheben ist auch die Zusammenarbeit mit unserer Fachgesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI). In dieser haben wir eine Kommission gegründet, die von Univ.-Prof. Dr. med. Rainer Kiefmann auch geleitet wird. Ziel dieser Kommission ist u.a., Kompetenzen in der Gerontoanästhesiologie deutschlandweit zu bündeln und somit die Effizienz in der Forschung auf dem Gebiet zu steigern.

    Im Rahmen der Professur für Geronotanästhesiologie pflegen wir auch die Zusammenarbeit mit der amerikanischen Society for the Advancement of Geriatric Anesthesia, bei der – genauso wie bei der DGAI - die meisten unserer Mitarbeiter Mitglieder sind.

  • Der Erfolg am Patienten wird bestimmt durch die Qualität unserer Mitarbeiter. In dem Schwerpunktbereich Gerontoanästhesiologie wird dieser Gedanke gelebt. Arzt, Pflege, Servicemitarbeiter und all unsere Studierende und Doktoranden arbeiten mit Idealismus und Herzblut, sind hervorragend fachlich ausgebildet und wissen um die Bedürfnisse und Sorgen unserer Patienten. Führende Mitarbeiter sind: Leiter des Schwerpunktbereich Gerontoanästhesiologie

    • Univ.-Prof. Dr. med. Rainer Kiefmann
      Tel: 040-7410-57632
      e-mail: r.kiefmann@uke.de

    Bereich Klink:

    • Dr. med. Cynthia Olotu
      Tel: 040-7410-51176
      e-mail: c.olotu@uke.de

    • Dr. med. Lili Plümer
      Tel: 040-7410-20107
      e-mail: l.pluemer@uke.de

    Bereich Forschung:

    • Dr. phil. Angela Scherwath (Neurosychologin)
      Tel: 040-7410-57565
      e-mail: a.scherwat@uke.de
    • Dr. med. Cynthia Olotu
      Tel: 040-7410-51176
      e-mail: c.olotu@uke.de

    Alle aufgeführten Mitarbeiter sind Mitglieder der Expertengruppe, die die Behandlungskonzepte für unsere älteren Patienten kontinuierlich weiterentwickeln und entsprechende Schulungen unserer Mitarbeiter durchführen.