Calcium Signalling Group

Mehrzellige Organismen benötigen Signalsysteme, um die Zusammenarbeit von Zellen mit unterschiedlicher Spezialisierung zu koordinieren. Nur eine solche koordinierte Interaktion bringt adäquate zelluläre Leistungen hervor. Dies führt in einem vielzelligen Organismus schließlich zu einem sinnvollen Zusammenwirken von Zellen, Organen und Organsystemen.
Die Calcium-Signalling Group im IBMZ untersucht solche Signalsysteme und erforscht dabei insbesondere die daran beteiligten Moleküle und deren Zusammenspiel bei der Erbringung adäquater zellulärer Leistungen.

Projekte

Projektbereich 1. Calcium Signalling in T-Lymphocyten

Calcium-Signalling ist ein essentielles Signalsystem bei der Aktivierung von T-Lymphocyten. In den vergangenen Jahren wurden von uns in zahlreichen Arbeiten Mechanismen der Freisetzung von Ca2+ aus dem endoplasmatischen Retikulum dieser Zellen beschrieben.
Wir konzentrieren uns dabei auf die Untersuchung der Ca2+-mobilisierenden second messenger Nikotinsäureadenindinukleotidphosphat (NAADP) und cyclische ADP-Ribose (cADPR).Derzeit arbeiten wir an der NAADP-vermittelten Ca2+-Freisetzung, insbesondere an den beteiligten Proteinen und Ionenkanälen. In diesem Zusammenhang steht auch die Entwicklung von NAADP-Antagonisten und deren Anwendung in Tiermodellen der Multiplen Sklerose (Kooperation Prof. Flügel, Universität Göttingen; gemeinsame Förderung durch die DFG). Ein weiteres Projekt befasst sich mit der Kinetik von Bildung und Zerfalls des endogenen NAADP sowie mit dem Metabolismus von NAADP. Bei den letztgenannten Untersuchungen kommt insbesondere die hochauflösende HPLC-Analytik von Nukleotiden zum Einsatz; Abb. 1 zeigt den Abbau von NAADP zu NAAD durch alkalische Phosphatase bei zwei unterschiedlichen pH-Werten.

Neben NAADP spielt cADPR eine entscheidende Rolle für das langanhaltende, im Wesentlichen durch Ca2+-Einstrom getragene Ca2+-Signal der T-Lymphocyten. Der cADPR-Weg der Cardiomyocyten wurde von uns in den letzten Jahren in vielen Aspekten aufgeklärt. Derzeit konzentrieren wir uns auf die Analyse der Struktur-Wirkungsbeziehung von cADPR; dazu bestehen intensive Kooperationen mit den chemisch-synthetisch arbeitenden Gruppen von Professor Potter (University of Bath, UK), Prof. Shuto (Sapporo University, Japan), and Prof. Zhang (Peking University, China).

Auch an der Simulation von Signalprozessen durch mathematische Modelle wird in Kooperation mit Prof. Meyer-Herrmann (HZI, Braunschweig) geforscht.

Abbau von NAADP zu NAAD durch alkalische Phosphatase
Abb.1:
Abbau von NAADP zu NAAD durch alkalische Phosphatase

Projektbereich 2. Calcium Signalling in ventrikulären Cardiomyocyten

Abb2 Cell Signalling
Abb. 2:
NAADP vermittelte Ca2+-Signale in kultivierten Cardiomyocyten.

Die Muskelzellen der Herzkammern (ventrikuläre Cardiomyocyten) versehen durch ihre rhythmische, koordinierte Kontraktion die Pumpfunktion des Herzens. Die Kontraktionskraft einzelner Cardiomyocyten ist dabei direkt von der freien cytosolischen Ca2+-Konzentration ([Ca2+]i) abhängig. [Ca2+]i wird dabei wesentlich durch Ca2+-Freisetzung aus dem sarcoplasmatischen Retikulum bestimmt. Verschiedene Parameter der Kontraktion können durch extrazelluläre Signalsysteme moduliert werden um z.B. die Herzkraft oder die Herzfrequenz zu verändern. Dem ß-adrenergen Signalsystem kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.

Wir konnten kürzlich zeigen, dass pathologische hohe ß-adrenerge Stimulation von kultivierten Cardiomyocyten zu spontanen diastolischen Ca2+-Transienten führen. Diese können als zelluläres Modell für ventrikuläre Arrhythmien genutzt werden. Weiterhin konnten wir nachweisen, dass NAADP in diesen Zellen [Ca2+]i erhöht (Abb. 2). Interessanterweise wirkt der von uns entwickelte NAADP-Antagonist BZ194 anti-arrhythmogen; dieser Effekt wurde zunächst in isolierten kultivierten Cardiomyocyten und dann in einem ß-adrenerg vermittelten Arrhythmiemodell an der wachen Maus bestätigt (Kooperation: Institut für Integrative Physiologie, Prof. Ehmke).

Projektbereich 3. Struktur und Funktion des Ionenkanals TRPM2

Struktur des ADPR/TRPM2-Antagonisten
Abb. 3:
Struktur des ADPR/TRPM2-Antagonisten

TRPM2 ist ein nicht-selektiver Kationenkanal aus der großen Familie der TRP-Kanäle. Er wird insbesondere im Gehirn und Zellen des Immunsystems exprimiert und weist in seinem cytoplasmatischen C-Terminus eine Domäne mit Homologie zu einem Enzym – der mitochondrialen ADPR-Pyrophosphatase NUDT9 – auf. Bindung von Adenosin-5‘-diphosphoribose (ADPR) an diese Domäne öffnet den Kanal und führt damit zum Einstrom von Ca2+ und Na+ über die Plasmamembran. Dieser ADPR/TRPM2-Signalweg scheint vor allem in Immunzellen eine wichtige Rolle zu spielen, so konnten wir mit Hilfe eines empfindlichen HPLC-basierten Verfahrens zeigen, dass die ADPR-Konzentration in menschlichen T-Lymphozyten nach Quervernetzung von Oberflächen-Rezeptoren zunimmt und es in der Folge zu einem TRPM2-abhängigen langanhaltenden Einstrom von Ca2+ kommt, der in den Zellen zum Zelltod führt. In Kooperation mit Prof. Lund (Univ. of Rochester, USA) und Prof. Walseth (Univ. of Minnesota, USA) haben wir mit 8-Br-ADPR den ersten spezifischen, membrangängigen ADPR-Antagonisten identifiziert und gezeigt, dass diese Substanz die Chemotaxis neutrophiler Granulozyten in vitro inhibiert.

In aktuellen Projekten beschäftigen wir uns in Kooperationen mit der Gruppe von Prof. Barry Potter (Univ. of Bath, UK) und dem European Screening Port (Hamburg) mit Entwicklung bzw. Suche nach neuen TRPM2-Modulatoren. Eine systematische Untersuchung der Struktur-Wirkungsbeziehung für die Aktivierung von TRPM2 durch ADPR hat mit 8-Phenyl-2‘-desoxy-ADPR bereits einen Antagonisten geliefert der bereits hundertmal effektiver ist als 8-Br-ADPR. Ein weiteres Projekt beschäftigt sich mit der Frage wie sich die Nukleotid-Bindung auf die Struktur von TRPM2 auswirkt.

Lehrservice und Lehrforschung

Die Lehrservice- und Lehrforschungsprojekte werden in enger Kooperation mit dem Dekanat durchgeführt. Lehrservice dient der Verbesserung der Studienbedingungen für Studierende und Lehrende. Lehrforschung hingegen wird zur wissenschaftlichen Begleitung der Lehrserviceprojekte durchgeführt, einerseits, um neue Erkenntnisse auf der Basis (sozial)wissenschaftlicher Methoden zu beschreiben, andererseits um die Effekte hinsichtlich der Verbesserung der Studienbedingungen besser beurteilen zu können.

Projektbereich 1. Mentoring-Programm für Medizinstudierende (iMEDMentoring)

Mentoring-Programm für Medizinstudierende
Abb.4:
Bekanntheit und Teilnahme am Allgemeinen Mentoringprogramm

Das differenzierte Mentoringprogramm an der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg bietet Medizinstudierenden als extracurriculares Angebot eine bundesweit einmalige Förderstruktur (Förderung durch die Claussen-SimonStiftung). Es besteht aus drei Säulen mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung: Das „Allgemeinen Mentoringprogramm“ bietet allen interessierten Studierenden ab dem zweiten Semester die Möglichkeit, von einem Mitglied der Medizinischen Fakultät (Mediziner, andere Wissenschaftler) als Mentor persönlich betreut zu werden, frühzeitig ein berufliches Netzwerk aufzubauen und bei der Karriereplanung unterstützt zu werden.

Das Programm erfreut sich großer Bekanntheit und ein signifikanter Teil der Studierenden nimmt am Programm teil (Abb. 4). Das forschungsorientierte „Mentoringprogramm für exzellente Studierende“ richtet sich an besonders talentierte Studierende mit hohem Forschungsinteresse ab dem vierten (vorher: drittem) Semester und bietet zusätzlich zu den vorab genannten Möglichkeiten, frühzeitige Einblicke und Einbindung in die Forschungsschwerpunkte des UKE. Das „MentoringprogrammPlus“, welches gezielt für Studierende mit Studienschwierigkeiten entwickelt wurde, bietet eine intensive Unterstützung in Form einer 1:1-Betreuung für Studierende ab dem dritten Semester mit dem Ziel, die persönliche Situation zu reflektieren und besondere persönliche Herausforderungen und Studienanforderungen in Einklang zu bringen.

Projektbereich 2. Crash-Kurse Naturwissenschaften für Studierende der Medizin und Zahnmedizin (iMEDCrash)

Studienanfänger in den Studiengängen Medizin und Zahnmedizin bringen häufig unzureichende naturwissenschaftliche Grundkenntnisse aus der Oberstufe mit. Betroffen sind vor allem die Fächer Chemie und Physik, in geringerem Umfang auch Biologie. Hinzu kommen Lücken in Mathematik. Als Grund sind einerseits die Wahlmöglichkeiten der reformierten Oberstufe zu nennen; andererseits bieten auch die jüngsten Schulreformen, z.B. in Hamburg mit der Wahl von „Profilen“ nur selten die Möglichkeit, alle naturwissenschaftlichen Fächer in der Oberstufe zu belegen.
Die Medizinische Fakultät sieht daher einen klaren Bedarf für zusätzliche, extracurriculare Angebote in den o.g. Fächern.
Im Rahmen des Universitätskollegs (gefördert als Projekt des Qualitätspaktes Lehre durch das BMBF) haben wir in 2013 die erforderlichen Inhalte und Zeitpunkte aller 32 Crashkurse in Chemie, Physik, Biologie und Mathematik in Absprache mit den Fachverantwortlichen des integrierten Modellstudiengangs Medizin (iMED) ermittelt. Bis jetzt wurden bereits 26 dieser Kurse konzipiert und in je 19-20 Parallelgruppen unterrichtet.
Weitere Informationen finden Sie unter:
http://www.universitaetskolleg.uni-hamburg.de/de/projekte/tp13

Projektbereich 3. Entwicklung der elektronischen Lernressource iMEDTextbook

Das zentrale Charakteristikum des neuen Curriculums iMED ist integrierter Unterricht über die Grenzen der klassischen klinischen und vorklinischen Fächer hinweg. An die Stelle der bisherigen Fächer treten im Stundenplan entsprechend der ärztlichen Berufspraxis Leitsymptome, anhand derer die Inhalte der verschiedenen Disziplinen gemeinsam und aufeinander abgestimmt unterrichtet werden.
Dieser Ansatz wird im Ausland bereits verfolgt und durch entsprechende Lehrbücher, insbesondere im englischsprachigen Raum, unterstützt. In Deutschland gehört das UKE zu den ersten Fakultäten, die die Möglichkeit zur Konzeption eines solchen Modellstudiengangs nutzen. Wegen der völligen Neustrukturierung des Lehrstoffs haben wir begonnen, eine elektronische Lernplattform zu entwickeln, die alle Inhalte entsprechend der thematischen Anordnung im Curriculum internetbasiert bereithält. Die Inhalte stammen dabei entweder von Mitarbeitern des UKE, basieren auf bereits vorhandenen Skripten oder werden, insbesondere im umfangreichen Bereich des detaillierten Fachwissens, in Kooperation mit Lehrbuchverlagen lizensiert (gefördert durch die Behörde für Wissenschaft und Forschung, Hamburg).

Drittmittel

  • DFG-Projekt NAADP in T cell biology, gemeinsam mit Prof. Flügel, Universität Göttingen
  • BMBF-Projekt Crash-Kurse Naturwissenschaften für Studierende der Medizin und Zahnmedizin
  • Projekt der Claussen-Simon-Stiftung Entwicklung eines Mentoring-Programms für Medizinstudierende
  • BWF-Projekt Entwicklung der elektronischen Lernressource iMEDTextbook

Kooperationen der Arbeitsgruppe Calciumsignale

Nationale Kooperation

  • Prof. Dr Alexander Flügel, Universität Göttingen
  • Prof. Dr. Michael Meyer-Hermann, HZI Braunschweig
  • Prof. Dr. Robert Blck, Institut f. Angewandte Physik, Universität Hamburg
  • Prof. Dr. Chris Meier, Organische Chemie, Universität Hamburg
  • Prof. Dr. Carsten Claussen, Screening Port, Hamburg
  • Prof. Dr. Heimo Ehmke, Institut für Integrative Physiologie, UKE
  • Prof. Dr. Thomas Eschenhagen, Institut für Experimentelle Pharmakologie, UKE
  • Prof. Dr. Friedrich Nolte, Institut für Immunologie, UKE
  • Prof. Dr. Friedrich Haag, Institut für Immunologie, UKE
  • Prof. Dr. Hans-Willi Mittrücker, Institut für Immunologie, UKE
  • Priv.-Doz. Dr. Eva Tolosa, Institut für Immunologie, UKE

Internationale Kooperationen

  • Professor Barry Potter, Dept. Pharmacy and Pharmacology, University of Bath, UK
  • Professor Santina Bruzzone, Dept. Biochemistry, University of Genova, Italy
  • Professor Satoshi Shuto, Faculty of Pharmaceutical Sciences, Hokkaido University, Sapporo, Japan
  • Professor Martin Hohenegger, Dept. of Pharmacology, University of Vienna, Austria
  • Professor Tim F. Walseth, Dept. of Pharmacology, University of Minneapolis, USA
  • Professor Li-he Zhang, School of Pharmaceutical Sciences, Peking University, China

5 ausgewählte Publikationen

Nicotinic Acid Adenine Dinucleotide Phosphate (NAADP)-mediated Calcium Signaling and Arrhythmias in the Heart Evoked by β-Adrenergic Stimulation.
Nebel M, Schwoerer AP, Warszta D, Siebrands CC, Limbrock AC, Swarbrick JM, Fliegert R, Weber K, Bruhn S, Hohenegger M, Geisler A, Herich L, Schlegel S, Carrier L, Eschenhagen T, Potter BV, Ehmke H, Guse AH. J Biol Chem. 2013 May 31;288(22):16017-30.
Free Full Test

Frontrunners of T cell activation: Initial, localized Ca2+ signals mediated by NAADP and the type 1 ryanodine receptor.
Wolf IM, Diercks BP, Gattkowski E, Czarniak F, Kempski J, Werner R, Schetelig D, Mittrücker HW, Schumacher V, von Osten M, Lodygin D, Flügel A, Fliegert R, Guse AH. Sci Signal. 2015 Oct 13;8(398):ra102. doi: 10.1126/scisignal.aab0863
Abstract in PubMed

Nicotinic acid adenine dinucleotide phosphate-mediated calcium signalling in effector T cells regulates autoimmunity of the central nervous system.
Cordiglieri C, Odoardi F, Zhang B, Nebel M, Kawakami N, Klinkert WE, Lodygin D, Lühder F, Breunig E, Schild D, Ulaganathan VK, Dornmair K, Dammermann W, Potter BV*, Guse AH*, Flügel A*. *Äquivalente Leistung als Letztautoren
Brain. 2010 Jul;133(Pt 7):1930-43.
Free Full Text

NAADP-mediated Ca2+ signaling via type 1 ryanodine receptor in T cells revealed by a synthetic NAADP antagonist.
Dammermann W, Zhang B, Nebel M, Cordiglieri C, Odoardi F, Kirchberger T, Kawakami N, Dowden J, Schmid F, Dornmair K, Hohenegger M, Flügel* A, Guse AH*, Potter BV*. *Äquivalente Leistung als Letztautoren. Proc Natl Acad Sci U S A. 2009 Jun 30;106(26):10678-83.
Free Full Text

Regulation of calcium signalling in T lymphocytes by the second messenger cyclic ADP-ribose.
Guse AH, da Silva CP, Berg I, Skapenko AL, Weber K, Heyer P, Hohenegger M, Ashamu GA, Schulze-Koops H, Potter BV, Mayr GW.
Nature. 1999 Mar 4;398(6722):70-3.
Abstract in PubMed